Recht idyllisch führt nun unser Trail entlang Nadelhölzer und Teiche Richtung Rangiswanger Horn. An einer Wassertränke erfrischen sich die ersten Läufer. Gerade richtig, denn kurz nach dem elften Kilometer braucht es sogar ein Drahtseil an der Seite, so steil geht es auf den Berggrat hinauf. Schwindelfrei braucht man an dieser Stelle nicht sein, es ist „nur“ sausteil.
Der finale Anstieg auf die höchste Stelle am Weiherkopf lässt dich noch zur Atemnot kommen. Am Top des APM gibt es kein Panorama zu genießen, denn der Bergkopf ist eine Baustelle. Ein neuer Lift wird hierher gebaut. Wir müssen rechts fast durchs Unterholz ausweichen. Wer sich zu weit rechts hält, kann sich seinen Oberschenkel am Stacheldraht aufreißen.
Auf der anderen Seite springen einige Läufer hinunter wie die Geißböcke. Der Riesel auf dem Weg lässt mich langsam machen. Nicht, dass ich noch die Backenbremse brauche.
Unten wartet eine geteerte Rennpiste bis zum Berghaus Schwaben (Kilometer 15). Anfangs ist der Kurs leicht fallend und schnell zu belaufen, später wird es steiler, die meisten gehen. Am Berghaus können wir abermals verpflegen. Die Helfer rödeln und haben alle Mühe, dass jeder genug zu trinken bekommt. Heiß begehrt ist der isotonische Trank.
Ein Stückchen weiter müssen wir abermals nach oben über einen Sattel beim Riedberger Horn. Dort werde ich Zeuge einer interessanten Begebenheit. Eine Kuh hat sich ein Fressobjekt ausgesucht. Ein Vater schimpft: „Tuat's halt den Rucksack weg, die Kuh frisst den doch“. Der Fotomensch wittert ein gelungenes Motiv und muss sich dann ein „des wär für dich ein gefundenes Fressen“ anhören.
Das Gefälle hinunter nach Grasgehren ist steil, die Oberschenkelmuskulatur fängt an zu jaulen. Doch das ist bei der gigantischen Hauptverpflegungsstelle vergessen. Was du dir wünschst, steht im Angebot. Iso, Wasser, Cola, Obst, Quarkkuchen und Hefezopf. Ich mache mich dann auf und nehme als Wegzehrung noch ein Butterbrot mit, welches leicht gesalzen ist. Nicht verkehrt, denn wir verlieren jede Menge Salze und Mineralien.
Ein wenig Vorsicht ist geboten bei der Überquerung des Riedbergpasses. Der ist Deutschlands höchste Passverbindung, wo man bei Winterwetter schon mal die Ketten montieren muss, denn bei beiden Seiten geht es mit 14 bis 16 Prozent Steigung herauf.
Kurz nach der Alpe Schönberg ist Halbzeit (Kilometer 21). Im folgenden Waldstück lässt der Untergrund die Trailer jodeln, meine Oberschenkelmuskulatur pfeift (aus dem letzten Loch). Ein weiteres Gefälle bringt uns dann zur Streckentrennung, wo uns zwei der 200 freundlichen Helfer nach links leiten. Die Ultras sind längst über alle Berge.
Unsere Laufrichtung dreht nun nach Osten ins Lochbachtal. Die Tendenz ist überaus freundlich, nämlich fallend und die Kilometer werden immer weniger. Anfangs duelliere ich mich mit Wolfgang Bürger aus Stuttgart. Mal ist er vorne, dann wieder ich. Irgendwann verlieren wir uns, um uns im Ziel wieder zu finden.
Die Untere Gundalpe und die Lochbachalpe sind die nächsten Zwischenziele. Wenig Schatten macht das Laufen schweißtreibend. Der teilweise frisch aufgebrachte schwarze Asphalt verstärkt dies noch. Die Teerdecke endet im Wald, der Fahrweg mündet in eine Baustelle, wird ruppig und schon unangenehm, denn das Gefälle nimmt zu.
Während bei mir die Margariten nur zur Aufhübschung meiner Murmel dienen, schaut es bei Kerstin Kovacevic schon viel hübscher aus, auf die ich kurz auflaufen kann. Ein paar Serpentinen bringen uns dann zu den Lochwiesen. Mittlerweile schütte ich mir an jeder Tankstelle zwei Becher Iso und Cola hinter die Binde. Und das ist scheinbar zu wenig, denn nach wenigen Metern verspüre ich schon wieder Durst. Kurz nach Kilometer 30 biegen wir nach links in den Sagenweg ein. In einem Bachbett sind einige Sagengestalten zu erkennen. Ein Großvater erzählt seinen beiden Enkeln eine Geschichte. Ja, so war es bei mir auch früher: Der Opa konnte vieles spannend erzählen, da lernte man als Kind noch was Gscheites.
