trailrunning.de

 
 
 

18.06.23 - Aletsch Halbmarathon

Bilderbuchlauf

Der Aletsch Halbmarathon steht schon seit Jahren sehr weit oben in der Wunschliste von Annette und mir, aber da mein Fokus lange Zeit auf Ultratrails lag, starten wir erst zur 36. Ausgabe bei einem der schönsten Läufe der Schweiz. Endlich!

Die Strecke mit 1148 Höhenmetern Aufstieg und 432 Höhenmetern Abstieg führt (abgesehen vom ersten Kilometer) die ganze Zeit über auf schönen, technisch nicht allzu schweren Trails durch die wunderbare Umgebung des Aletschgletschers, die zum UNESCO Welterbe zählt.  Start ist in Bettmeralp im Wallis, die Berge auf dieser Seite des Rhonetal zählen jedoch zu den Berner Alpen.

Annette und ich reisen zum Akklimatisieren schon zwei Tage vorher an und übernachten auf 1900 m Höhe in Riederalp. In dem autofreien Dorf ohne Massentourismus ist es wunderbar still. Da für diese Veranstaltung das Swiss Runners Ticket gilt, sind die Bahnfahrt von Basel bis ins Rhonetal und die Bergbahn für uns kostenlos. Am Freitag spazieren wir mittags zu einem Aussichtspunkt mit herrlichem Blick auf den Aletschgletscher, den grössten Gletscher der Alpen.

Er ist 23 Kilometer lang und erstreckt sich von der Jungfrau in den Walliser Alpen bis ins Mattertal. Der Gletscher ist ein wichtiger Teil der UNESCO-Welterbestätte Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn, ein wichtiger Bestandteil des alpinen Ökosystems, eine wertvolle Quelle für Trinkwasser und als solche auch ein Symbol für die globale Klimakrise. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat er sich um mehr als 8 Kilometer zurückgezogen. Experten schätzen, dass er bis zum Ende des Jahrhunderts um weitere 10 Kilometer zurückgehen könnte.

 

 

 

 
© trailrunning.de 26 Bilder

 

Am Samstag spazieren wir nach Fiesch und fahren dann mit der Gondelbahn aufs 2926 m hohe Eggishorn, wo wir uns fünf Stunden lang mit Gletscherblick an die Höhenluft anpassen. Auf der anderen Seite des Rhonetals leuchten Weisshorn, Matterhorn, Dom und viele andere bekannte Gipfel unter wolkenlosem Himmel. An diesem Nachmittag finden in Bettmeralp einige kurze Kinder- und Familienläufe statt. Bettmeralp ist deutlich größer als Riederalp, aber auch autofrei. Gegen 17 Uhr holen wir unsere Startunterlagen im Gebäude der Bergbahnstation Bettmeralp ab. Die Veranstalter setzen auf Nachhaltigkeit. Wir bekommen die Startnummer und Sicherheitsnadeln, die sonst meist üblichen Taschen mit vielen überflüssigen Werbegeschenken bleiben uns erspart.

Der Sonntag beginnt mit einer für mich typischen Szene. Ich greife zur falschen Tube und schmiere mein Gesicht statt mit Sonnencreme zuerst dick mit Fußcreme ein.

Noch nie  hatte ich einen schöneren Weg von der Unterkunft zum Start einer Laufveranstaltung als heute. Man könnte von Riederalp auch mit einem Shuttlebus nach Bettmeralp fahren, aber 25 Minuten Spaziergang auf einem bequemen Panoramaweg mit Blick auf viele Viertausender der Walliser Alpen ist uns lieber. Die meisten Teilnehmer kommen erst am Morgen mit der Gondelbahn vom Rhonetal herauf. Die Gepäckausgabe im Untergeschoss der Bergbahnstation ist schnell und einfach. Keine offiziellen Taschen, keine Aufkleber mit der Startnummer, nur sehr viele Paletten, auf die man seine eigene Tasche legen kann und sich für später die Palettennummer merken soll.

