Am 1. Mai diesen Jahres waren Norbert und ich zum ersten Mal Gäste beim Bärenfelslauf im Saarländischen Hoppstädten-Weiersbach. Der 13 km lange Rundkurs musste 4mal bewältigt werden, um in die Wertung für den Ultra zu kommen. Obwohl ich dort Vorletzte wurde, hat es mir so gut gefallen, dass ich gerne wiederkommen wollte. Der Trail ist anspruchsvoll, aber gut zu laufen, die Atmosphäre familiär und der Lauf wirklich gut organisiert.
Mit dem Termin am 14.07.2017 liegt der Bärenfels Sommertrail perfekt in unserer Saisonplanung. Es gibt einen Ultra mit 63 Kilometer, einen Marathon und auch einen Halbmarathon. Wäre das nichts für unsere Tochter Laura? Sie hat ja nun schon einige Erfahrung auf der 21 km Strecke, warum sollte sie es nicht versuchen? Zielschluss ist für alle nach 12 Stunden; so lange kann sie gar nicht brauchen. Norbert und ich werden den Marathon laufen. Einem schönen Familienevent steht also nichts im Wege.
Weil der Start schon um 8 Uhr ist, reisen wir bereits am Freitag an. Hoppstädten-Weiersbach liegt verkehrsgünstig an der A62 im oberen Nahetal in Rheinland Pfalz unmittelbar an der Grenze zum Saarland. Die Startnummern können im ortsansässigen Kebab- und Pizzahaus abgeholt werden. Robert Feller erwartet uns bereits. Aber nicht nur uns. Erstaunlich viele Läufer nutzen die Möglichkeit der vorzeitigen Startnumernausgabe. Auch für den Wirt lohnt es sich. Die meisten bleiben zum Essen und ich sehe jede Menge Riesenpizzen und Kebapteller, die über den Tresen wandern. Das Hotel in dem wir übernachten, bietet ein vorgezogenes Frühstücksbuffet für Läufer ab 6Uhr30. Wir sind begeistert von so viel Flexibilität.
Obwohl der Start nur 1,5 km von unserem Hotel stattfindet, fahren wir mit dem Auto. Wir sind spät dran und so schickt uns Stefan Feller auf den etwas weiter entfernten Werksparkplatz der Fa Fissler. Dann geht es ca. 500 m zum Tunnel unter der Autobahn hindurch und nochmal 200 m weiter bis zu einer großen Wiese. Hier gibt es die Startnummern sowie Läuferfrühstück.
Kurz vor 8 Uhr ruft Robert Feller zum Briefing. Diesmal handelt es sich um eine Runde von 21 km mit dem Bärenpfad als Kernstück, von dem dann ab und zu abgewichen wird. Große gelbe Schilder weisen den Weg. Die Marathonis laufen die Strecke zweimal, die Ultras dreimal. Unterwegs gibt es 2 VPs. Zusammen mit der Zielverpflegung müsste das ausreichen, es ist ja heute nicht so heiß.
Der Start erfolgt, das Feld setzt sich in Bewegung. Wir überqueren die alte Nahe und laufen auf dem kurzen Asphaltstück zurück zum Tunnel und biegen vorher auf einen schmalen Wiesentrail. Weil hier ist überholen nicht mehr möglich ist, kommt es zum ersten Stau. Ich habe es nicht eilig. Norbert läuft die erste Runde gemeinsam mit Laura. Sie wollen sich ebenfalls Zeit lassen und sind irgendwo hinter mir. Nun geht es extrem steil die Böschung hoch. Dann wird es flacher, wir laufen oberhalb der Autobahn entlang. Ich kenne diesen Streckenabschnitt noch vom Mai-Trail. Als es erneut steil bergauf geht, nehme ich den etwas flacheren Umweg und reihe mich oben wieder in die Läuferschlange. Ein gelber Pfeil zeigt rechts auf einen urwüchsigen bemoosten Weg. Gerade als meine Beine locker werden, geht es extrem steil bergab. Der Untergrund hier besteht aus losen Steinen. Nicht nur ich habe Probleme heil hinunter zu kommen; manche rutschen sogar auf dem Hosenboden.
