Was vor 20 Jahren mit knapp 300 Läufern anfing, hat sich seitdem zum größten Volkslaufevent im Kreis Lippe/NRW entwickelt: Der LC 92 Bad Salzuflen konnte zur 20. Auflage des Bad Salzuflen Marathons am Samstag, 25. Februar, erneut rund 1.500 Läufer in die Badestadt locken. Wieder einmal mußte die Anmeldephase frühzeitig beendet werden. Ausgebucht!
Die 54.000-Einwohner-Stadt liegt im Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge und damit im Einzugsbereich des hochgeschätzten Hermannslaufs, dessen 41. Ausgabe Ende April bevorsteht. Auf seiner Internetseite empfiehlt er auch unseren heutigen Lauf zur Vorbereitung. Warum?
Hauptanziehungspunkt des Bad Salzuflen Marathons ist das Baukastensystem. Die Starter haben in Bad Salzuflen mit dem Marathon nämlich fünf Möglichkeiten, ganz individuell ihr Leistungsziel zu erreichen und zufrieden nach Hause zu gehen. Die Läufer können sich auf der Strecke entscheiden, ob sie im Anschluss nach einem „Zubringer“-km je nach Tagesform oder Trainingsplan 18, 26, 34 oder 42 km zurücklegen und so „mit System“ zu ihrem persönlichen Erfolg kommen. Am Ende der Acht-Kilometer-Runde steuern die Teilnehmer über den Zubringer zurück das Ziel an und bekommen ihre Distanz mit der Zeit dokumentiert. Das Baukastensystem des LC 92 ist nahezu einmalig in Deutschland und taugt super als Ausrede, wenn man die fünf Runden zwar angepeilt hat, zwischendurch aber schwächelt und aussteigt.
Startpunkt ist die Grundschule am Elkenbreder Weg am Nordrand der Stadt. Die Laufstrecke führt rund um den Obernberg über befestigte und teilweise asphaltierte Waldwege durch den Salzufler Forst bis an die Herforder Stadtgrenze. Glücklicherweise hat sich der strenge Frost der vergangenen Wochen in den letzten Tagen vollständig verdünnisiert. Angesichts der Jahreszeit darf man schon fast von idealen Laufbedingungen sprechen, auch wenn der Regen der vergangenen Tage den Boden doch ordentlich aufgeweicht hat. Immerhin hat man hier schon alles erlebt, vor zwei Jahren mußte die Veranstaltung wetterbedingt sogar um einige Wochen verschoben werden. So läuft es sich bei rund 7° und rarem Sonnenschein doch schon erheblich entspannter und angesichts fehlender Vermummungen kann man seine Mitstreiter auch wieder in voller Schönheit bewundern. Vor allem die Mitstreiterinnen.
Leider bekommen wir von der reichhaltigen Geschichte der attraktiven Geburtsstadt Jürgen von der Lippes während des Laufs nichts mit. Getreu seiner Namensherkunft Uflon, d.h. „am Wald“ im Althochdeutschen, sind wir nämlich flugs in selbigem verschwunden. Nichts sehen wir von den neun ab 1889 erbohrten Trink-, Thermal- und Solequellen, Stadtmauer mit Wehrtürmen oder den zahlreich erhaltenen Fachwerkgiebelhäusern. Wirklich schade, aber als Veranstalter weiß ich selber, daß ein Lauf in der Stadt erheblich mehr Aufwand, auch finanziellen, erfordert.
Gut, daß ich heute nicht alleine unterwegs bin. Markus begleitet mich wieder und neben kurzweiliger Unterhaltung sorgt der zehn Jahre Jüngere dafür, daß ich nicht völlig abschlaffe. Von den bekannten Gesichtern freue ich mich besonders über HaWe, der wieder mal sein phänomenales Namensgedächtnis unter Beweis stellt und mich nach anderthalb Jahren mit Namen begrüßt. Er wird heute seine Altersklasse gewinnen. Der Nikolaus ist, ganz leicht verspätet, in vollem Ornat angetreten und lacht sich schon im Vorfeld einen Ast. Als ich ihn unterwegs frage, welche Verpflegung er in seinem Sack mit sich führe, höre ich „Luftballons“. Auf den Kerl ist auch weder zeitlich noch „inhaltlich“ Verlaß.