Da die Strecke oft über sehr schmale Trails führt, werden die etwa 2300 Starter je nach erwarteter Laufzeit in einzelne Blocks aufgeteilt. Von 10:00 bis 10:30 startet jeweils alle 5 Minuten ein Block. Da ich erst im vorletzten Block eingeteilt bin, habe ich zuvor noch Zeit, den Start von Block 1 zu fotografieren. Danach ist die Atmosphäre im hinteren Bereich sehr entspannt. Hier bin ich unter Leuten, die wie ich keine Bestzeiten erreichen, sondern einfach nur einen schönen Lauftag erleben wollen. An der Startlinie sehen wir schon hoch oben fast am Gipfel des Bettmerhorn die Bergstation, wo heute unser Ziel ist. Zuvor gibt es aber noch weite Schleifen mit viel Auf und Ab.

Um 10:25 Uhr starte dann auch ich. Annette ist schon seit einigen Minuten unterwegs.

 

 
© trailrunning.de 14 Bilder

 

Der erste Kilometer führt durch den Ort, dann verlassen wir den Asphalt und laufen auf einem bequemen Weg in den Wald hinein. Bei km 2 beginnt die erste Steigung und ich wechsle vom Laufen zum schnellen Gehen. Bald wird der Weg schmaler. Da ich oft zum Fotografieren stehenblieb, umgeben mich nun bereits die Leute des letzten Startblocks. 

Die Strecke des ersten Aufstiegs ist sehr angenehm. Nicht zu steil, nicht zu schwer, ideal zum an die Bergluft Gewöhnen. Und schon geht es wieder ein Stück bergab. Hier könnte ich eigentlich Vollgas geben, aber Überholen ist auf den schmalen Trails oft nicht möglich. Egal! Ich will einfach nur Spaß haben und die Landschaft genießen. Zu rasant über steinige und verwurzelte Pfade rasen sollte ich heute ohnehin nicht, da ich erstmals mit meiner Nikon Spiegelreflexkamera fotografiere, da sich meine bei vielen Laufreportagen bewährte kleine Lumix in den Ruhestand verabschiedet hat.

 

 
© trailrunning.de 18 Bilder

 

Bald wird die Strecke wieder flacher. Ab hier hat man für den Rest des Rennens auch fast immer genügend Platz zum Überholen. Trails für Genießer! Wer erstmals bei einem alpinen Traillauf starten will, ist hier an der rechten Stelle, genügend Kraft für die vielen Höhenmeter vorausgesetzt. Aber auch für mich sind nach vielen Ultratrails  solche Läufe jetzt genau das Richtige. Wir laufen hinab zum Bettmersee. Da dieser nahe am Ort liegt, stehen hier viele Zuschauer und feuern uns an. Bei km 6 gibt es an der ersten Verpflegungsstelle Wasser, Iso und Tee, an den letzten VPs gibt es auch Cola.

 

 
© trailrunning.de 21 Bilder

 

Nun marschieren wir wieder bergauf. Noch genießen wir Postkartenwetter, doch der Wetterbericht verkündet für den Nachmittag Wolken. Auf schmalen Trails laufen wir oberhalb an Riederalp vorbei. Dann marschieren wir hinauf zum Riederfurka genannten Pass, wo die vor 120 Jahren im viktorianischen Stiel erbaute Villa Cassel steht, in der sich heute das Pro Natura Zentrum Aletsch mit Ausstellungen befindet.

 

 
© trailrunning.de 19 Bilder

 

Ein paar Kilometer laufen wir in einer weiten Schleife auf Trails mit leichtem Auf und Ab um das Riederhorn herum, queren dabei problemlos ein paar Blocksteinfelder und können ganz entspannt den herrlichen Aletschwald genießen. Schon seit 1933 steht dieser Wald mit uralten Arven und Lärchen unter Naturschutz.  Mir gefällt dieser Wald sehr gut. Was mir weniger gefällt ist mein Magen. Normalerweise kann ich selbst bei langen Ultratrails unterwegs immer problemlos essen und trinken. Doch obwohl ich weiss, dass man vor allem auf großer Höhe genügend Flüssigkeit braucht, fällt es mir nun schwer, mehr als ein oder zwei Schluck Wasser zu mir zu nehmen. An Riegel, Obst oder Gel bei der Verpflegungsstelle an der Riederfurka darf ich nicht einmal denken.

