Sie kamen aus kleinen Dörfern aus dem umliegenden Raum, mussten morgens früh raus um zu Fuß über Stock und Stein zu ihren Arbeitsplätzen in den Kohlengruben zu gelangen. Nur für wenige reichten dort die Übernachtungsplätze aus. So wanderten sie tagein, tagaus meist viele Kilometer durch die Wälder hin und zurück. Meist verliefen die Pfade ziemlich gerade, da sie auch im Dunkeln zu finden sein mussten. Besonders hohe Anforderungen stellten die langen Strecken an das Schuhwerk, das daher äußerst stabil sein musste. So nannte man die saarländischen Bergleute im Volksmund auch „Hartfüßler“.
Heute hat sich die Natur längst wieder viel aus 250 Jahren Industriegeschichte im Saarkohlenwald zurückerobert, die meisten der schwarzen Pfade gibt es aber immer noch. Beim Hartfüßler-Trail dürfen wir auf den alten Bergmannspfaden, vorbei an historischen Orten, Fördertürmen und Naturschönheiten des riesigen Waldgebietes laufen. Die rekultivieren Halden und Absinkweiher sind bereits seit geraumer Zeit zum Naherholungsgebiet für die Öffentlichkeit geworden. Über einige spektakuläre Abschnitte des bis zu 45 km langen Haldenrundweges führt auch unsere Strecke.
Richtig turbulent verläuft unsere Anreise, denn am Vorabend quittiert mein Navi seinen Dienst. Alle Versuche, das Ding wiederzubeleben schlagen fehl und kosten mich nur diverse Stunden Zeit. Hilft nix, bisher bin ich noch überall hingekommen. Ein paar schnell ausgedruckte Google-Karten müssen reichen. Kurz vor Karlsruhe bekomme ich auf der A8 von einem Führerschein-Neuling eine volle Breitseite verpasst. Meine Kiste ist stabil, mit leichten Blechschäden können Jan und ich unsere Fahrt glücklicherweise fortsetzen. Der Wagen von Papi sieht beim Kontrahenten deutlich schlimmer aus. In Karlsruhe deute ich die Wegweisung falsch. Die Ehrenrunde durch die Vororte ohne Kartenmaterial kostet erneut Zeit. In Saarbrücken drehen wir wieder einige Extrarunden – trotz Google. Mann, Mann, wie haben wir das früher bloß geschafft überall hinzukommen …ohne elektronische Hilfsmittel. Jan muss noch nachmelden, wir schaffen es gerade noch innerhalb der Zeit.
Start und Ziel ist in der ehemaligen Grubensiedlung Von der Heydt, benannt nach dem preußischen Handels-und Finanzminister August Freiherr von der Heydt. Trotz seiner unmittelbaren Nähe zu Saarbrücken war es lange Zeit ein fast vergessener Flecken. Aber man bemüht sich, hier wieder Leben rein zu bringen und das ganze Gebiet attraktiv zu machen. Von 1850 bis 1932 war die Zeche in Betrieb und stand damit für den Anfang des industriellen Bergbaus im Saarland. 1924 wurden im Saarbergbau fast 75.000 Menschen beschäftigt. Am 30. Juni 2012 ging diese Ära zu Ende, die letzten Kohlen wurden gefördert und der Bergbau im Saarland eingestellt.
Von der Heydt ereilte dieses Schicksal bereits1932. Zu sehen gibt es noch Betriebsgebäude, Beamtenwohnungen, Schulgebäude und zwei eindrucksvolle Schlafhäuser aus unverputztem Sandstein, die heute noch tadellos erhalten sind und damals über 500 Kumpel aufnehmen konnten. Besonders beeindruckend präsentiert sich der alte Bierkeller mit seiner interessanten Bauweise, besonders den vier- und achteckigen Türmchen. Der Eingang täuscht einen dahinter liegenden Grubenbau vor. Kollege Joe hat ihn im Vorjahr schon genauestens inspiziert. Man kann ja nie wissen.
Im Repertoire hat der Hartfüßler-Trail vier verschiedene Strecken. Zum Reinschnuppern bieten sich die 7,5 km- und 14 km-Runde an. Der 30 km Kurs ist mit zusätzlichen 900 Höhenmetern schon sehr anspruchsvoll. Die Königsstrecke weist heuer knapp 59 km und über 1.600 Höhenmeter auf. Dafür springt auch ein Punkt für die Quali beim UTMB raus. Wer will, kann bei Voranmeldung in einer kleinen Sporthalle nächtigen. Schlafsack und Luftmatratze müssen selbst mitgebracht werden, Frühstück besorgt der Veranstalter.
Nachmelden kann man bis kurz vor dem Start. Nach der Premiere im Vorjahr hat sich die Zahl der Anmelder auf der Langstrecke bereits mehr als verdoppelt. 120 Läufer/innen sind eingeschrieben. Auf 150 Personen ist das Teilnehmerfeld limitiert. Aber, vielleicht lässt ja Trail-Master Hendrik Dörr mit sich reden, wenn die Entwicklung so weitergeht.
Nach einer Einweisung von Hendrik lässt es sich auch die Ministerpräsidentin des Saarlandes Annegret Kramp-Karrenbauer nicht nehmen, eine kurze Ansprache zu halten. So erfahren wir, dass in Saarbrücken bereits alles beim zweiten Mal zur Tradition gezählt wird, somit fällt der Hartfüßler-Trail auch darunter.