Hoch thront der Große Arber mit seinen 1.456 Metern Höhe über dem Bayerischen Wald. In einer Urkunde von Kaiser Konrad II. aus dem Jahr 1029 taucht er erstmals unter der Bezeichnung Monte Hadauit auf. In einer großen Vielfalt an unterschiedlichen Schreibweisen, wie etwa Adwich, Hädweg oder Ätwa wird er im weiteren Verlauf der Jahrhunderte ganz unterschiedlich benannt, bis sich der Name Arber im 19. Jahrhundert etabliert. Heute ist ein ganzes „Land“ nach ihm benannt.
Der Begriff „‚Arberland“ ist vorerst aber nur die touristische Bezeichnung für den Landkreis Regen. Mit einem Waldanteil von 63% ist er der waldreichste Landkreis Bayerns. Ein findiger Politiker kam jüngst auf die Idee, man könnte vom Bekanntheitsgrad des Arbers noch mehr profitieren, wenn man gleich den kompletten Landkreis auf Arberland umbenennen würde. Ob was daraus wird, ist soweit ich weiß noch offen.
Für die Veranstaltung ARBERLAND Ultra Trail, die heuer seine Premiere feiert, trifft selbiges zu. Aber da bin ich äußerst positiv gestimmt, wie es das Nachbartal im Lamer Winkel schon bewiesen hat. Die anspruchsvollen Trails im Bayerischen Wald rund um die Arbergipfel sind einfach prädestiniert für tolle und spannende Laufveranstaltungen. Während bei der Nachbarveranstaltung überwiegend die nordöstlichen Berge und Trails beackerten werden, führt die Strecke beim Arberland Ultra Trail südwestlich des Arbers entlang. Mit Start und Ziel und dem kompletten Veranstaltungszentrum in Bodenmais.
Zwei Distanzen werden angeboten. Da wären einmal der Arberland UltraTrail als längste Strecke mit fast 60 Kilometern, bei dem mehr als 2.500 Höhenmeter über 7 Gipfel zu bezwingen sind. Knapp 35 km und 1.500 hm weist der AuerhahnTrail auf, die aber mit Sicherheit auch nicht zu unterschätzen sind. Noch kürzer geht es nur im Rahmen der Ultra Trail-Staffel. Hier teilen sich drei Läufer die 60 km Strecke.
Viele leben im Arberland von Holzschnitzerei und Schnapsbrennerei. Hochprozentiges u.a. aus Bärwurz und Blutwurz ist hier zu Hause. Haupterwerbsquelle in Bodenmais scheint aber in erster Linie die Glasherstellung und –veredelung zu sein. Am Ortseingang von Bodenmais empfangen uns bunte Glaskreationen, die auf die hohe Kunst der Glasbläserei hinweisen. Die Hauptstraßen sind durchgängig dekoriert mit Glaskunst. Eine der bekanntesten Glashütten konnte vom Veranstalter als Sponsor gewonnen werden, der zugleich auch die Herstellung der Glasmedaillen für die Finisher übernimmt.
Im Pfarrzentrum von Bodenmais steigt am Freitag die Pasta-Party, das Race-Briefing und der Empfang der Startunterlagen. Alles in allem haben sich etwas 500 Läufer und Läuferinnen für die Premiere angemeldet. Wer am Freitag frühzeitig dran ist, kann sich noch ein Paar Testschuhe ausleihen und eine Einlaufrunde drehen. Nachmeldungen und Ummeldungen sind noch bis 20 Uhr möglich, was auch einige noch beim vorhergesagten traumhaften Laufwetter kurzfristig wahrnehmen.
Neben Startnummer, Startnummernband, Stirnband, Speisen-Gutschein und ein paar Flyern befindet sich auch noch ein eher unscheinbares Heftchen in unserem Startersackerl, das leicht als Werbung durchgehen könnte. Aber beim genauem Durchblättern merkt man schnell: Die Lektüre hat es in sich. Fünf Trails aus der Gegend, darunter auch die beiden morgigen Wettkampfstrecken, werden mit Streckenkarte, Höhenprofil und genauer schriftlicher Beschreibung aufgeführt und können so jederzeit nachgelaufen werden. Dazu noch Einkehrmöglichkeiten während der Touren und weitere Trailrunning-Tipps. Eine tolle Sache, finde ich.
Große Klasse ist auch die Pasta-Party. Neben Nudeln werden auch Reis, Kartoffeln, verschiedene Soßen und ein Salatbüfett angeboten. Zu guter Letzt gibt es auch noch Apfelstrudel mit Vanillesoße als Nachspeise und ein Softgetränkt. Und alles schmeckt wirklich hervorragend.
Um 19.30 beginnt das Racebriefing. Stefanie Felgenhauer vom Veranstalter Woidläufer Bodenmais macht es nicht ganz freiwillig kurz und bündig, Weil nach einem Beamer-Ausfall keine Streckenkarten mehr auf der Leinwand gezeigt werden können. Die für die Pflichtausrüstung vorgesehenen Streckenpläne sind ebenfalls einer Panne zum Opfer gefallen und müssen jetzt nicht mehr mitgeführt müssen. So sind wir dann wieder ausschließlich auf eine gute Ausschilderung angewiesen. Es sei denn, jemand hat sich die auf der Website bereitgestellten GPX-Daten auf sein GPS hochgeladen.