Eigentlich sind die Trails von der Riederfurka hinauf zur nächsten VP genau die Art von Strecke die ich liebe und am besten kann. Steil, aber technisch leicht, genügend Platz für alle Läufer, dazu ist es nun wegen der erste Wolken nicht mehr zu warm - eigentlich perfekt. Doch mein Magen bremst mich immer mehr.

 

 
© trailrunning.de 11 Bilder

 

Bald blicken wir erstmals auf den Aletschgletscher. Ich genieße die Aussicht, werde gleichzeitig aber immer langsamer. Vor einer halben Stunde zweifelte ich nicht daran, dass ich Station Moosfluh bei km 17,5 frühzeitig erreiche. Hier werden laut Ausschreibung die Läufer, die nach 13:30 Uhr ankommen, aus dem Rennen genommen. Jetzt schleiche ich die letzten paar hundert Meter in Zeitlupe den Berg hinauf und werde pausenlos von anderen Teilnehmern überholt. Erst 8 Minuten nach offiziellem Cut Off erreiche ich die Verpflegungsstelle Moosfluh (2333 m) und muss mich zuerst eine Weile hinsetzen, bevor ich einen Schluck Wasser trinken kann. Zwanzig Minuten lang genieße ich hier oben den Gletscherblick.

 

 
© trailrunning.de 24 Bilder

 

Trotz überschrittener Cut Off Zeit passieren ständig Teilnehmer die Verpflegungsstelle. Ich schließe mich an und marschiere los. Das Ziel sehe ich weit über mir, ich mich wieder völlig fit. Zuerst laufe ich auf einer recht leichten Strecke ohne große Steigung und überhole gleich einige andere Läufer. Wir kommen an kleinen Seen vorbei. Dann beginnt der letzte, steile Aufstieg. Auch dieser ist zwar sehr anstrengend, aber technisch leicht. Wie froh bin ich, dass ich mich nach der Pause wieder so gut fühle. Alle Probleme sind vergessen und ich genieße den Aufstieg aus vollem Herzen. Schade, dass die Gipfel der Walliser Alpen nun nicht mehr unter blauem Himmel von der Sonne beschienen werden!

Immer mehr Leute kann ich überholen. Der letzte Teil des Aufstiegs führt an kleinen Schneefeldern vorbei. Vom Gletscher sieht man hier oben leider nichts mehr.

 

----------------------------------------------------------------

 

100 Bilder von Klaus Kassel

 

 

 
© trailrunning.de 100 Bilder

 

 

Dann erreiche ich das Ziel bei der Bergstation Bettmerhorn (2650 m), wegen meiner Pause erst 11 Minuten nach offiziellem Zielschluss, aber es reicht mit 4:46 Stunden doch noch für einen Eintrag in der Finisherliste und für das Finisher-Shirt. Annette kam schon 25 Minuten vor mir hier oben an.

Ich esse und trinke etwas und könnte jetzt eigentlich noch ein paar Kilometer weiterlaufen. Die Gondelbahn bringt mich nun aber schnell hinab nach Bettmeralp, wo gerade in sehr angenehmer Atmosphäre die Siegerehrung stattfindet.  1350 Männer und 840 Frauen erreichten heute das Ziel, die DNF-Quote ist außerordentlich niedrig. Als ich mein Gepäck abhole, sind natürlich fast alle Paletten schon leer. 

Vor der Gondelbahn, mit der fast alle Teilnehmer hinab ins Rhonetal fahren, ist eine extrem lange Warteschlange. Gut, dass wir gemütlich zu unserer Unterkunft nach Riederalp spazieren können!

Annette und ich empfehlen den Aletsch Halbmarathon ganz klar als einen Lauf, den jeder die Berge liebender Läufer auf seiner to-do-Liste haben sollte.

 

 

Informationen: Aletsch Halbmarathon
Veranstalter-WebsiteE-MailFotodienst Alpha FotoHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
Zurück zur Übersicht
 
 
 
 
 

Kontakt

Trailrunning.de
Klaus Duwe
Buchenweg 49
76532 Baden-Baden

07221 65485

07221 801621

office@trailrunning.de