Eine Getränkestelle vor dem letztem Aufstieg und schon ist ein kurzes Moorstück erreicht. Auf Holzbrettern wird dieses trockenen Fußes gequert und ein langer, steiler Abstieg wartet auf uns. Harte Arbeit, aber es macht Spaß.
Der APUT ist mit seinen vielen Höhenmetern und 69,3 Km Länge zwar sehr fordernd, aber mir gefällt’s. Geht es bergauf, freue ich mich auf den Abstieg. Und umgekehrt. Auch die Muskulatur freut sich über die abwechselnde Belastung. Und man macht Strecke beim Bergablaufen. Und mein Rücken freut sich. Der zwackt schon bergauf seit geraumer Zeit. Aber nun hat er reichlich Zeit zum Erholen. Ich düse nach unten.
Am Berggasthof Hochleite ist wieder Getränkeaufnahme angesagt. Weiter geht es hinunter zum Freibergsee. Steil ist das letzte Stück und ob der Treppenstufen, Steine und Wurzeln ist wieder höchste Konzentration gefordert. Das Stück will nicht enden. Tut es aber doch und hat Spaß gemacht.
An der gegenüberliegenden Seite des Freibergsees ist der markante Turm der Heini-Klopfer-Sprungschanze zu sehen. Hier wurden schon viele Skiflugweltrekorde erzielt, u. a. von Georg Thoma, Harry Olli und dem legendären Matti Nykänen.
Wir stürzen uns in den letzten steilen Abstieg hinunter nach Oberstdorf. Gefällt mir sehr gut. Trailrunning pur.
Eine Straße wird gut abgesichert gequert und die Ebene des Tales nimmt uns auf. Wir laufen vorbei an den St. Loretto Kapellen am Ortsrand. Die älteste der drei Kapellen wurde bereits 1493 erbaut. In Oberstdorf geht es über die Mühlenbrücke und vorbei am Eisstadion auf direktem Weg hinauf zur Erdinger Skisprungarena.
Eine zweite Zeitmessmatte wird überlaufen. 7 Stunden, das ist 10 Minuten schneller als 2013. Ich hab meinen Rhythmus gefunden. Wurde ja auch Zeit, schließlich sind 49 Km gelaufen.
In der Arena ist gute Stimmung, jeder Einlaufende wird durch einen Sprecher per Lautsprecher namentlich begrüßt. Allerdings hat es wegen des Wetters weniger Zuschauer als letztes Jahr. In Innenraum ist eine Skihütte aufgebaut. Hier sitzen dann doch etliche Zuschauer und bejubeln die Läufer. Direkt gegenüber ist unsere Verpflegung. Ich greife gerne zu, hab auch richtig Hunger. Ein bleifreies vom Namensgeber der Arena muss natürlich auch sein. Keine drei wie letztes Jahr, da war es aber auch deutlich wärmer.
Man merkt schon den Unterschied zwischen dem Hitzelauf 2013 und dem diesjährigen eher unterkühltem Wetter. Mir ist es einfach zu kalt für ein weiteres kühles Getränk. Also mache ich mich auf die Socken und gehe, nein laufe die letzten 20 Km an. Ich laufe aber nur kurz aus der Arena hinaus, werfe dabei einen letzten Blick auf die beeindruckenden Schanzen. Niemals würde und werde ich hier herunterspringen. Die Steilheit der Schanzen sieht man von der Seite besonders eindrucksvoll.
Eine Straße führt uns den Berg hinauf. Wir biegen zum Gasthof Breitenberg ab. Hier ist Km 50 erreicht. Wir laufen nun auf den Wallrafweg unterhalb des Rubihorns. Der Weg führt uns wieder gut 400 Hm nach oben. Er ist abwechslungsreich und bietet immer wieder schöne Ausblicke auf das Tal und die Berge der gegenüberliegenden Talseite, wo wir uns am Morgen hochgequält haben.
Mit Blick auf das unter uns liegende Fischen im Tal und die Hörnergruppe meistern wir auch den Wallrafweg. An der Gaisalpkapelle stoßen wir auf den asphaltierten Weg hinauf zur Gaisalpe. Ab jetzt ist wieder jeder Km einzeln markiert. Unmittelbar vor der Gaisalpe ist Km 54. Es ist wieder Getränkeaufnahme angesagt. Pausierende Wanderer schauen uns Läufer interessiert an. So manchen steht die Frage ins Gesicht geschrieben: Warum machen Menschen so was?
Es geht hinter der Gaisalpe über eine Brücke über den Gaisalptobel und der Bergwald nimmt uns auf. Ein herrlicher Singletrail erwartet und fordert uns. Hier sehe ich wieder einige Läufer ausgesprochen vorsichtig agieren. Steine, Wurzeln, Schlamm, einfach herrlich anstrengend und anspruchsvoll. Purer Trailgenuss.
Und es geht weiter hinauf. Einige Wiesen unterbrechen den Wald und lassen schöne Ausblicke zu.
Mit wechselnden Steigungen und Untergründen kämpfen wir uns nach oben. Bei Km 57 ist noch Gelegenheit zur Getränkeaufnahme, dem Skiclub Altstädten sei Dank. Eine Hammersteigung haben wir noch vor uns. Es ist der Schlussanstieg auf den Sonnenkopf. Ab Km 58 geht es brutal zur Sache.
Zunächst über einen breiteren Schotterweg, schon steil genug, um mächtig ins Schnaufen zu kommen. Aber es geht noch steiler. Der Weg wird noch schmaler und matschiger. Matsch, Matsch und nochmals Matsch mit fiesen hohen Tritten. Obacht und Kraft braucht es hier.
Ich sehne das Gipfelkreuz des Sonnenkopf herbei. Längst habe ich den Autopiloten eingeschaltet und bin völlig auf das Erreichen des Gipfels fixiert. Zumal ich weiß, dass es dann nur noch 10 Km abwärts geht. Und das ist gut für meinen Rücken. Der zwackt doch schon arg.
Ich denke an das, was mir die Studenten meines Lauftreffs an der FH Bund in Brühl mit auf den Weg gegeben haben: „Mach uns stolz!“ Diese Aufforderung treibt mich den Berg hoch. Wie könnte ich jetzt und hier schlapp machen?
Endlich, endlich kommt das Gipfelkreuz in Sicht. Noch die letzten hohen Schritte und auch ich stehe auf dem Dach des APUT mit 1.712m Höhe. Leider gibt es immer noch viele Wolken und die Fernsicht ist beeinträchtigt. Auf den höheren Bergen ist jedoch noch blütenweiß der Neuschnee der letzten Nacht zu sehen, der bis in eine Höhe von 1.800m herab gefallen ist.
Während ich schnaufe und etwas trinke – auch hier oben ist eine Getränkestelle eingerichtet, Hut ab vor allen Helfern – blicke ich hinunter nach Sonthofen und herüber zum Grünten, dem Wächter des Allgäus.