Das Allgäu ist nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer das Ziel unzähliger Urlauber. Auch Bergläufer kommen im August gerne nach Sonthofen zu den bekannten Panorama-Läufen. Judith und ich haben bisher zweimal den langen Allgäu Panorama Ultra Trail (APUT) absolviert, sind dann während der Pandemie zunächst privat die Strecke des Allgäu Panorama Marathons (APM) gelaufen. Und nun soll es eine Teilnahme am offiziellen APM werden.
Etwas vorsichtig wollen wir die Sache angehen, wobei uns eine Art Genusslauf im Sommer vorschwebt. Wir erwischen wieder ein Wochenende, das heiße Temperaturen verspricht. Da in der gesamten Region nur noch Hotelzimmer zu horrenden Preisen angeboten werden, greifen wir auf die Möglichkeit der Übernachtung in einer Turnhalle zurück. Zur Anreise nutzen wir die wunderschöne Strecke der Ludwig-Süd-Nord-Bahn, bei der man mit Neigetechniktriebwagen ohne Umsteigen von München nach Sonthofen gefahren wird. Wobei der Abschnitt Richtung Lindau noch schöner ist. Auf jeden Fall empfehlenswert, nicht nur mit 9-Euro-Ticket.
Vom Bahnhof geht es erst einmal zur Baumit-Arena. Dort findet gerade ein Fußballspiel statt, ebenso der 5-km-Lauf und die Kinderläufe. In der Halle bekommen wir die Startnummer, einen Gutschein für die Pasta-Party und einen Rucksack, eine Kappe sowie ein Handtuch vom Sponsor Allgäu Outlet. Auf der Pasta-Party treffen wir gleich alte Bekannte und können bei großen Portionen Nudeln mit viel Läuferlatein die Wartezeit bis zur Öffnung der Übernachtungsmöglichkeit überbrücken.
Die Turnhalle ist wieder einen kleinen Marsch entfernt. Es gibt getrennte Bereiche für Marathonis und Ultra- plus Hörnerlauf-Teilnehmer. Dank offener Fenster wird es nachts richtig kalt. Der Spätsommer kündigt sich hier schon an.
Ein großer Vorteil des Marathons: Der Start ist erst um 8:00 Uhr, während die Ultra-Läufer schon zwei Stunden früher antreten müssen. So können wir den Morgen geruhsam angehen und unser Frühstück genießen.
Dann zum Start am Allgäu Outlet. In der Tiefgarage können noch Unterlagen abgeholt werden. Auf dem Außenparklatz gibt es Toilettenhäuschen. Langsam wird es wärmer, sodass viele Teilnehmer sich mit luftiger Kleidung begnügen. Auch auf 1.500 Metern Höhe sollte es später nicht zu frisch sein. Dafür ist Sonnenschutz unerlässlich. Wer will, kann auch mit Stöcken starten.
Los geht es pünktlich und nach einem sehr kurzen Stück Straße biegen wir auf einen Schotterweg ab. Eine Brücke führt uns über die Iller und dann am recht malerischen Sonthofener See entlang, Kurz danach, bei Kilometer zwei, geht es schon nach oben. Nicht weit und wir kommen nach Hüttenberg. Dort ist schon die erste Getränkestation. Oben am Berg sieht man die Läuferschar, die sich durch die Wiesen nach oben schraubt.
Bei der ersten Walddurchquerung dann der erste Trail. Viele Wurzeln, aber viel Platz zum Überholen. Bald sind wir aus dem Wald heraus, wieder auf einer Teerstraße. Weiter bergauf. Ein paar Autos müssen sich den Weg mit uns teilen. Ziel auf dieser Mautstraße ist der Allgäuer Berghof, eine große Anlage für die ganze Familie. „Froschi“ ist für die Kinder zuständig. Es gibt einen Froschi-Stall und einen Froschi-Skilift. Für die Autos ist die Fahrt nun zu Ende.
Die Straße wird steiler. Rechts begleiten uns die Seile des Ossi-Reichert-Lifts. Nächste Verpflegungsstelle an der Weltcup-Hütte Ofterschwang. Sagenhaft ist die Aussicht auf das weite Flachland und den Grünten mit seiner Antenne. Ab und zu ein Blick zurück kann sich lohnen. Neben Kühen und Kälbern taucht auch ein Esel auf, der sich kraulen lässt. Das Ofterschwanger Horn umlaufen wir links herum. An der Alp Fahnengehren steht auch der große Ranger-Geländewagen, der uns vorhin überholt hatte.
