Der Stubai Ultratrail von Innsbruck hinauf auf die 3.150 Meter hohe Jochdohle auf dem Stubaier Gletscher hat seine Premiere glanzvoll bestanden. Unter dem Motto „urban2glacier“ gingen knapp 500 Athleten und Athletinnen aus 20 Nationen an den Start und wurden dafür mit sensationellen Trails, einer traumhaften Bergkulisse und anfangs noch herrlichem Sonnenschein am Stubaier Gletscher belohnt.
Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt im Ziel setzte sich bei den Männern der Österreicher Philipp Brugger in 8:28.07,9 Stunden vor dem Deutschen Daniel Kraus (8:31.53,4 Stunden) durch. Zweiter Österreicher auf dem Siegerpodest war Roman Kessler aus Innsbruck auf Rang drei mit einer Zeit von 8:32.01,6 Stunden. Bei den Frauen war die Polin Natalia Tomasiak erwartungsgemäß schnellste Athletin. Für die 62,5 Kilometer benötigte sie 9:27.33,2 Stunden und war damit um mehr als eine Stunde schneller als die Sonthofenerin Verena Melzer (10:30.56,0 Stunden) auf Rang zwei und Marie-Luise Mühlhuber (Völs/Österreich), die für die Strecke 10:41.18,3 Stunden benötigte. Fazit nach 62,5 Kilometer und 5.116 Höhenmeter im Aufstieg und 2.554 Höhenmeter im Abstieg: Der Stubai Ultratrail ist eine sportliche Herausforderung auf einer spektakulären Strecke, die keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Trotz aller Wetterkapriolen mit Regen am Anfang, Sonnenschein am Vormittag und Nebel und Neuschnee am Nachmittag gab's ausschließlich zufriedene, wenn auch erschöpfte Gesichter. Aufgrund der Wetterlage mit dichtem Nebel und Schneefall wurde das Ziel ab 13 Uhr sowohl für den Ultratrail als auch für den Basictrail von der Jochdohle 1,5 Kilometer vorverlegt zur 250 HM tiefer liegenden Station Eisgrat. „Die Auftaktveranstaltung war ein großer Erfolg und hat alle Erwartungen übertroffen“, resümierte der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Stubai Tirol Roland Volderauer, „und das trotz der doch schweren Witterungsverhältnisse. Der Start in Innsbruck und die emotionale Zielankunft auf dem Stubaier Gletscher waren mein absolutes Highlight. Hervorzuheben ist auch die absolut positive Atmosphäre, die durchweg herrschte.“ Was besonders bei den Athleten gut ankam, welche die Unterstützung sichtlich genossen. Fans aus der gesamten Region hatten sich in der Nacht und am frühen Morgen auf den Weg gemacht und feuerten die Athleten lautstark an. Auch in den Orten selbst, wie in Innsbruck, Telfes oder Neustift, herrschte eine phantastische Stimmung.
Das Rennen mit dem Nachtstart um 1 Uhr vor dem Landestheater in Innsbruck sah zunächst den Reichertshausener Basti Lexa vorn. Zahlreiche Fans hatten sich in Innsbruck mitten in der Nacht eingefunden, um die Läufer und Läuferinnen lautstark zu verabschieden. Der erst 27-Jährige, aus dem Team Scott Austria, erreichte die ersten Verpflegungsstation an der Stephansbrücke mit 25 Sekunden Vorsprung auf den späteren Siebten Josef Vogt. Weitere fünf Sekunden danach erreichte Philipp Brugger die Zeitnahme. Ausgezeichnet hielt sich auch Anton Philipp, der Deutsche Trailrun-Meister in der Master-Klasse, der zusammen mit seinem langjährigen Laufpartner Seppi Neuhauser nur 40 Sekunden nach Lexa die Stephansbrücke erreichte. Allerdings war Philipp bereits nach vier Kilometern gestürzt und hatte dabei wertvolle Zeit verloren.
Auch in Telfes, beim zweiten Zeit-Stopp, führte Lexa die Konkurrenz noch an. Jedoch hatte der spätere Sieger Brugger hier schon so gut wie zum Führenden aufgeschlossen. Eine Vorentscheidung über den Gesamtsieg sollte bereits relativ früh fallen. Zwischen den Verpflegungsstationen Telfes, Schlicker Alm und Starkenburger Hütte mit dem Aufstieg zum Sennjoch und dem Downhill von der Starkenburger Hütte legte Brugger zwei Bestzeiten hin und erreichte Neustift nach 3:52.04 Stunden, Josef Vogt folgt in 4:04.13,6 Stunden, während Daniel Kraus nach einem eher verhaltenden Start in 4:11.23,4 Stunden in Neustift eintraf.
Danach führte der Stubai Ultratrail über sportlich herausfordernde Trails durch grandiose Naturlandschaften. Dann nach der Doadler Alm und dem Anstieg nach Ranalt folgte das absolute Trail-Highlight: der „Wilde Wasser Weg“ schlängelte sich entlang der Ruetz mit einem permanenten Ausblick in die Schlucht bis hoch zur Tschangelair Alm. Es folgten Grawa Alm und Mutterbergalm, ehe es über zahlreiche Serpentinen hinauf zur Dresdner Hütte ging. Über Eis und Schnee folgte der neu angelegte Alpin-Steig vorbei an der Eisgrat-Bergstation dem Ziel entgegen, mit dem Eisjoch in Sichtweite. Die schnellsten Zeiten im zweiten Streckenteil legten der 32-jährige Daniel Kraus aus Farchant bei Garmisch-Partenkirchen und der Innsbrucker Roman Kessler hin. Kraus reduzierte seinen Rückstand auf Philipp Brugger bis ins Ziel von fast zwischenzeitlichen 19 Minuten auf 3:46 Minuten, konnte den Österreicher aber nicht mehr einholen.
