Was haben wir nicht alles gesehen und gelesen in den letzten Laufberichten. Meist nur Regen, Regen, Regen, sogar von „Land unter“ war die Rede. Ich bin zum dritten Mal in Serie beim APM in Sonthofen, hier ist „alles beim Alten“.
Wie jedes Jahr herrscht eine Prügelhitze und der Sommer zeigt sich von seiner heißesten Seite. Heuer ist die 5. Auflage der Veranstaltung und immer war der bayerisch weiß/blaue Himmel obligatorisch. Organisator Axel Reusch scheint da einen guten Draht nach oben zu haben.
Kurz vor dem Start des um 6 Uhr ist es schon richtig wohlig warm, wie es sich halt normalerweise für eine laue Sommernacht so gehört. Das sind für die bevorstehenden fast 70 km natürlich nicht die allerbesten Voraussetzungen, aber ist mir ehrlich gesagt immer noch lieber als das Pisswetter, wie wir es in den vergangenen Wochen zur Genüge hatten. So werden wohl die meisten denken.
Einen richtigen „run“ hat es heuer bei den Anmeldezahlen gegeben. 297 Teilnehmer stehen heute beim Ultra Trail am Start, das ist ein gutes Drittel mehr als im Vorjahr, was vielleicht auch zum Teil an der Integration der Deutschen Meisterschaften der DUV im Cross- und Landschaftslauf liegen mag.
Die ersten Kilometer im Morgengrauen bieten uns eine wunderschöne Szenerie über die Allgäuer Alpen. An vorderster Front der Bergketten steht der Grünten, weshalb er auch als Wächter des Allgäus bezeichnet wird. Meisterhaft kann er sich rechts an unserer Laufstrecke in Szene setzen.
Nach zwei Kilometern Einlaufen, geht es für uns rauf auf die Hörnergruppe und wir wenden ihm den Rücken zu. Aber Blicke zurück sind gestattet und von mir ausdrücklich empfohlen, obwohl sich ja Läufer nicht umdrehen sollen, weil es ein Zeichen von Schwäche sein soll.
Heute kann man wieder einen herrlichen Sonnenaufgang erleben. Das sind eben die Vorzüge, die eine frühere Startzeit so mit sich bringt. Aber etwas ist heute anders, als in den Vorjahren. Trotz der schon gewohnten, alljährlich hohen Temperaturen tagsüber, ist es auch heute Morgen spürbar wärmer als sonst. Schon auf den ersten Kilometern komme ich mächtig ins Schwitzen, es liegt bereits eine leichte Schwüle in der Luft.
Abkühlung bekommen wir am ersten Getränkestand vor der Weltcuphütte der Ofterschwanger Liftanlagen. Nachfolgend kommt nach 10 km mein Lieblingsabschnitt auf diesem ersten Aufstieg. Am Hang des Ochsenkopfs geht es auf teils rustikalen Trails hinauf bis zum Gipfelkreuz des Weiherkopfs. Auf den engen Pfaden ist heuer richtig Verkehr, man merkt deutlich die gestiegen Teilnehmerzahlen.
Mir macht es aber weniger aus, beim Aufstieg heißt es für mich Kräfte einteilen und nicht unnötige Energie verschleudern. Ich gehe das erste Teilstück heute schreiberisch etwas schneller an, Details überlasse ich heute sehr gerne meiner m4y-Kollegin Andrea auf der identischen Marathonstrecke, schaut doch auch mal bei ihr rein.
Nach dem Gipfel kommt eine ca. 500 Meter lange Bremskontrollstrecke, hier bekommen wir schon mal einen ersten kurzen Vorgeschmack auf das, was uns heute noch abwärts erwartet. Nach justieren meiner Oberschenkelbremse kommt ein längerer, teils auch flacher Abschnitt, hinauf zum Riedbergpass. Die ersten Wassertröge am Wegesrand werden schon begeistert frequentiert, mit einem kühlen Kopf läuft es sich gleich wieder viel leichter.
Oben angekommen bietet sich uns ein erster prachtvoller Blick auf das Gottesackerplateau. Auf den nächsten 20 km werden wir es aus den unterschiedlichsten Positionen zu Gesicht bekommen, daher nehme ich es mit der Kamera auch verstärkt ins Visier.
Der Sage nach war das wild zerklüftete Plateau zwischen Hohen Ifen und Gottesackerwänden vor Zeiten eine schöne, grasreiche Alpe, auf welcher das Vieh weidete und futterreichen Ertrag gab. Eines Tages hielt ein Bettler um eine Gabe an, wurde aber mit Hohn abgewiesen. Da verfluchte er die Alpe, und siehe da, sie wurde von einem Erdbeben verschlungen. Sturm und Regengüsse fegten und schwemmten Wald und Boden hinweg, sodass nur mehr das kahle Gestein übrig blieb.
Die Wissenschaft sieht das natürlich anders. Die ursprünglich darüber gelegene Gesteinsschicht, der Flysch wurde hier durch den Einfluss des fließenden Wassers und der Eiszeiten abgeräumt. Übrig blieb nur der Schrattenkalk.
Nach 19 km mit 1100 Höhenmetern geht es über die Zeitmessmatte hinein zum ersten Verpflegungspunkt an der Bergstation der Grasgehren-Lifte. Vom Vorjahr habe ich noch den leckeren Zwetschgendatschi in Erinnerung, der geht mir heute etwas ab. So gönne ich mir stattdessen vorsichtshalber ein Energygel. Sportlernahrung und Obst sind genügend vorhanden. Meine Trinkflasche wird neu aufgefüllt und dazu gebe ich eine kräftige Prise Salz, um von Krämpfen verschont zu bleiben, was mir letztes Jahr nicht besonders gut gelang.
Gefährlich wird es für uns auf dem Oberallgäuer Rundwanderweg. Bevor es in den schattigen Wald geht, pflastern frische Tellerminen unseren Weg. Die Allgäuer Rindviecher sind auf der gesamten Strecke mega präsent, ebenso ihre Hinterlassenschaften. Da wir uns auf ihrem Terrain befinden, müssen wir die Augen auch verstärkt auf den Boden richten. Vielleicht ist ja auch ein Fladen von Yvonne dabei, auf deren Suche sich Andrea befindet.