Unten wird es besser. Plötzlich taucht Gernot Helferich, Mitorganisator des Laufs, vor uns auf. Er macht Fotos und feuert uns an. Hinter der Kurve steht dann noch Robert, damit ja keiner den schmalen Abzweig verpasst. Ein wunderbarer Singletrail führt an der Wiese entlang, auf der wir vorhin in entgegengesetzter Richtung gestartet sind. Ein letzter Blick und wir verschwinden endgültig im Wald. Langsam schlängelt sich der Pfad höher. Auf einem geschotterten Weg halten wir uns rechts und joggen gemütlich bergab. Rechts fließt die alte Nahe, links türmen sich hohe Felsen. Dazu ist der Weg nun nahezu flach, ich lasse es laufen.
Dann geht es auf einem asphaltierten Weg erneut oberhalb der Autobahn entlang. Unvermittelt zeigen gelbe Schilder links in den Wald. Das soll ein Weg sein? Auf dem Trampelpfad mehr gehend als laufend suchen wir eine einigermaßen gangbare Strecke; das macht Spaß. Es geht jetzt bergauf, dafür wird der Untergrund besser. Der Pfad schraubt sich höher und höher. Auf dem folgenden breiten Forstweg ist gut laufen, denn es geht bergab.
Schilder zeigen erneut einen Abzweig steil bergauf. Noch sind Läufer vor und hinter mir, so muss ich mich nicht auf die Markierungen konzentrieren. Jetzt geht es wieder bergab, ich kann eine Läufergruppe überholen. Im Augenwinkel bemerke ich Schilder links den Berg hinauf – und rechts den Berg hinunter. Ich bremse erst einmal scharf ab. Die Läufer hinter mir kennen sich wohl aus und rufen: „Es geht rechts hinunter.“ Also will ich das mal glauben. Unten führt der Weg auf eine asphaltierte Straße. Bevor wir die ersten Häuser von Nohfelden erreichen, zweigt der Bärenpfad scharf links ab den Berg hinauf. Ein Bär aus Holz hält Wache.
Im Mittelalter gab es in den Wäldern noch zahlreiche gefährliche Wildtiere. Neben dem Wolf war der Bär ein ständiger Bewohner. Gerade das Gebiet um Nohfelden wurde ein bedeutendes Jagdrevier von Fürsten und Herzögen der Region. Ihnen verdanken der Bärenfelsen, die Bärenhöhle und der Bärenpfad seinen Namen.
Es geht steil bergauf. Der Pfad ist mit Wurzeln durchzogen. Als Belohnung winkt oben eine tolle Aussicht auf Nohfelden und das umliegende riesige Waldgebiet. Meine Uhr zeigt überraschender Weise schon 7 Kilometer, so kurzweilig war die Strecke bisher. Bald müssten wir die VP am Bärenfels erreichen. Nanu, es geht bergab. Der Bärenfels müsste doch oben sein. Die Route ist eindeutig, also lasse ich es auf dem steilen Singletrail erst mal laufen. Plötzlich finde ich mich an der Kreuzung von vorhin wieder. Diesmal geht es rechts den Berg hinauf. Ich bemerke, dass die Schilder, die hinunter zeigen mit den Hinweis „Hinweg“ versehen sind, während die, denen wir nun folgen mit „Rückweg“ gekennzeichnet sind. OK, das muss ich mir merken.