„Mir geht’s super, aber ich bin wirklich müde, es war ein hartes Rennen, für mich besonders zwischen Kilometer 45 und 55. Am Schluss ging es wieder etwas besser trotz Schnee und Kälte. Es freut mich wahnsinnig, dass ich hier in meiner Heimat gewonnen habe, das bedeutet mir sehr viel“, freute sich der Innsbrucker Athlet im Ziel an der Jochdohle, Österreichs höchst gelegenem Restaurant.
Und auch wenn am Ende nach 62,8 Kilometer nur knappe vier Minuten zum ganz großen Erfolg fehlten, wollte der zweitplatzierte Daniel Kraus nicht hadern. „Das war eine superschöne Strecke, aber gar nicht so einfach einzuschätzen im Vorfeld. Ich habe mir bewusst Reserven gelassen, ich bin absolut zufrieden und glücklich, dass es so gut geklappt hat.“ Verständlich. Denn hinter ihm war es richtig eng. Nur acht Sekunden nach Kraus erreichte Roman Kessler das Ziel an der Jochdohle. Die letzten Kilometer durch Eis und Schnee entwickelte sich zu einem echten Zweikampf zwischen Kraus und Kessler. „Den dritten Platz hab ich nicht erwartet, denn bei Kilometer 30 hatte ich sehr starke Krämpfe. Mich hat am meisten der Downhill von der Starkenburger Hütte gefordert, das war das schwierigste Teilstück für mich“, zeigte sich Kessler mit seiner Leistung zufrieden.
Trotz des frühen Sturzes von Anton Philipp sicherte sich das Duo Philipp/Neuhauser mit einer eindrucksvollen Leistung als Fünfte der Gesamtwertung den gemeinsamen Sieg in der Kategorie Master Men: „Wir sind ein Team und wollten zusammen finishen, das war uns eigentlich schon vor dem Start klar, zumal das für uns ja auch eine ideale Vorbereitung auf den GORE-TEX® Transalpine-Run ist. Aber nach Antons Sturz nach 4 Kilometern waren wir uns ganz sicher, das wir das gemeinsam durchziehen.“
Die starken Leistungen der Lokalmatadoren vervollständigte Andi Stern mit seinem zweiten Platz bei den Senior Master Men: „Hier in meiner Heimat auf das Podium zu laufen, macht die Premiere, bei der ich auch „hinter den Kulissen“ von Anfang an dabei war, noch schöner für mich.“
Beim Blick in die Startliste fiel Insidern eine junge, aufstrebende Polin auf: Natalia Tomasiak aus dem Team Salomon Suunto Poland. 2016 sicherte sie sich in der Gesamtwertung im World Cup Skyrunning Extreme den fünften Rang und war damit für den Stubai Ultratrail favorisiert. Die Athletin aus Krakau zeigte sich vom ersten Kilometer an von ihrer besten Seite. Das Ziel erreichte die 30-jährige Tomasiak nach 9:27.33,2 Stunden. „Ich bin absolut glücklich, der erste Platz, das ist wirklich Wahnsinn! Die Natur hier ist großartig, ganz anders als zuhause in Polen. Ich werde nächstes Jahr zurückkommen und meinen Titel hier verteidigen, das weiß ich schon jetzt“, jubelte die Polin in Ziel. Verena Melzer aus Sonthofen kam auf Rang zwei in 10:30.56,0 Stunden, Marie-Luise Mühlhuber (Völs) auf Rang drei in 10:41.18,3 Stunden. „Eine geniale Strecke, aber auch wirklich hart, gerade auf dem Teil ab Neustift habe ich gekämpft und auch der letzte Teil im Schnee war Wahnsinn“, sagte Verena Melzer.
Der Stubai Basictrail mit Start in Neustift musste aufgrund der Witterungsbedingungen um etwa 1,5 Kilometer verkürzt werden. Ziel war an der 250 Hm tiefer liegenden Station Eisgrat. Den schnellsten Start legte Alexander Grigo (Villingen-Schwenningen) hin, der die Dresdner Hütte als Erster erreichte, dann aber dem hohen Anfangstempo Tribut zollen musste und bis im Ziel auf Rang 5 zurückfiel.
Nach 27,1 Kilometer erreichte der Österreicher David Wallmann nach 3:09.38,6 Stunden das Ziel an der Station Eisgrat: „Top Bedingungen sowie überraschend viel Support und gute Stimmung auf der Strecke!“ Dicht an seinen Fersen waren sein Landsmann David Denifl (3:18.31,3 Stunden) und der Italiener Christian Moser (3:19.03,4 Stunden).
„Sport verbindet und ist einer der Kernwerte der Stadt Innsbruck als auch des Stubaitals. Der Stubai Ultratrail bringt genau das zum Ausdruck, zeigt wie nahe wir uns sind und spannt einen tollen Bogen von der Stadt ins ewige Eis des Stubaier Gletschers – urban2glacier. Ein gigantisches Event, das wir gerne fortführen.“, so der Obmann des Tourismusverbandes Stubai Tirol Sepp Rettenbacher.
02.07.22 | Traumstrecke bei Traumwetter |
Günter Kromer |