Zur dritten Auflage des Arberland Ultra Trails gibt es einige Änderungen, so wurde u.a. die Strecke neu gestaltet. Die Konsequenz davon ist eine Verlängerung des Ultra Trails auf etwa 63 Kilometer, auf denen jetzt rund 2600 Höhenmeter zusammenkommen. Viele „alte“ Streckenabschnitte finden sich auch in der neuen Runde wieder, aber in anderer Reihenfolge oder auch mal in entgegengesetzter Laufrichtung. Dazu natürlich auch ganz neue Sequenzen. Neue Strecke, neues Glück? Schau mer mal. Ich bin gespannt.
Absolut neu ist der Start- und Zielbereich, der vom Marktplatz in Bodenmais ins „ARBER Hohenzollern Skistadion“ am Großen Arbersee verlegt wurde. Das Stadion ist nach dem Fürsten von Hohenzollern benannt, der gleichzeitig auch Grundstückseigentümer ist. Hier befindet sich das Landesleistungszentrum des Skisports mit den Aufgaben Talentsichtung, Nachwuchsförderung und Förderung des Leistungssports, vornehmlich aus den Bereichen Biathlon und Langlauf. Der IBU Cup der Biathleten ist hier öfters zu Gast.
Neben dem Ultra Trail gibt es noch den Auerhahn Trail, jetzt fast in Marathonlänge mit 41 km und 1400 HM, sowie den Arberseewand Trail mit 16 km und 600 hm. Die beiden kürzeren Strecken sind in die große Runde integriert. Eine erste Schleife, die gleich zu Beginn über den Großen Arber und wieder zurück zum Stadion führt, ist identisch mit dem Arberseewand Trail. Die Mittelstrecke trennt sich etwa bei km 37 vom Ultra Trail, der dann anschließend noch ein zweites Mal, aber auf einem ganz anderen Aufstieg über den Großen Arber führt.
Seit Monaten sind alle 600 Startplätze ausgebucht, wer mal dabei sein möchte, sollte also voraussichtlich auch für 2019 nicht allzu lange mit einer Anmeldung zögern. Die einzige Möglichkeit um heuer noch an eine Startmöglichkeit zu gelangen, war über eine Startplatzbörse, auf der immer wieder mal Plätze angeboten werden.
Auch auf den neuen Strecken gibt es wieder einige Zeitlimits zu beachten, besonders beim Ultra Trail sind mehrere Hürden eingebaut. Eine Verlängerung von einer Stunde auf jetzt 20 Uhr wurde uns noch kurzfristig vor einigen Tagen übermittelt. Insgesamt hat man jetzt 13 Stunden Zeit, um die Ultra Trail Strecke zu bewältigen. Das hat eine Stirnlampenpflicht ab 18 Uhr zur Folge. Den schwierigen Schlussabstieg vom Großen Arber will man dann niemanden mehr ohne Lampe durchführen lassen. Die Stirnlampen werden im Vorfeld nicht kontrolliert, wer sich sicher ist, vor 18 Uhr den Arber zu passieren, der braucht auch keine mitzuführen.
Bei hochsommerlichen Temperaturen bis fast 30 Grad machen wir uns auf den Weg in den Woid. Das Skistadion unterhalb des Großen Arbers liegt nur mehr wenige Kilometer von der Tschechischen Grenze entfernt zwischen Bodenmais und Bayerisch Eisenstein. Die Parkplatz-Situation ist entspannt, das war bei den vorherigen Austragungen mit der Abwicklung in Bodenmais nicht so optimal. Also hier schon mal ein großes Plus für den Startortwechsel. Zudem werden am Raceday auch noch Shuttlebusse eingesetzt, die Läufer aus Bodenmais ins Stadion befördern. Alles was benötigt wird um die Veranstaltung abzuwickeln, ist auf dem riesigen Gelände untergebracht. Eine Sportartikelmesse ist ebenso vor Ort, wie ein Pool und sogar eine mobile Fasssauna, die morgen angeheizt wird. Also, alles da und richtig schön zentral. Wirklich toll.
Wettermäßig hat uns aber scheinbar das Glück verlassen, der „Endless Summer“ verabschiedet sich leider wie vorhergesagt. Am Abend zieht es bereits langsam zu und in der Nacht wird es stürmisch, Sturmtief Fabienne fegt über Deutschland und lässt auch den Bayerischen Wald nicht aus. Im Hohenzollern Skistadion fliegt ein Pavillion durch die Luft und dazu auch einige Streckenmarkierungen. Glücklicherweise habe ich mir auch einige wärmere Klamotten eingepackt und ziehe mir am Start eine dünne Jacke über.