Nun folgt also tatsächlich der Aufstieg zum Bärenfels. Es wird nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte, bald sind die Stufen zur Bärenhöhle erreicht. Ob hier wirklich Bären gehaust haben, ist umstritten. Das Loch zwischen den Felsen ist nicht tief. Vermutlich ging es früher mal weiter. Ich stapfe vorbei und freue mich über die abwechslungsreiche Strecke. Weiter oben kreuzen wir einen breiten Wanderweg. Dann kommt die VP bei km 8 in Sicht. Ich leere gleich zwei Becher Wasser, außerdem gibt es Salz. Dann nehme ich die kleine Kletterei auf den Fels in Angriff. Hinter der Kuppe geht es kurz, aber steil, bergab.
Wir gelangen auf den Weg, den wir vorhin kreuzen mussten. Es geht jetzt rechts bestimmt 3 Kilometer den Wanderweg entlang. Endlich weisen Schilder nach links, der Singletrail hat uns wieder. Der weiche Waldboden federt unter jedem Schritt. Bergab fordern Wurzeln und Steine meine ganze Aufmerksamkeit. Plötzlich kommt mir die Gegend bekannt vor. Da vorne müsste ein Steinbruch kommen. Und genau so ist es. Hier waren wir beim Mai-Trail in umgekehrter Richtung unterwegs.
Es geht bergab und ich lasse es mal wieder laufen. Als es am Waldrand flacher wird, kann ich die weite Aussicht über Felder und Wiesen genießen, bis es scharf rechts erneut den Berg hinauf geht. Ein schmaler Singletrail führt zu einer verlassenen Rhyolitgrube. Rhyolit ist der Grundstoff für Keramik. Seit den 70er Jahren liegt die Grube jedoch still. Wir verlassen nun den Wald. Es geht ein kurzes Stück über Felder und auf einem Wiesenweg an einem Miniwäldchen entlang. Immer bergab führt uns ein weiterer Wiesenweg zum nächsten Waldrand. Hier befindet sich ein lauschiger Birkenwald. Der moosbewachsenen Boden und die dicht stehenden kahlen Stämme haben mich bereits das letzte Mal an einen Märchenwald erinnert.
Einige Treppenstufen bringen mich bergab. Ein wurzeliger Pfad wartet bereits. Dann führt ein langer Holzsteg über den Bruchwiesenbach. Auf der anderen Seite steigt der Pfad auf zu den keltischen Hügelgräbern. Hier wurden im 19. Jahrhundert Grabbeigaben geborgen, die heute im Heimatmuseum von Birkenfeld zu sehen sind. Dahinter gelangen wir auf eine Lichtung, wo die zweite VP aufgebaut ist. Ich bin schon richtig durstig. Immer wieder kommt die Sonne heraus und es wird dann schnell warm. Gut, dass immer noch viele Wolken für insgesamt angenehmes Laufwetter sorgen. Von den angebotenen Kirschen lasse ich allerdings lieber die Finger. Das ist wohl eher für Hardcoremägen.
Hinter der VP laufen wir erneut auf einem breiten Waldweg hinunter zur etwas nach hinten versetzten „Dicke Eiche“. Das Naturdenkmal hat einen Stammumfang von mehr als 4 Metern und soll an die 600 Jahre alt sein. Wir folgen dem Weg wieder etwa 3 Kilometer. Es geht immer hoch und runter. Ich bin froh, als die gelben Schilder nach rechts auf den nächsten Trail weisen. Hier geht es nun länger steil bergab. Trotz der vielen Steine kann ich ganz schön rennen. Unten geht es rechts zwischen tief hängenden Zweigen hindurch. Mit den Händen versuche ich die kleinen Äste vom Gesicht wegzuhalten.
Nun erreichen wir wieder auf einen normalen Weg. Es geht rechts. Nach ungefähr 2 Kilometern zeigen gelbe Schilder nach links auf den endgültig letzten Single Trail der 21 km Runde. Hier ist nochmal alles dabei, was das Trailerherz begehrt: ein mit niedrigen Ginstern bewachsener Pfad, kleine Stege, kurze steile Anstiege und dann geht es durch ein Meer von kleinen Birken hindurch. Finale ist ein welliger Single Trail, auf dem ich nur kurz abbremse um zwei umgestürzte Bäume zu übersteigen.
