Nach einer ruhigen Nacht im Schlafsack und ohne, dass wir durch das Rufen eines Muezzins geweckt wurden, kletterten wir um ca. 06.30 Uhr aus unseren Zelten. Der Himmel war wolkenlos und die Morgensonne blinzelte bereits durch die Palmen der Oase, wärmte aber leider noch nicht. Wir frühstückten ausgiebig und machten uns dann ganz langsam für unsere erste Etappe startklar.
Das Gepäck wurde jeden Tag durch den Veranstalter transportiert und die Taschenabgabe erfolgte bereits um 8.00 Uhr, auch wenn der Start, bis auf den Marathon, erst um 10:30 Uhr erfolgte. Die Walker -vom Veranstalter auf der Startnummer liebevoll Wolker genannt - starteten immer eine Stunde vor den Läufern. So blieb bis zum Start noch viel Zeit für Gedanken. Wir freuten uns auf das Neue, Unbekannte, hatten allerdings auch jede Menge Respekt und Ungewissheit in uns.
Mit lauter Musik und Applaus der Teilnehmer setzte sich der aus 175
Läufer bestehende Pulk in Bewegung – jeder mit unterschiedlichen Zielen: manche wollten eine vordere Platzierung, andere mit Anstand durchkommen. Nur Durchkommen, das war unser Ziel. Nach der ersten Düne nach ein paar hundert Metern verteilte sich das Feld bereits deutlich. Stärkere Läufer gingen in Führung, schwächere Läufer fielen zurück. Wir blieben irgendwo in der Mitte, denn 100 km in 4 Etappen wollten wir uns gut einteilen und die längste Etappe -der Marathon- fand erst am 3. Lauftag statt. Daher wählten wir für die ersten paar Kilometer des Rennens einen zurückhaltenden und beständigen Laufstil. Es war ein besonderes Gefühl, als wir über die Dünen liefen. Das beste Training für diesen Lauf durch die Wüste und Sand war die Simulation in tiefem Schnee, und davon gab es ja in diesem Jahr in Deutschland genügend.
Die Bedingungen waren für alle Teilnehmer gleich. Allerdings ist das Empfinden, ab wann etwas extrem ist, sicherlich bei jedem unterschiedlich. So haben einige Teilnehmer beispielsweise die Weihnachtszeit und die dunklen Wintermonate in privaten Trainingslagern in Fuerteventura oder in Thailand verbracht. Jeder hat seine eigene Art der Vorbereitung. Unser Trainingsschwerpunkt bestand aus Schlafen. Hierfür haben wir zahlreiche Nächte im heimischen Schlafzimmer bei -10 Grad und offenen Fenstern verbracht. Zwar machte uns das krank, doch fühlten wir uns gut vorbereitet – für die Nächte in der Sahara. Gedanklich war Deutschland schon weit, weit weg.
Das Feld hatte sich beträchtlich ausgedehnt, und die meisten waren nun als Einzelkämpfer unterwegs. Vom Leistungsniveau war vom Spitzenläufer bis zum Hobbywanderer alles vertreten, genau wie es die Ausschreibung vorsah. So waren auch die Sollzeiten dementsprechend festgesetzt.
Die gesamte Strecke war sehr gut mit neonfarbenen Fahnen und Wegweisern markiert- Verlaufen war so gut wie nicht möglich. Die Sonnenstrahlen wärmten uns und die Auswirkung der Wärme machte sich bemerkbar. Der Puls stieg kontinuierlich, der Kopf wurde heiß und die Finger schwollen an. Angst mussten wir keine haben, denn ein Rotkreuzwagen, in Form eines Standbuggys, begleitete die Läufer und die Ärzte erkundigten sich nach unserem Wohlbefinden. Obwohl wir keine Zeit zur Akklimatisation hatten, kamen wir erstaunlich gut mit der Hitze zurecht.
