Es war eine Frage der Ehre. Die schönste und härteste Etappe des 10. TRANSALPINE-RUN von St. Vigil nach Niederdorf ließen sich die Spitzenreiter Stephan Hugenschmidt/Mirco Berner (Team SALOMON DEUTSCHLAND) nicht nehmen.
Nach 41,8 Kilometern und 1950 Höhenmetern triumphierte das deutsche Duo in der extrem schnellen Zeit von 3:58.15 Stunden vor den Spaniern David Castan Lopez/Alfredo Gil (4:06.20 Std., Team LA SPORTIVA – MULTIPOWER) und vergrößerte seinen Vorsprung vor dem letzten Teilstück des achttägigen Rennens über die Alpen auf mehr als 30 Minuten. Einen ganz harten Tag hatte dagegen Tamara Lunger zu überstehen. Die Partnerin von Annemarie Gross litt unter heftigen Problemen am Kreuzbein, lag an der Verpflegungsstation drei vor Schmerzen auf dem Boden und war am Ende froh, das Ziel als Zweite erreicht zu haben. „Zum Glück bin ich Leiden gewohnt“, sagte die 28-jährige Bozenerin.
Das war's wohl in Sachen Gesamtwertung. Sollten sich Hugenschmidt/Berner auf der letzten Etappe nicht noch einen ausgesprochenen Fehltritt erlauben, stehen die Sieger des 10. TRANSALPINE-RUN fest. „Wir wollten heute den Sack zumachen und haben ihn zugemacht. Jetzt können wir Samstag auf der Schlussetappe nach Sexten unseren Vorsprung verwalten“, lachte ein sichtlich zufriedener aber auch erschöpfter Hugenschmidt im Ziel in Niederdorf im Pustertal.
Die Spanier Lopez/Gil mussten das neidlos anerkennen. „Heute haben wir endgültig gemerkt, dass die Deutschen stärker sind. Aber Rang zwei ist auch ein starker Platz“, erklärte Lopez, der eigentlich am ersten Aufstieg angreifen wollte. Die Drittschnellste Zeit lief der Niederdorfer Lokalmatador Eugen Innerkofler an der Seite seines Teamkollegen Ivano Molin. Beide kamen nach 4:25.25 Std. ins Ziel und sicherten sich damit zum ersten Mal die Master-Wertung vor den bislang dominierenden Franzosen Pascal Giguet/David Pasquio (4:31.36 Std.) und den wie am Vortag auf Rang drei einlaufenden Anton Philipp/Stefan Zäh (Team MAMMUT/PLAN B, 4:33.18 Std.).
Es war ein Tag der Ehre, aber auch einer des Leidens. Den Anfang machte der Südtiroler Daniel Jung, der zusammen mit Partner Ivan Paulmichl auf Rang drei bei den Männern und als Gesamtvierter einlief und im Ziel vor Schmerzen zusammenbrach. Der Transalp-Sieger 2013 mit dem MTB litt unter einer schmerzhaften Entzündung im Oberschenkel.
So richtig erwischt hatte es auch Emma Roca, die seit ihrem Fast-Sturz auf der 6. Etappe, als sie in Bruneck auf einem gefräßten Asphalt-Stück umknickte und nur unter großen Schmerzen das Ziel in St. Vigil erreichte, einen ziemlich geknickten Eindruck machte. „Körperlich ist Emma ok. Sie ist sehr emotional, denkt an ihre Kinder. Es ist das erste Mal, dass sie einen so langen Lauf absolviert“, versuchte ihre Betreuerin eine Erklärung zu finden.
Am Ende des siebten Tages hatte sich die Spanierin wieder gefangen. Sie gewann zum sechsten Mal die Mixed-Wertung zusammen mit Partner Gerard Morales in 4:48.51 Std. vor den wieder ganz starken Julia Böttger/Daniel Locher (WOLY SPORT – SALOMON TEAM, 5:02.44 Std. und dem französischen Ehepaar Jean Christophe Bette und Caroline Freslon-Bette (5:27.25 Std.)
Das war alles nichts gegen Tamara Lunger. „Die Schuhe werden langsam enger“, umschrieb die Ausnahme-Bergsteigerin, die noch vor einem Monat mit dem K 2 den zweithöchsten Berg der Welt bezwungen hatte, den Zustand ihrer Füße. Ohne große Vorbereitung war sie dann zusammen mit Annemarie Gross in den 10. TRANSALPINE-RUN eingestiegen. „Das ist eine völlig andere Belastung. Am Berg geht alles sehr langsam voran, step by step halt. Der TRANSALPINE-RUN ist dagegen unglaublich schnell.“ Und das bekam die Bozenerin auf der 6. Etappe richtig zu spüren.
„Schon einen Tag zuvor am Kronplatz war es sehr schwer für mich. Kurz vor dem Ende beim Aufstieg zur Weißlahnscharte ging dann nichts mehr. Die Schmerzen waren einfach zu heftig. Wir mussten das Tempo rausnehmen“, sagte Tamara Lunger. Der nachfolgende Wortwechsel mit Kathrin Schichtl und Yvonne Lehnert (TEAM THR33KY TRAIL-SQUIRRELS) spricht für die sportliche Einstellung der Südtirolerin: „Lauft ruhig und genießt den Tagessieg.“ Das soll die Leistung der beiden Deutschen natürlich nicht schmälern. „Wir gönnen den beiden den Tagessieg, sie haben ihn verdient, da sie im Flachen sowieso besser sind als wir und die ganzen Tage weit vorne waren“, erklärte Tamara Lunger.
Die späteren Siegerinnen wussten zuerst gar nicht, was da passiert war, nutzten aber ihre Chance. „Zuerst musste ich Yvonne schieben, dann habe ich sie gezogen, dann war sie endlich wach und lief von ganz allein“, beschrieb Kathrin Schichtl die Etappe. Nichts geht mehr dagegen bei den lange an Rang zwei platzierten Carmen Otto/ Anne Gerlach (SAUERLAND-GORE-TEX Team 1). Auf Platz sechs mit 57 Minuten Rückstand verloren sie wie am Vortag viel Zeit.
So richtig schnell waren wieder die Spitzenteams in der Kategorie Senior Master unterwegs. Peter Paul Steinhauser/Michael Steger (4:46.12 Std., Team AHRNTAL) zeigten wie in den letzten Tagen eine überragende Leistung. Nur 51 Sekunden später liefen Rudi Schöpf/Alfred Psenner als großartige Zweite in Niederdorf über die Ziellinie. Platz drei ging an das Team SEXTEN 2 Alois Untersteiner/Franz Kröss (5:24.37 Std.).
Keine Veränderung gab's auch bei den Master Mixed, wo Annelise Felderer/Markus Planötscher (Team NIEDERDORF) in 5:31.38 Std. vor den Spaniern Encarni Martinez-Perez/Francisco Ramirez-Perez (5:54.12 Std.) und Dominique Rocheteau/Monika Turra (Team HIGH-LÄNDER, 5:56.03 Std.) gewannen.
15.09.24 | TAR 2024: Sieben auf einen Streich - auf dem Highway to... |
Hendrik Dörr | ||
11.09.11 | Ein Drama braucht gefallene „Helden“ |
Andrea Helmuth | ||
11.09.10 | ... ein Missverständnis |
Eberhard Ostertag |