Da öffnet sich der Wald und die große grüne Startwiese liegt vor mir. Schon von weitem kann ich den Zieleinlauf erkennen. Ich halte mich links um daran vorbei zu laufen. Gernot steht bereit, um bei den einlaufenden Finishern des Halbmarathon die Zeit festzuhalten. Ich laufe zu den Verpflegungstischen um bei Silke Helferich (geb. Feller) richtig aufzutanken. Hier gibt es alles, was man so braucht und ich merke nun, dass ich ganz schön hungrig bin. Aber nach mehreren Stücken Honigkuchen und Keksen, dazu Cola, bin ich bereit auf die zweite Runde zu gehen.
Nachdem ich auf der ersten Runde oft noch Läufer vor und hinter mir hatte, wird es nun ruhig. Beinahe verpasse ich sogar einen Abzweig, weil ich komplett in meine Gedanken versinke. Beim Aufstieg zum Bärenfels höre ich plötzlich eilige Schritte. Norbert kommt von hinten angelaufen. Nachdem Laura erfolgreich gefinisht hat, ist er nun in schnellerem Tempo unterwegs. Wegen Fußproblemen bleibt er aber nun bei mir. Das ist mir gerade recht: ich bin müde und komme nur langsam vom Fleck. Zusammen ist das doch angenehmer.
Die VP oben am Bärenfels hat aufgerüstet. Es gibt hier ebenfalls Honigkuchen, Salzstangen und Obst. Außerdem Cola und Iso. Wir machen noch ein gemeinsames Foto mit einem (Kuschel)bären. Beschwingt geht es über den Bärenfels bergab. Auch die Helferinnen der nächsten VP versorgen uns aufs Beste. Norbert machen die Kirschen wohl nichts aus. Auf dem letzten Stück kommen wir noch einmal gut voran. Vor allem bergab habe ich noch richtig Energie. Trotzdem bin ich froh, dass wir nur 2 Runden gebucht haben. Es würde mir schwer fallen, nochmal am Ziel vorbei zulaufen. Kurz vor der Zielweise überholt uns der Führende des Ultra Marco Egger. Er sieht nicht einmal angestrengt aus.
So genießen wir unser erfolgreiches Finish und freuen uns vor allem für Laura, der es auf ihrem ersten richtigen Trail ebenfalls sehr gut gefallen hat. Die erste Frau des Ultras, Birthe Hilmes, kommt mit einer kleinen Gruppe. Wir beobachten das Ganze nur aus der Ferne.
Fazit:
Schön war es. Beim Bärenfelslauf starten heißt, Laufen ohne TammTamm. Natur erleben pur. Der Halbmarathon hat mit 84 Finishern guten Zuspruch - zu Recht. Mir fällt gerade kein Lauf ein, wo man so gut Trail „üben“ kann. Weil einige Ultras die letzte Runde gespart haben, sind es leider nur 16 Finisher. Dadurch sind aber immerhin 38 Läufer in die Marathonwertung gekommen. Das ist beachtlich, weil zurzeit an jedem Wochenende hochkarätige Laufveranstaltungen stattfinden.
Auf jeden Fall brauchen sich die Organisatoren des Bärenfelslaufs nicht zu verstecken. Die tolle Strecke ist sehr gut markiert, das Startgeld angemessen, die Infrastruktur zweckmäßig, die Atmosphäre familiär, die Limits großzügig.
Ich finde es in Ordnung, wenn angesichts der schwierigen örtlichen Bedingungen in der ersten Runde nur Wasser ausgegeben wird. Für Einsteiger ist allerdings zu beachten, dass man für 8 km auf einem Trail viel mehr Zeit als bei einem Straßenlauf einkalkulieren muss. Ein eigener Getränke- und Kohlehydratvorrat ist daher unter Umständen ratsam.
Also, bis zum nächsten Mal an Heiligabend!