Die letzte üble Steigung kurz vor Kilometer 32 ist beim Herrenberg zu bezwingen, gut 50 Höhenmeter. Jenseits des Illertales sind die Höhenzüge rund um den Sonnenkopf zu sehen. Die Spitze wird sich da jetzt hocharbeiten. Die Aussicht ist wieder großartig.
In Obermaiselstein überqueren wir die Straße, die vom Riedbergpass herunterkommt. Nur wenige Meter, dann sind wir wieder weg vom Straßenlärm. Einige Kilometer sammeln wir auf einem gut befestigten Waldweg parallel zur Weiler Ach, einem Bachlauf. Das Feld hat sich natürlich längst auseinander gezogen. Wer bisher zusammen gelaufen ist, bleibt zusammen. Wer von hinten kommt, wird überholen, so ist es halt zum Ende eines Marathons. Einige Weg- und Leidensgenossen kann man bei den V-Stellen treffen und gerade Mal ein, zwei Minuten ratschen. Der Gegenüber hat seinen Becher leer und läuft weiter, während du noch bei der ersten Füllung bist.
Bei Weiler unterqueren wir die Bundesstraße 19 und erreichen dann die Iller. Nur noch vier Kilometer, keine maßgebliche Entfernung, eigentlich. Vorletzte Tankstelle. Die zwei Kilometer auf dem westlichen Illerdamm ziehen sich hin. Drei Mädels aus der Organisation sind für die Aufmunterung und Motivierung angestellt, denn bei jedem Läufer wird eine Ola-Welle dargeboten. Wir überqueren die Iller.
Letzte Tankstelle. Ein Helfer mit einer Gießkanne wartet auf ein Kopfnicken des Aktiven. Dann bekommt das kühle Nass übergegossen. „Wo haben Sie denn ihre Blume?“ werde ich am Biertisch gefragt. Ich deute auch meine Birne, wo die Blümchen wahrscheinlich wie ich Durst leiden müssen. „Ich vermisse bei euch auch etwas,“ erwidere ich, worauf die Helferin gut reagiert: „Mir han schon ein Bier dabei, aber ein gscheites.“ Zwei Becher kühles Bier gehen schneller in Birne und Beine als in den Magen.
Noch zwei Kilometer. Die „Frau Blume“ Kerstin zieht dann beim letzten Kilometer an, denn sie hat zwei Konkurrentinnen ausgemacht. Die wird sie noch niederringen, so wie sie den Endspurt anzieht.
Ich verzichte auf die Beschleunigung und laufe vom Damm herunter. Das Schild für Petra liefert mit den Titel für diesen Bericht. Petra, darf ich klauen? „Isch numma weit“, ist zu lesen. Wer das nicht versteht, soll nächstes Jahr kommen (24. August, vormerken!). Die letzten Meter genieße ich, als ich zum Zielkanal einbiege. Axel Reusch hebt die Hand schon vor meinem Zieleinlauf und gratuliert dann herzlich zur Leistung. Ja, so etwas findet man auch nicht häufig, dass der Orga-Chef im Zielkanal steht und alle Finisher beglückwünscht.
Im Zielbereich ist an alles gedacht. Alk-freies Weizenbier vom Zötlerbräu, Obst, Kuchen, Iso, Wasser. Wer eine Dusche a la open air will, ein Gartenschlauch ist montiert. Das Wonnemar kann zum Nulltarif besucht werden. Knapp über fünf Stunden ist meine Zeit, ich bin zufrieden über den zweiten Akt meines Bergwochenendurlaubs.
Fazit:
Ein sehr schöner Lauf durch das wunderbare Allgäu, die Helfer freundlich, reiche Gaben für die Teilnehmer, was willst du mehr. Axel lädt für den 24.08.2014 schon ein. Und eine Neuerung hat er auch im Gepäck. Nächstes Jahr eine Spezialwertung in drei Ländern: 33M, drei Monate, drei Marathons, eine Wertung. Die schönsten Marathonstrecken in drei Ländern und beeindruckender Natur: Die Destination Liechtenstein, Zermatt und Sonthofen. Ein lohnendes Ziel.
21.08.13 | Ideale Bedingungen | |
02.08.12 | Erstmals über 1000 Teilnehmer | |
09.06.11 | Das Höchste der Lauf-Gefühle | |
29.01.10 | Neu: Ultra-Trail-Staffel und Marathonstrecke |