Was folgt, ist ein Bilderbuchtrail. Da ist alles geboten, vielleicht ausgesetzte Stellen ausgenommen. Aber der geht auch schnell vorbei und ein schöner Wanderweg weist uns die Richtung weiter nach oben. Ein steiles Stück mit gut ausgebauten Holzschwellen. Bei Regen dürfte es hier unangenehm matschig werden und die Holzschwellen sind dann noch mehr wert. Ein flacher Trail folgt, schön zu laufen, aber kurz darauf stehen wir vor einem steilen Anstieg zum Weiherkopf. Als Meister des Bergaufgehens kann ich hier mal wieder viele Mitstreiter überholen.
Oben das einzige Gipfelkreuz des Tages, 1665 Meter hoch und dicht umringt von Wanderern. Davon gibt es hier viele, da einige Bergbahnen auch im Sommer laufen und sich in der Höhe Spaziergänge mit schönen Ausblicken ergeben. Und wir erhalten oft Streckenapplaus.
Der folgende Abstieg am Rande der Skipiste ist für Judith und mich nicht so gemütlich: Der Weg ist breit, sandig und recht steil. Den anderen Teilnehmern macht der Downhill richtig Spaß. Ein Läufer biegt rechts ab und lässt sich auch durch Zurufen nicht zur Umkehr bewegen. Später sehen wir ihn wieder. Kann man wohl als Abkürzung sehen. Kurz vor der Bergstation der Hörnerbahn 2 dann nach rechts auf eine Teerstraße und schön bergab bis zur Alpe Hinteregg. Zu früh gefreut, ein kurzer Anstieg zum Berghaus Schwaben folgt. Belohnt werden wir mit einer großen Verpflegungsstelle.
Ich frage zur Sicherheit, wann Cutoff in Grasgehren ist. 15 Minuten früher als von mir erwartet. Da müssen wir einen Zahn zulegen, waren wohl etwas zu gemütlich unterwegs. Am Rande des Hanges zieht sich der Weg eher flach dahin. Ich habe den Eindruck, er wurde seit dem letzten Mal etwas verbreitert, aber auf jeden Fall ist der Schotter sehr grobkörnig. Vor uns sieht man das Riedberger Horn, bekannt von den Querelen um eine Skischaukel, die dort errichtet werden sollte, nun aber zur Freude der Naturschützer doch nicht gebaut wird. Schöne Ausblicke. Wir halten etwas links davon auf einen Pass zu. Oben viele Bergsteiger, die aber für uns nicht viel übrig haben. Die meisten der 1.500 Höhenmeter haben wir jetzt hinter uns.
Ein Stück weiter unten sieht man die Häuser von Grasgehren. Ein tückischer, weil sehr steiler, geteerter Weg zwingt zu vorsichtigem Lauf. Der Kilometer fliegt trotzdem dahin. Der Cutoff macht mir keine Sorgen mehr. Durch den Zielbogen und geschafft: Das Kuchenbuffet wartet auf mich. Zusätzlich gibt es Obst, Wasser, Iso und Cola. Wir lassen es uns gutgehen, während einige Mitstreiter erklären, hier aufhören zu wollen und es bei der Hörnerlaufwertung (18,3 km) zu belassen.
Judith und ich gehören nicht dazu. Es geht weiter hinunter. Etwas hin und her zwischen den Häusern und Liften, aber immer sehr gut markiert. Wir queren den Riedbergpass (1409 m), die höchste Passstraße Deutschlands. Eventuell könnten Erstteilnehmer verwirrt sein, da auf den vielen Markierungen manchmal „Ultra“ und manchmal „Marathon“ steht. Bis zur Streckenteilung sind wir nämlich auf gemeinsamem Weg.
Für mich kommt jetzt der schönste Abschnitt des Laufs. Wir umrunden einen kleinen Berg. Teilweise an Felswänden, im Schatten, also etwas verwunschen geht es dahin. Einige Mountainbiker schieben ihre Räder nach oben. Aber der Weg ist breit genug.
Ein schöner Downhill folgt, dann treffen wir nahe der Alpe Dinjörgen auf die Trennungsstelle von den Ultras, deren letzter vor exakt zwei Stunden hier vorbeigekommen sein muss. Rechts führt die Ultra-Strecke Richtung Österreich, während wir links auf der Teerstraße bleiben und leicht nach oben müssen. Am VP bei Kilometer 25 ist es dann mit dem schweißtreibenden Aufwärtslaufen vorbei, der Weg wendet sich nach unten.
Der Lochbach neben uns ist komplett vertrocknet. Ansonsten sieht die Natur für den Vorbeilaufenden noch ganz intakt aus. Ein Almöhi wie aus dem Bilderbuch knattert mit seiner Vespa vorbei. Weidegitter gibt es einige zu meistern. An einem haben Kinder allerlei Späße mit Kreide auf den Asphalt gemalt.