Eine Regenjacke ist natürlich auch Teil der Pflichtausrüstung, die ist mir aber dann doch entschieden zu warm und es gibt auch keine Niederschläge mehr. Kontrolliert wird auch, vor dem Eingang in den Startkanal dürfen einige der vorgeschriebenen Ausrüstungsteile vorgezeigt werden. Wichtig ist auch das rote Bändchen mit der Notfallnummer, das wir um das Handgelenk tragen müssen.
Um Punkt 7 Uhr wird der Ultra Trail gestartet, angeführt vom Zwiesler Spielmannszug. Am Ende der Zielgeraden biegen die Musikanten ab und für uns geht das Rennen nach etwa 100 neutralisierten Metern richtig los. Die ersten 3,5 km führen mit mäßigen Steigungen bis zur Talstation der Fürstlichen Hohenzollernschen Arber-Bergbahn. Gut, um schön warm zu werden. Bei Schnee sorgen hier eine Sechser-Gondelbahn, zwei Sechser-Sesselbahnen und drei Schlepplifte für perfektes Wintervergnügen. Wir benötigen natürlich keine Aufstiegshilfen und umlaufen das komplette Skigebiet. Auf einer Schotterstraße geht es noch relativ kommod nach oben.
Kurz vor dem Gipfel empfangen uns Johannes Weinberger und ein Kollege von den „Bajunarrischen“ mit der Steirischen und dem Barriton. Ja, a bisserl narrisch muss man schon sein, um mit der kurzen Ledernen bei etwa 4 Grad und eisigem Wind für uns hier Musik zu machen. Das werden sie aber wahrscheinlich auch von uns denken. Aber das hat was, toller Einsatz der Musiker. Ganz oben am Gipfelkreuz gibt es für uns gerade nichts zu sehen, die Wolken hängen sehr tief und es zieht wie Hechtsuppe. Momentan kein guter Ort, um sich länger aufzuhalten. Nix wie wieder runter vom Gipfel.
Ein herrlicher Singletrail führt uns rüber zum Mittagsplatzl. Etwas tiefer im Wald ist es gleich wieder deutlich angenehmer. Nur kurz geht es runter. Ein verblockter Steig führt uns nach 10 km wieder hoch zum Mittagsplatzl (1340 m). Ein paar Meter unterhalb unserer Laufstrecke an der Felsenkante, hat man einen wunderbaren Blick auf den Großen Arbersee und unseren Startplatz. Ein kleiner Abstecher, der sich lohnt, bis in den Böhmerwald und zum Großen Falkenstein reicht die Aussicht. Das Mittagsplatzl wird oft auch als schönstes Fleckerl im ganzen Woid bezeichnet und das ist doch allemal einen kurzen Stopp wert.
Auf wechselnden Untergründen, aber sehr gut laufbar, geht es 500 Höhenmeter abwärts. Früh am Morgen sind bereits einige Pilzsammler unterwegs. Ich werfe mal einen Blick in den Korb. Bin kein Kenner, aber ich meine, da sind schon ein paar Steinpilze und Braunkappen im Fundus. Am Großen Arbersee werden wir kurz auf die Wettkampf- und Trainingsstrecken geleitet, die um das Stadion führen und anschließend zum Zieldurchlauf. Nach 16 km ist die erste Schleife beendet, das Zeitlimit beträgt für uns 3 Stunden. Das ist locker zu schaffen. Die Läufer/innen des Arberseewand Trails werden um 11 Uhr auf diese Runde geschickt. Die Teilnehmer des Auerhahn Trails sind bereits weg, sie wurden vor ein paar Minuten um 9 Uhr auf die Strecke geschickt. An der ersten Verpflegungsstelle können wir uns erstmal stärken.
Links liegt die Schießanlage der Biathleten. Schon interessant, wie klein die Ziele sind, wenn man das mal vor Ort sieht. Wir drehen noch eine Ehrenrunde im Stadion. Nach dem Eingangstor werden wir über die Brennesstraße geleitet und es geht weiter abwärts bis zum „Großen Regen“. Über 4 Kilometer laufen wir direkt am Ufer des kleinen Flusses entlang. Meistens im Wald, aber auch mal auf der Wiese. Gefühlsmäßig eigentlich flach, tatsächlich aber meist ganz leicht abfallend. Straßenüberquerungen sind von der Feuerwehr gut abgesichert. Am Ortsende von Regenhütte wartet die zweite VP (km 24) auf uns und die hat es in sich. Kuchen soweit das Auge reicht. Wahnsinn. Wahrscheinlich frisch aufgefüllt für das Feld der 41er. Wir halten uns schadlos.