Die Nähe zum Hermannslauf beschert uns ein ansprechendes Höhenprofil: Nicht daß 150 Höhenmeter auf 8 km Länge die Welt wären, aber so fünfmal hintereinander läppert es sich schon und geht zusätzlich zur Entfernung gut ins Bein. Also nichts für Weicheier und ich fühle mich schon als Held. Denke dann an Joes Abenteuer bei der Brocken Challenge und bin sofort wieder auf dem Teppich. So verbuche ich das unter frühes Training für Zermatt und träume von alpinen Marathons in strahlendem Sonnenschein.
Der Auftaktkilometer hat schon mal 50 Höhenmeter. Durch einige Straßen geht es noch ganz flüssig voran, aber nach Erreichen des Waldrands stockt es doch das eine oder andere Mal und man muß sich in Geduld üben. Für mich ist das kein Problem, denn ich werde während des Laufs mal nicht auf die Uhr schauen und versuchen, im Wohlfühltempo zu bleiben. Solch ein langer Trainingslauf hat doch auch etwas für sich. Die Zeitmessung erfolgt übrigens über ein mir neues Einwegsystem, das Einfädeln des Chips in den Schuh erweist sich direkt als erste Herausforderung des Tages. Die Zeitnahme ging, so wie ich informiert bin, im letzten Jahr wohl leicht ins Beinkleid, dieses Jahr aber funktioniert alles wie am Schnürchen.
So ganz im Stillen habe ich mich auf einen stinkelangweiligen Lauf eingestellt und bin vom Gegenteil sehr angenehm überrascht. Die 8 km-Runde entpuppt sich nämlich als äußerst abwechslungsreich, gut wellig bis profiliert, allerdings teilweise schwer zu belaufen. Matschpassagen um diese Zeit sind ja wahrlich nichts Ungewöhnliches, aber die lehmigen Abschnitte erinnern mich fatal an einen frisch gemachten Weg beim Röntgenlauf. Butterweicher Boden, Du sinkst zentimetertief ein, siehst den Untergrund nach allen Seiten entweichen und hast Mühe, Deine Füße zu heben. Und das macht sich bei vielen tausend Schritten auf die Dauer doch bemerkbar und zehrt an den Kräften. Da freue ich mich doch schon wieder auf das tolle Kuchenbuffet, mit dem man uns schon vor dem Lauf verwöhnt hat.
Bald überlaufen wir zum ersten Mal die Zeitmeßmatte, zusätzlich werden wir zur Sicherheit gefilmt. Das vom ChampionChip her vertraute Piepen vermisse ich direkt, aber Hauptsache, die Geschichte funktioniert. Tut sie.
Es ist wirklich eine schöne Runde, die wir hier zurücklegen dürfen, als Einheimischer wäre ich hier häufig unterwegs. Leider misslingt mir das Foto von dem Aufstieg hinter der Holzbrücke, das merke ich erst zuhause. An der ersten Verpflegungsstelle am Ende der langen Bergabstrecke gibt es Wasser (kalt) und Tee (warm), damit ist die Getränkefrage schon zugunsten des Tees geklärt. Ein uralter bemooster Grenzstein erregt meine Aufmerksamkeit und Markus klärt mich auf, daß es sich um die Lippische Rose, das Erkennungszeichen des ehemaligen Freistaats Lippe mit Detmold als Hauptstadt handelt. Das Lipperland ist heute neben Nordrhein und Westfalen der dritte und kleinste Teil von NRW und die Lippische Rose ist Teil des nordrhein-westfälischen Landeswappens. Wieder etwas gelernt.