In der Serie „Hart aber herzlich“ sah man immer Jennifer mit ihrer 80er Jahre Mähne auf dem mächtigen Bärenfell von Jonathan liegend. In Zeiten, in denen sich Männer die Brust rasieren, um jünger auszusehen, ist man froh, dass eine herzliche Familie dies durch ein gesundes Läuferleben erreicht.
Weit im Westen der Republik, in den Ausläufern des Hunsrücks, zwischen Rheinland-Pfalz und Saarland liegt Deutschlands Trail-Paradies, betrieben von der Familie Feller. Jutta und Franz haben nicht nur die Frisuren, sondern auch die Kleidung über die Jahre gerettet. Unpassend ist nur die Reklame für die Toupet-Firma auf den Trikos des LTF Marpingen. Robert und Andrea, die während eines Marathons geheiratet haben, sowie Silke und Gernot, Stefan und Sigrid, die Enkel Patrick, Eva-Maria, Elisa und Evita sorgen für den reibungslosen Ablauf und das Wohl der Läufer.
Die Gegend rund um das Flüsschen Nahe ist sehr hügelig und obwohl der höchste Punkt der Strecke nur etwa 500 hoch liegt, summiert sich die Höhendifferenz des 65 km-trails („es kann auch ein bißchen mehr sein“) auf über 2700 Höhenmeter. Der größte Teil der Strecke liegt im Wald, doch vor allem die Steinbrüche und die Felder mit ihren grandiosen Ausblicken über die Landschaft liegen in der prallen Sonne. Urwüchsige Wald- und Grasswege, Treppen, Steine und Felsen und 80 % sogenannte Singletrails werden uns fertig machen.
Für die 65 km muss ich mich 3mal die Strecke hinauf-und hinabquälen, doch genial ist, dass ich mich während des Laufes für eine, zwei oder drei Runden entschließen darf und dementsprechend in die Halbmarathon-, Marathon-, oder Ultrawertung aufgenommen werde. Damit ist der Bärenfelslauf eine geniale Gelegenheit für Traileinsteiger, zumal die Verpflegungsstellen ( km 6,14,18, 21,6 ) nicht lange auf sich warten lassen.
Die Anreise nach Hoppstädten-Weiersbach ist auch dieses Jahr nicht einfach, so bin ich nicht der Einzige, der auf den letzten Drücker ankommt. Der Start wird um 15 Minuten verschoben.
Gedenkminute für den Laufkameraden, der letztes Jahr hier beim Lauf verstorben ist. Wie immer gibt es die mundgemalten Startnummern (5 Euro Pfand, da Eigentum des Technikmuseum in Speyer).
Großes Läuferfeld, darunter 43 Ultras, die die gesamte Strecke von 65 km laufen werden. Bei km 5 beginnt der Bärenpfad, hier werden die Endpositionen bestimmt, denn es geht steil hinauf auf den Bärenfelsen. Vorbei an der Bärenhöhle, deren Eingang im Laufe der Jahrhunderte langssam verschütett wurde. Legenden sprechen von einem Geheimausgang einer sagenhaften Burg. Bewiesen ist, dass es sich um ein Schmugglerversteck handelt. Vor allem vor der Währungsreform 1949 wurden Zigaretten und Kaffee von der nahen Grenze nach Deutschland geschmuggelt. Ob sich aus der Schmugglertätigkeit das Traillaufen entwickelt hat, kann vermutet werden. Tatsache ist, dass Feller-Chef Franz an Heiligabend für ein Stück Butter nach St Wendel laufen musste. Da kamen mal locker 100 km vor der Bescherung zusammen.
Am Bärenfelsen ist die dringend benötigte Verpflegungsstation. Lecker Kuchen mit Malzbier. Blick über den Rosenwald, dem Jagdrevier der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken. Die Bären haben sie alle erlegt, es gibt noch Gummibärchen, zwei Hände voll, für die nächsten Kilometer. Steiler Abstieg, dann steiler Aufstieg bis km 10. Die ersten blutenden Läufer, auch ich ramponiere mir immer öfters die Zehen.
Kleiner Steinbruch, wunderschön unter den Douglasienkiefern zu laufen, dann großer Steinbruch. Hier wurde bis 1970 Rhyolit, ein vulkanisches Gestein, ähnlich dem Granit abgebaut, welches zur Keramikherstellung gebraucht wurde. Blutige Taschentücher auf dem Trail, ich habe auch sichtlich Probleme, nicht zu stürzen.
Die große Wiese ist schön, aber es wird warm, sehr warm. Brenneseln werden einfach überbewertet, Ultraläufer heben hier jedenfalls nicht die Hände über den Kopf.
Km 14: Verpflegungsstation an der 500 Jahre alten Eiche, allerdings hoch oben. In den hohen Ästen thronte einst Donar, der Donnergott, jetzt thront hier Andrea über den Colabechern und Gummibärchen. Ich möchte gerne Pause machen, bin total erschöpft, aber die Stelle ist voller Pferdebremsen. Sobald ich stehenbleibe, fallen die Viecher über mich her.