Irgendwie wäre eine Gehpause willkommen, obwohl der Weg zu schnellem Bergab einlädt und wir den Zielschluss um 15 Uhr im Auge behalten müssen. Also los, so leicht ergibt sich nicht wieder eine Möglichkeit, Zeit gutmachen und im folgenden Waldabschnitt ist es auch nicht mehr ganz so heiß. Eigentlich könnte es so noch 13 Kilometer weiter gehen, aber beim VP bei 29,5 km ist Schluss. Wir sind im Tal und dürfen nun ein kurzes Stück auf einem Radweg neben der Straße laufen.
Die Sturmannshöhle könnte man besuchen oder man läuft durch den Hirschsprung, einen schmalen Durchlass zwischen zwei Felswänden weiter, den der Sage nach ein Hirsch auf der Flucht vor einem Luchs übersprungen haben soll. Dort links auf den Wanderweg. Auch hier gibt es Helferinnen, die uns einweisen.
Der Sagenweg offenbart allerlei Spannendes: Am Rand sieht man einen fast vergrabenen Drachen. Nur die Zacken schauen noch heraus. Es geht steil bergauf. Links warten die drei wilden Fräuleins auf uns, die einst in der Höhle gehaust haben sollen. Einige Höhenmeter fehlen noch. Bei km 30 verlassen wir den Wald und über sonnige Wiesen geht es weiter schweißtreibend nach oben. Das ist jetzt schon sehr anstrengend.
Der Läufer vor uns bittet eine Zuschauerin um etwas Salz gegen seine Krämpfe. Wir haben unseren Magnesium-Vorrat schon selbst verbraucht, können also leider nicht aushelfen. Ein netter Trail im Wald bringt etwas Abkühlung. An einer Koppel gilt es Alpakas zu fotografieren. Eine Radlerin wundert sich darüber, dass wir noch die Zeit finden, hier herumzustehen. Da hat sie recht, wir sollen hier einen Marathon LAUFEN.
Kurz nach Kilometer 33 verlassen wir unseren Trail und queren die Straße zur Weiler oder Schönberger Ach, an der entlang wir nun stetig bergab laufen werden. Der VP 35 päppelt uns wieder auf. Ohne Getränke wäre man jetzt verloren. Der Weg liegt oft in der Sonne. Die Standbesatzungen sind besonders gut gelaunt, da die Masse der Teilnehmer schon durch sind, ist die Betreuung ganz persönlich.
Die Häuser sind hier von neu gebauten Dämmen geschützt, 2005 und 2013 gab es die letzte verheerende Hochwasser, mit 5 Metern über dem heutigen Rinnsal. Wasser sehen wir erst am nächsten VP. Eine Dusche gibt es auch noch und als wir die Iller erreichen, auch wieder etwas Flusswasser.
Viele Radelnde sind unterwegs, aber der Weg ist hier sehr breit. Ich laufe nun nur noch in Trance. Die Anstrengung und die Hitze. Hier gibt es alle vier Kilometer VPs, trotzdem bin ich über meine Trinkflasche froh. Zu sehen gibt es noch einiges: Einen Auwald neben dem Damm. Einer Infotafel zufolge soll es dort sogar Biber geben, die sich vor uns allerdings verstecken.
Ich warte darauf, dass das markante Gebäude der Generaloberst-Beck-Kaserne hoch über Sonthofen endlich auftaucht. Bei km 41 ist es soweit. Kurz danach auch die Baumit-Arena und dann ist es fast geschafft.
Ein heißer Zieleinlauf wartet auf uns. Es gibt eine schöne Medaille und wird werden persönlich vom Veranstalter Axel Reusch zum Finish beglückwünscht. Bei alkoholfreiem Bier, Obst und Kuchen lassen wir im Zielraum das heutige Lauferlebnis ausklingen, bevor wir uns zum Duschen nach nebenan ins Freizeitbad „Wonnemar“ begeben.
Der APM kombiniert Trails mit befestigten Forststraßen, Steilstücke mit flachen Passagen, besonders auf den letzten 7 Kilometern entlang der Schönberger Ach und der Iller. Heraus kommt ein interessanter Mix, der besonders für jene, die noch nicht sehr bergerfahren sind, oder es nicht unbedingt extrem haben müssen, interessant ist. Für anspruchsvollere LäuferInnen gibt es ja den APUT (siehe Bericht von Anton Lautner). Die Ausblicke sind auf beiden Strecken wunderbar.
21.08.13 | Ideale Bedingungen | |
02.08.12 | Erstmals über 1000 Teilnehmer | |
09.06.11 | Das Höchste der Lauf-Gefühle | |
29.01.10 | Neu: Ultra-Trail-Staffel und Marathonstrecke |