Wanderung zur Grenzöffnung am Rennsteig vor 20 Jahren
Am 8. April 1990 organisierten mehrere Wandervereine aus Thüringen und Bayern eine Rennsteigexkursion über den östlichen Rennsteig von Blankenstein nach Neuhaus/Rw., der spätestens seit dem 13. August 1961 hermetisch abgeriegelt war, da er hier die innerdeutsche Grenze mehrfach passierte.
Insgesamt nahmen etwa 50 Rennsteig-Interessierte von beiden Seiten des Rennsteiges teil, darunter auch Rolf Becker, Volker Kittel, Gunda und Hans-Georg Kremer von den Organisatoren des GutsMuths-Rennsteiglaufs. Die Grenzanlagen sind noch weitestgehend intakt und werden für diese Exkursion extra geöffnet. In Gesprächen mit Vertretern der Grenzpolizei der DDR entstand die Idee, einen Gesamtdeutschen-Rennsteiglaufs auf diesem Teil des alten Traditionswanderweges zu organisieren.
Die Geschichte des Rennsteiges im Thüringer Wald geht bis auf das Jahr 1330 zurück, als er erstmals urkundlich als Grenze bei Georgenthal benannt wird. Als Wanderweg nahm er im Jahre 1830 Gestalt an, als der Gothaer Offizier Julius von Plänkner in 43,5 Stunden ihn durchwandert und genau beschreibt. Insgesamt 167km bewältigte er in fünf Tagesmärschen. Da der Offizier jedoch bei seinen Recherchen den Namen Rennsteig bei Hörschel nicht nachweisen kann, benannte er den Höhenweg erst vom Förthaer Stein an.
Die richtige Geburtsstunde des Rennsteigwanderns schlägt am 24. Mai 1896. Dr. Johannes Bühring und Dr. Ludwig Hertel sowie weitere 11 Wanderer gründen im Waldhaus „Weidmannsheil“ bei Steinbach a. W. den Rennsteigverein. Im Zuge der Gesundheits- und Reformbewegungen hatte das Wandern in Mitteleuropa einen starken Zulauf gewonnen und wurde bald der beliebteste Volkssport in Deutschland. Der Rennsteigverein verbreitete sich über ganz Deutschland. Um Mitglied zu werden, musste man erfolgreich an der fünftätigen Wanderung nach Plänkners Vorbild über den ganzen Rennsteig teilgenommen haben. Bald hatte der Rennsteigverein über 1000 Mitglieder.
Nach dem II. Weltkrieg 1945 wurde er wie alle Sportvereine in Deutschland von den Alliierten verboten, wurde aber später in Zapfendorf in Oberfranken wieder zum Leben erweckt. Hier hatten sich ehemalige Mitglieder zusammengefunden und pflegten das etwa 10km lange Teilstück, welches auf bayrischer Seite der Grenze liegt. Von Beginn an sah sich der Rennsteigverein als Traditionsverein mit starker kultureller Ausrichtung, der sich deutlich von Sportvereinen abgrenzte.
Erstmals deutlich wird dies schon 1913, als Max Raebel aus Eisenach einen Rekordmarsch auf dem Rennsteig vollbrachte. Er schaffte die Strecke von ca. 170km von Blankenstein nach Hörschel mit einer nur achtstündigen Nachtruhe in nur 42 Stunden und 21 Minuten. Diese sportliche Leistung wurde vom Rennsteigverein nicht anerkannt. Auch später stand der Rennsteigverein kritisch verschiedenen Sportveranstaltungen auf dem Rennsteig gegenüber. Die erste Wanderung über den östlichen Rennsteig 1990 wurde auch vom Rennsteigverein mit organisiert.Es kam aber zu keiner Kontaktaufnahme mit dem GutsMuths-Rennsteiglauf, immerhin die größte Lauf- und Wanderveranstaltung der DDR, die unendlich viel für den Bekanntheitsgrad des Rennsteigs geleistet hatte.
Ende April 1990 wurde dann der Rennsteig offiziell für alle Bürger in Ost und West komplett wieder geöffnet und am Vorabend des Rennsteiglaufs Mitte Mai wurde der 1. Gesamtdeutsche Rennsteiglauf von Blankenstein nach Neuhaus/Rw. organisiert. Für diesen Lauf hatte der bayrische Ministerpräsident Dr. Max Streibel die Schirmherrschaft übernommen, dessen Unterstützung allerdings nur aus einem freundlichen Brief bestand. Doch das ist dann schon die nächste Geschichte dieser Serie.