Anschließend geht es wieder lange bergauf. Jan und ich sind ziemlich genau 4 Stunden unterwegs, als uns der Spitzenreiter der Mittelstrecke mit deutlichem Vorsprung vor seinen Kontrahenten an der Steigung überholt. Die Läufer und Läuferinnen des Auerhahn Trails beleben die Runde spürbar. Auch wenn wir auf den schmalen Trails immer wieder Platz machen müssen, finde ich es sehr interessant die vorbei flitzenden Sportler zu beobachten und auch zu fotografieren. Die führende Dame geht kurz vor VP 3 (km 31) an mir vorbei.
Am Wanderparkplatz Schöneben herrscht prächtige Stimmung, viele Zuschauer haben sich hier eingefunden und feuern uns an. Nix zu meckern gibt es an der Verpflegung. Hier wird so ziemlich alles angeboten. Kuchen, Riegel, Gels, Obst, Tomaten, Süßes und auf dem Grill liegen Bratwürstel. Dazu kann man auch einen Becher „Arber Spezial“ bekommen. Der Cut Off ist beim Ultra Trail um 13 Uhr, zwei Stunden später für die Teilnehmer des Auerhahn Trails. Jan und ich haben eine Stunde Guthaben, so brauchen wir nicht in Stress verfallen und können uns dem Büffet widmen.
Vor uns liegt jetzt eine 4 Kilometer lange Schleife über den Silberberg, die uns wieder hierher zurückführt. Auf dumme Gedanken sollte aber keiner kommen, eine Zeitmessmatte kontrolliert den Abschnitt. Zudem würde man auch ein echtes Highlight verpassen. Bis zum Gipfelkreuz des Silberberges (955 m) geht es nicht sonderlich weit hoch, etwa 100 HM ab Labestelle.
Wir laufen am historischen Besucherbergwerk vorbei. Bergleute aus aller Herren Länder schürften bereits im 12. Jahrhundert nach Erz. Das Hauptaugenmerk lag aber bis 1542 auf dem Silberabbau, später wurde angefangen, Erze zu rösten, um Eisenvitriol und Kupfervitriol zu erhalten. 1962 fuhren die Bergleute zur letzten Schicht ein. Das komplette Streckensystem im Bergwerk hat eine Länge von etwa 20 km. Ganz tief im Innern liegt ein Therapiestollen, durch den schon tausende von chronischen Asthma- und Atemwegspatienten eine langfristige Linderung ihrer Beschwerden erfahren haben. Die Luft des Stollens ist absolut pollen- und allergenfrei.
Vor dem Bergwerk haben wir einen herrlichen Blick hinunter nach Bodenmais und das angrenzende Zellertal. Eine weitere Attraktion erwartet uns etwas unterhalb des Gipfels. Wir durchqueren die „Gottesgab“, eine mittelalterliche Übertageabbaustätte. Das Erzrösten geschah früher direkt am Berg. Davon zeugen noch heute der rot gefärbte Weg und diverse rote Plätze. Das gewonnene Erz wurde anschließend zu Waffen und Feldwerkzeugen verarbeitet. Wir müssen hier auch etwas klettern, das macht echt Spaß.
Bis ganz ans Gipfelkreuz gelangen wir nicht, kurz vorher geht es wieder runter und zurück zum VP Schöneben. Dort hält der Grillmeister jetzt mit Käse überbackenes Brot als Schmankerl bereit. Das wird heute mal wieder nichts mit einer negativen Kalorienbilanz.
Nach 37 km überqueren wir die Arberseestraße, kurz danach erfolgt die Streckentrennung vom Auerhahn Trail. Wer jetzt bereits genug hat, könnte theoretisch auf die 41er-Strecke ausweichen und direkt ins Ziel laufen. Ein längerer Abschnitt führt uns auf dem Panoramaweg zu den Rieslochfällen (km 44). Wir sind gerade eine kleine Gruppe und nützen diesen herrlichen Aussichtspunkt für ein paar Fotos. Über mehrere Kaskaden hinweg stürzen die Rieslochfälle über 50 Meter zu Tal und sind somit die höchsten Wasserfälle des Bayerwaldes. Feuchtkühles Klima fördert hier üppiges Mooswachstum auf den Felsen, wunderbar anzusehen.
