Hart aber herrlich
Mein Hirschtalgstift hat sich verflüssigt, meine Getränke stehen vor dem Siedepunkt, die sonst so zähen Powerbar-Riegel lassen sich biegen wie Gummibärchen, Sonnenbrand an Oberarmen und Nacken trotz Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 und „Argentinische Steaks“ auf dem Grill beenden den heißesten Tag des Jahres.
Für mich und Jan ist der Lauf in Oberstaufen im bayerisch-schwäbischen Landkreis Oberallgäu mehr oder weniger Heimspiel, Übernachtung können wir uns sparen, da die Anreise nur eineinhalb Stunden in Anspruch nimmt. Aber erst seit 1805 gehört der Ort überhaupt zu Bayern. Er war ehemals ein Teil der Grafschaft Königsegg-Rothenfels, die von den Besitzern 1804 gegen Güter in Österreich und Ungarn vertauscht worden war, doch schon ein Jahr später kam sie durch den Pressburger Frieden an Bayern. 1892 wurde das damalige Staufen in Oberstaufen umbenannt. Heute hat der Schrothkurort 8.500 Gästebetten und mehr als 1,3 Mio. Übernachtungen im Jahr, das ist mehr als z.B. St. Moritz aufweisen kann.
Start und Ziel sind auf der Sportanlage im Ortsteil Kalzhofen. Die ist gut beschildert und daher unproblematisch zu finden. Schon beim Aussteigen aus dem Auto müssen wir uns aber mit hochsommerlichen Temperaturen auseinandersetzen. Wie wird der direkte Übergang vom Winter in den Sommer gelingen. Nachdem wir im Süden in den letzten Monaten nicht gerade von der Sonne verwöhnt wurden, schlägt sie heute umso heftiger zu. Ich konnte noch keinen einzigen langen Lauf mit über 20 Grad in diesem Jahr absolvieren, geschweige denn mit Temperaturen wie sie heute zu erwarten sind. Versprochen wurde uns ja von den Wetterfritzen der heißeste Tag des Jahres. Aber ich will ja nicht schon wieder über das Wetter meckern, ich bin im Grunde froh dass endlich Sommer ist, da müssen wir jetzt halt durch.
In unserem Startersäckchen befinden sich u. a. Gutscheine über eine Berg- und Talfahrt für die Imberg- und die Hochgratbahn. Wem es heute zu heiß wird, der könnte jetzt noch schnell umdisponieren und die Strecken, die wir Hoch- bzw. Runterlaufen bequem mit dem Lift absolvieren. Aber ich glaube keiner ist momentan dazu bereit, was ja nicht bedeutet dass es nicht noch einige bereuen werden. Ein richtiger Fachmann für den Oberstaufer Alpin-Marathon ist m4y-Kollege Klaus Klein, von den bisherigen 6 Auflagen, war er bis auf 2008 jedesmal am Start, erzählt er mir. Und er musste auch schon mehrmals wegen schlechtem Wetter die Ersatzstrecke laufen, davor brauchen wir uns aber heute wenigstens nicht zu sorgen.
Die Zeitmessung erfolgt mit einem Transponder der per Klettband am Fuß befestigt wird. Neben dem Marathon gibt es noch eine 2/3-Laufstrecke die in großen Teilen mit dem Marathon identisch ist, bei der aber die hochalpinen Streckenabschnitte ausgeklammert werden. Start ist um 8:30 Uhr und Zielschluss für beide Strecken 14:30 Uhr, so bleiben uns 7 Stunden zum erfolgreichen Gelingen.
Mit einer Stadionrunde werden wir pünktlich losgelassen. Nach dem ersten flachen Abschnitt in der Sonne muss ich meine Kamera für’s erste schon wegstecken um meine Hand abzutrocknen, die schon vollkommen durchgeschwitzt ist, es verspricht heute eine schweißtreibende Angelegenheit zu werden. Nach 2 km geht es in ein schattiges Waldstück, dafür ist aber eine erste eineinhalb Kilometer lange Steigung zu absolvieren, an deren Ende auch schon die erste Wasserstelle auf uns wartet. Viel Trinken wird heute ein Schlüssel des Erfolgs sein.
Bis Weißach führen 3 Kilometer in moderaten, angenehm zu laufenden Serpentinen abwärts. 7 km sind durch und die zweite V-Stelle erwartet uns. Neben Verpflegung wird uns auch eine kleine privat installierte Dusche geboten, manch einer hat hier schon eine kleine Abkühlung nötig, ich stecke auch meinen Kopf kurz darunter. Fast dreihundert Höhenmeter haben wir verloren und hier den tiefsten Punkt des gesamten Kurses erreicht. Zeit darüber nachzudenken bleibt freilich nicht, bis zum Imberghaus bei km 13 geht’s jetzt nur noch auffi.
Zwischendrin liegt Steibis, auch hier ist wieder die Möglichkeit zum verpflegen geboten. Am Golfplatz vorbei laufen wir Richtung Imbergbahn, die wir natürlich rechts liegen lassen und uns, auf etwas weniger komfortablen, aber gut zu laufenden Kiesrwegen nach oben arbeiten. An der Bergstation der Sesselbahn haben wir uns bereits 700 Höhenmeter erarbeitet. Eine große Verpflegungsstation und auch wieder eine erfrischende Dusche belohnen unser Bemühen. Auch viele Zuschauer haben den bequemen Weg per Lift hierauf gefunden, es ist richtig was los. Weil es so wuselig ist, ist es aber auch ein ganz neuralgischer Punkt.