Aber da muss man durch bzw. hinunter. Ein Lied von Hildegard Knef kommt mir in den Sinn: Von nun an geht’s bergab. Schon Hilde hats gewusst!
Scheinbar endlos ziehen sich die Serpentinen, man verliert rasch einige hundert Höhenmeter. Immer wieder kommt eine neue Serpentine. Ich motiviere mich damit, dass dies nur was für die ganz Harten ist und freue mich, dass jeder Meter hinab mich der Talstation näher bringt. Zudem weiß ich, dass sich an einem Hof an der Strecke ein Trog mit kühlem Wasser befindet. Hier lasse ich meine Mütze zu Wasser und dann wieder auf meinen Kopf. Herrlich diese Kühle, aber bitter notwendig bei der Hitze.
Endlich ist die Talstation erreicht. Ich bin ziemlich fertig. Gleichwohl kann ich noch laufen. Ich überhole einige, die schon hier nur noch gehen können. Meine Motivation zu diesem Zeitpunkt: Erstens das kühle alkoholfreie Bier im Ziel und zweitens eine kühle Dusche.
Fotografieren mag ich kaum noch, es ist mir schlichtweg zu anstrengend. Ich bitte um Verständnis. Der Weg entlang der Weißach ist angenehm schattig. Über den Tarzansteg wechseln wir nach einiger Zeit auf die linke Seite der Weißach. Unterwegs ist eine größere unangenehme Steigung zu meistern. Freuen tun sich hierüber wohl nur wenige.
Es folgt ein leichtes Auf- und Ab durch zumeist schattigen Wald und vor Steibis eine weitere Verpflegung. Ich trinke jeweils mehrere Becher Cola, da kommen für einige Meter wieder ungeahnte Kräfte zurück. Leider verflüchtigen sich diese auch wieder rasch. Der Kampf geht weiter. In Steibis erfrischt nochmals eine Dusche an der Straße.
Hinunter geht es im Laufschritt. Der Weg bis zur Verpflegung in Weißach ist bekannt, die Steilstücke fordern jedoch jeden Muskel und viel Motivation. Aber ich bleibe im Laufrythmus. Das 35-km-Schild wird passiert. Zur Aufmunterung steht auch noch drauf: „noch 7 KM“. Ich wäre nicht von selbst drauf gekommen, nehme den Hinweis aber dankbar als Motivationsstütze auf.
In Weißach verläuft der weitere Rückweg nun anders als der Hinweg. Eine Schleife führt uns nach Bad Rain. Ich muss mich schon zum Laufen zwingen. Im Grunde freue ich mich über jede Steigung die kommt. Dann hab ich ein Alibi zum Gehen. O.k., zwei, drei Meter gehe ich nun die ich normal auch hätte laufen können. In Bad Rain liegen einige wohlgenährte Mitmenschen im Hallenbad, ein Kellner bringt draußen einige halbe Bier zu Gästen und ich laufe weiter. Eine Dusche ist des Läufers Vergnügen hier, die nächste kurze Steigung wartet und ich weiß, es geht nun zurück nach Oberstaufen.
Noch etwas durch schattigen Wald und durch sonnige Wiesen, eine Verpflegung am Ortseingang, B 308 über die Brücke queren, vorbei am Erlebnisbad Aquaria und noch einmal am Ortsrand leichte letzte Steigungen und Gefälle. Dann bin ich schon im Kurpark auf bekanntem Hinweg.
Zugegeben, die letzten Meter parallel zur Bahn und dann vorbei am Sporthotel des ehemaligen Fußballnationalspielers Karl-Heinz Riedle zur Sportanlage Kalzhofen fallen sehr schwer. Vor mir keiner, hinter mir keiner zu sehen. Dafür kommen mir schon Glückliche mit den schönen roten Finishershirts entgegen und muntern mich auf. Ich gehe einige Meter. Ich möchte noch Kraft haben um die letzten dreihundert Meter auf der Tartanbahn der Sportanlage „in Würde“ laufen zu können.
Dann ist es vollbracht. Nach knapp unter sechs Stunden laufe ich unter dem Zielbogen über die Matte und – richtig, hole mir erst einmal ein kühles alkoholfreies Bier. Nicht aus dem Münchner Norden sondern aus dem Hohen Norden, das grüne mit der Schiffswerbung. Egal, es schmeckt und tut gut. Ebenso die Kekse und Stücke von Wassermelonen. Genau das Richtige bei dem Wetter.
Selten habe ich mich so gefreut, einfach nur im Ziel zu sein wie bei dem heutigen Hitzelauf.
Zusammen mit Barbara, die ihre Altersklasse im Zwei-Drittel-Marathon gewinnt, warte ich auf Jens. Er hat sich in Oberstaufen noch etwas „umgesehen“ und macht einige Meter mehr als nur 42,195 km. Er ist halt ein echter Ultra. Aber auch er findet letztlich das Ziel und einige Getränke später ist auch Jens wieder wohlauf.
Im Schatten der Sporthalle haben die Veranstalter ein Public Viewing eingerichtet. Schließlich ist Fußball-Weltmeisterschaft und 16 Uhr beginnt das Viertelfinale Deutschland – Argentinien. Die Siegerehrung findet diesmal etwas weniger Zuspruch. Der Läufer und die Läuferin schauen jetzt lieber ins ferne Südafrika. Jens und ich gehen erst mal duschen. Dem 4:0 Sieg von Jogis Kickern über Diegos an diesem Tag überforderte und von Gottes Hand verlassene Gauchos schauen wir danach in der Endphase zu.
Absolut empfehlenswerter Lauf, nichts für Anfänger, sehr hart vor allem durch steile Abstiege. Gute Organisation, abwechslungsreiche Strecke, günstiges Preis-Leistungsverhältnis, bei Anmeldung bis zum 15.06. gibt’s für 38,00 € Freikarten für die Bergbahnen zum Hochgrat, Imberg und Hündle, dazu eine Freifahrt auf der Hündle-Rodelbahn und eine Tageskarte für das Erlebnisbad Aquaria. Dazu bekommt man ein schönes Funktionsshirt.
Mit Jens war ich am Abend beim Italiener rasch einig: Auf eines Neues beim nächsten Alpin-Marathon in Oberstaufen am ersten Samstag im Juli 2012. Vielleicht schaffen wir es ja dann einige Tage länger im schönen Allgäu bleiben und die vielen Freikarten abfahren und abschwimmen zu können.
Eine Bitte an alle Leser:
Wie ihr lesen konntet, bin ich vom Lauf begeistert. Bitte gibt die Infos zum Lauf an mindestens eine Lauffreund oder eine Lauffreundin weiter. Wer weiß, vielleicht sind 2012 dann einige Läufer mehr am Start. Für den Lauf und die engagierten Veranstalter würde es mich freuen.
Sieger
Frauen
1. Ildikó Wermescher, Ungarn 4.32,59 Std.
2. Barbara Guranti, Kempten 4.33,00 Std.
3. Monika Zappe, Germaringen 4.45,21 Std.
Männer:
1. Anton Philipp, Haglöfs 3.30,56 Std.
2. Meinrad Briechle, Maierhöfen-Grünenbach 3.48,42 Std.
3. Wolfram Bömer, Waldenbuch 3.58,50 Std.
03.07.10 | Hochzeitslauf über Falken und Hochgrat |
Bernie Manhard |