Auf Schotter und Asphalt geht es fast 5 km toujours bergab. Mein Oberschenkel zwickt, ich muss etwas langsamer machen. Fast am Ortsrand von Bodenmais wartet nach 53 Kilometern VP 5. Mittlerweile ist es angenehm warm geworden und die Sonne zeigt sich öfter, so kann ich meine Jacke einpacken. Ein reichhaltiges Angebot erwartet uns wieder an der Labe. Hopfenspezialitäten stehen ebenfalls zur Verfügung, ich genehmige mir einen Schoppen. Muss ja etwas trainieren, nächste Woche steht nochmal ein ganz besonderer Marathon für mich an, wo das schon von Vorteil sein kann. Zudem benötigen wir für unseren anstrengenden Schlussabschnitt noch etwas Power.
Uns steht jetzt der letzte Anstieg des Tages bevor. Etwa 10 km sind es bis zum Gipfel des Großen Arbers. Nicht sonderlich steil geht es vorerst auf Waldwegen und schmalen Pfaden nach oben. Ein Stück führt am wildromantischen Moosbach entlang. Das Rauschen des Hochfalls ist bereits in einiger Entfernung zu vernehmen. Etwa 30 Meter bevor wir den Holzsteg vor dem Hochfall erreichen, zweigt unsere Strecke nach oben ab. Den Abstecher lassen sich Jan und ich natürlich nicht entgehen, es sind immerhin die zweithöchsten Wasserfälle im Bayerischen Wald.
Um 16.45 Uhr erreichen wir kurz vor dem Enzian (1285 m) VP 6 am Hüttlschachten. Ab 18 Uhr darf hier nur noch mit Stirnlampe weitergelaufen werden. Da Thema ist für heute durch, kurz hinter uns folgt bereits der Schlussläufer mit den letzten Teilnehmern.
An der Enzianwiese gelangen wir auf den Premiumwanderweg Goldsteig, dem wir bis zum Großen Arber folgen. Vor uns liegt bereits die markante Erhebung des Kleinen Arber im Blick, ein kurzer, steiler Anstieg führt direkt über das Gipfelkreuz. So steil wie hinauf, geht’s auch wieder runter bis zur Chamer Hütte. Bevor wir zum finalen Gipfelsturm ansetzen können, müssen wir den Großen Arber aber noch etwa anderthalb Kilometer umrunden. Über die Himmelsleiter mit über 150 Holzstufen geht es steil hinauf zum Gipfel des Königs des Bayerwalds (km 59). Was für ein Unterschied zur Überquerung heute Morgen. Jetzt herrscht wieder wunderbares Spätsommerwetter.
Die letzten vier Kilometer hinunter bis ins Ziel sind mir noch von meinem ersten Besuch in zweifelhafter Erinnerung, wunderschön, aber für mich absolut nicht laufbar. Ich weiß nicht so recht, ob ich mich darauf freuen soll. Zudem zickt mein rechter Oberschenkel wieder etwas, somit kann ich Jan bergab nicht folgen. Der verblockte Steig ist mit äußerster Vorsicht zu genießen, hier möchte ich zum Abschluss nicht noch einen Sturz riskieren. Also gehe ich den Abstieg nur sehr defensiv an. Immerhin, ich komme heil unten an. Auf der „flamme rouge“ kann man es nochmal laufen lassen.
Im Ziel wird uns heuer ein buntes Kristallglas mit Eventlogo als Finishergeschenk überreicht, das kann anschließend mit einem Finisherbierchen gefüllt werden. Im Festzelt läuft gerade die Siegerehrung. Jan und ich werden schnell hineingebeten, wir dürfen auch auf’s Stockerl.
Neue Strecke, neues Glück? Ohne jeden Zweifel. Die neue Streckenführung gefällt mir sehr gut, wunderschöne Trails, außergewöhnlich üppige Versorgungsstationen, alle Höhepunkte im näheren Umkreis sind integriert und auch der Umzug ins Arber Skistadion hat sich meiner Meinung nach ausgezahlt. Positiv finde ich auch die Verlängerung des Zeitlimits auf 13 Stunden, auch wenn die Orga & Helfer heuer keine Überstunden machen müssen, so können auch etwas langsamere Läufer/innen das Ziel erreichen. Da gibt’s nix zu meckern.