Auf der Hälfte der Etappe stand eine kurze Reihe von Läufern, um Wasser an der ersten Versorgungsstation zu tanken. Frische Orangenviertel und isotonische Getränke standen bereit. Trinkwasser stand uns zu jeder Zeit und unbegrenzt zur Verfügung. Zur Kontrolle, dass wir die Stelle passiert hatten, wurde eine Karte abgeknipst. Kay füllte seinen Getränkerucksack mit frischem Wasser, während ich weiterlief. In meinem Rucksack befanden sich ca. 1,5 l Wasser, dies sollte mir reichen.
Weiter gings. Der Wind wurde stärker und langsam wurde uns klar, für was uns die Skibrille vom Veranstalter empfohlen wurde. Der Sand ist rotbraun und fein wie Puder. Der Wind blies den Sand in die Augen, die Atmung wurde schwerer. Die Aussicht von der höchsten Düne entschädigte immerhin für die Härte des Aufstiegs und zeigte uns unser Lager und das erste Ziel. An dieser Stelle waren auch die Fotografen postiert. Dies war schon ein ergreifender Moment und wir waren sehr berührt. Die ersten 23 Kilometer und die erste Etappe war nach 2:44:46 Std. geschafft.
30 Berberzelte waren bereits für die Läufer aufgebaut. Zelt Nr. 28 teilten wir uns für die nächsten Tage mit einem Dänen, zwei Österreichern und einem Bayern. Es stürmte und es war kalt. Es fing zu regnen an – erst ganz leicht, dann immer stärker. Auch der Wind wollte so schnell nicht nachlassen.
Endlich, die erste Dusche - wenn auch nicht so richtig. Die Duschen bestanden aus Plastikbehältern aus denen eiskaltes Wasser rieselt. Bei dem heftigen und kalten Wind, wie er an diesem Tag war, bekam man von den Wassertropfen nicht wirklich viel ab. Wir Frauen hatten einen ganz kleinen Vorteil, wir hatten eine Plastikplane die uns etwas vor den Blicken und dem Wind schützte.
Im Lager befand sich ein Restaurantzelt mit reichlich frischem Essen und Getränken. Nachmittags gab es immer Tee und Kaffee mit Bisquit und abends sogar Rotwein zum Wasser aus der Blechtasse. Leider regnete es unaufhaltsam und irgendwann flüchteten alle aus ihren Zelten in das große Restaurantzelt, welches aber auch bald durchnässte und die Teilnehmer näher zusammenrücken ließ. Welch ein Beginn des ersten Tages. Wie sollte man hier zu Ruhe kommen? 130 Italiener waren laut und überdreht und da wir die Sprache nicht verstehen konnten empfanden wir alles noch viel lauter, von Erholung für das nächste Rennen keine Spur.
Unsere Taschen lagen unter unserem mittlerweile eingestürztem Zelt und wir hatten nur Angst, dass alle unsere Kleidungsstücke durchweichen würden. Die gute Laune war weg.
Irgendwann hörte der Regen dann doch auf und der Abend wurde um so schöner. Wüste, so weit das Auge reicht. Eine Hand voll Dromedare, die gemächlich in den Sonnenuntergang trotten. Faszinierendes Licht nach dem Regen und unendlich lange Schatten.
Die erste Nacht im Berberzelt in der Wüste. Überall Sand. Die Gesichter staubbedeckt, die Kleider jetzt schon völlig verdreckt. Sand in den Ohren und im Schlafsack. Das Schlafen in dem offenen und durch den Regen muffig riechenden Berberzelt mit Blick auf die Landschaft vervollständigte die Reise fernab der Zivilisation. Die Toilette war eine sehr individuelle Angelegenheit. Jeder suchte sich sein Dünchen oder Sträuchchen und so kam es, dass man nachts schon die eine oder andere Taschenlampe wie ein Glühwürmchen zwischen den Dünen aufblitzen sah.
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