Der Start für den Ultra Trail erfolgt um 7 Uhr im Morgengrauen auf dem Marktplatz von Bodenmais. Zuvor erfolgt die Kontrolle der Pflichtausrüstung. Wichtigste Details die mitzuführen sind, wie Mobiltelefon, Regenjacke und Notfallset, sind vorzuzeigen. Zudem hat jeder ein Bändchen mit aufgedruckter Notfallnummer – das den Startunterlagen beigefügt war – am Handgelenk zu tragen. Mit den Staffelstartern stehen etwa 180 Teilnehmer an der Startlinie des Ultra Trails. Pünktlich und ganz unspektakulär wird gestartet. Nach ein paar Metern biegen wir nach rechts ab, auf die Hauptdurchgangsstraße. Der erste Kilometer führt leicht bergab durch Bodenmais.
Auf gemischten Untergründen geht es weiter über die Talstation der Bergbahn hinauf zum Silberberg, dem Hausberg von Bodenmais. Neben dem Eingang zum Erzbergwerk werden wir von der Bergknappen-Kapelle mit einem Ständchen empfangen. Im historischen Bergwerk wurde bereits im 12. Jahrhundert Erz gefördert. Das Hauptaugenmerk lag aber bis 1542 auf dem Silberabbau, dann trat immer mehr die Vitriolgewinnung in den Vordergrund. Ab 1700 gewann die „Rote Farbe“ an Bedeutung, das Eisenoxid diente zum Schleifen von Spiegeln und optischen Gläsern. 1962 fuhren die Bergleute zur letzten Schicht ein. Das komplette Streckensystem im Silberberg hat eine Länge von etwa 20 Kilometer.
Heute ist das Bergwerk für Besucher geöffnet und man kann an Führungen teilnehmen. Ganz tief im Innern liegt zudem ein Therapiestollen, durch den schon tausende von Asthma- und Atemwegspatienten eine langfristige Linderung ihrer Beschwerden erfahren haben. Die Luft des Stollens ist absolut pollen- und allergenfrei, verfügt über eine hohe relative Feuchte und eine angenehme Kühle. Die finden wir heute Morgen auch vor und unsere Lungen werden ebenfalls gut durchgelüftet.
Ein weiteres Schmankerl erwartet uns einige hundert Meter später. Es geht durch eine imposante Höhle, eine ehemalige Übertageabbaustätte. Zwei Fackeln beleuchten unseren Weg. Coole Sache. Eine kleine Kletterpartie führt uns wieder aus dem Durchgang hinaus und weiter Richtung Gipfel, den wir etwas unterhalb des Gipfelkreuzes passieren. 955 Meter ist der Silberberg hoch, wegen seiner zwei Gipfel wird er auch Bischofshaube genannt. Den ersten von sieben Gipfeln können wir abhaken.
Dann geht es in einem Rutsch wieder nach unten. Oberhalb der südlichen Ortseinfahrt von Bodenmais unterqueren wir die Staatsstraße. Nach 9 km erreichen wir eine erste Getränkestation mit Wasser und Tee. Unser zweiter Gipfel liegt auf dem Kronberg (km 11). Am Schnittpunkt unterhalb begegnen wir den knapp 3 Kilometer vor uns liegenden Trailern. Eine Schleife führt uns über das Gipfelkreuz. Viel zu sehen gibt es ganz oben nicht, da er fast vollständig bewaldet ist. Nur ein paar Ausblicke durch das Geäst sind zu erhaschen, der Trail über den Gipfel ist dafür aber einfach herrlich.
Ein enger und steil abwärts führender Pfad führt uns zu einer Schotterstraße, wo wieder etwas Tempo aufgenommen werden kann. Kurz nach dem Gutshof Harlachberg ist die erste große Versorgungsstation (km 15) eingerichtet. Ich bin froh, endlich ein richtiges Frühstück einnehmen zu können. Das Angebot ist reichhaltig und vielfältig.
Der Aufstieg zur Harlachberger Spitze ist steil, aber nicht sonderlich lang. Hier gibt es einen schönen Panoramablick. Ein Helfer schickt uns wieder in den Woid auf einen langen Downhill. Wunderbar ist dieser zu Laufen. Auf weichem Waldboden schlängelt sich der Trail gut drei Kilometer abwärts. Genau nach meinem Geschmack: Nicht zu steil und auch technisch nicht sonderlich schwierig, hier könnte man es schön laufen lassen. Ist bei mir heute aber etwas schwierig …die Achillessehne. Vor Böbrach überqueren wir eine Staatsstraße und es geht durch ein kurzes Waldstück steil aufwärts. Eine Forststraße führt uns leicht steigend Richtung Sternknöckel.
20 Kilometer liegen hinter uns, einige überholen mich beim Anstieg, das Läuferfeld hat sich wieder etwas zusammengeschoben. Neben mir taucht ein Läufer mit Plastiksack und einer Begleiterin auf, die beiden sammeln bereits die Bändchen der orangefarbenen Streckenmarkierung ein. Ich bin etwas verwundert und frage ihn, ob er der Besenläufer ist. Ja, tatsächlich, ich bin gerade letzter Läufer im Feld. Ist mir auch noch nie passiert. Hochgerechnet zum ersten Cut-Off bei km 24 liege ich etwa 45 Minuten vor dem Zeitlimit. Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich erfreut darüber bin. Das setzt mich jetzt doch etwas unter Druck, der mir mit meinen Achillessehnenproblemen überhaupt nicht in den Kram passt. Bei dem großen Abstand zum Cut könnte das Einsammeln der Markierungen meiner Meinung nach schon etwas diskreter geschehen, mit etwas Abstand hinter dem Läuferfeld.