Der Naturpark Saar-Hunsrück erstreckt sich über ein Gebiet von über 2000 km². Im Gegensatz zu den umliegenden bekannten Weinbaugebieten Mosel, Rhein, Nahe und Saar gibt es hier Wald satt. Natur- und Umweltschutz werden großgeschrieben, Pflanzen und Tiere danken es. Und davon profitiert auch der Mensch, der sich fast unberührter Landschaft erfreuen kann.
In dieser wunderbaren Gegend hat die laufsportbegeisterte Familie Feller schon seit Jahren ihren Bärenfelslauf etabliert. Mit dem Mai-Trail, dem Sommer-Trail, dem Heiligabendlauf und diversen Wanderveranstaltungen kann man sich hier das ganze Jahr über sportlich vergnügen.
Die Strecken werden immer mal verändert, es gibt Distanzen von ca. 11 bis knapp 70 Kilometer. Wenn ich das richtig weiß, waren die Fellers die ersten, die im Juli 2020 zu Beginn der Pandemie, mit großem Aufwand, eine Corona konforme Veranstaltung auf die Beine gestellt hatten.
Der diesjährige Sommer-Trail scheint eine ähnliche Strecke zu sein: 1, 2, 4 oder 6 Runden mit je 11 Kilometer Länge. Norbert meldet für die 44 km und ich für die 66 km. Außerdem entscheiden wir uns für den Frühstart um 7 Uhr, damit ich das Limit von 12 bzw. 13 Stunden auf jeden Fall schaffe.
Wir übernachten in der Nähe des Starts. Hoppstädten-Weiersbach liegt verkehrsgünstig an der A62 im oberen Nahetal in Rheinland Pfalz unmittelbar an der Grenze zum Saarland. Etwas außerhalb des kleinen Orts liegen am Rande des Industriegebiets ein Kino und großzügige Parkmöglichkeiten. Zu Fuß gehen wir ca. 500 m zum Tunnel unter der Autobahn hindurch und nochmal 200 m weiter bis zur Kempeswiese.
Dort erfahren wir, dass es in diesem Jahr gestattet ist, auch direkt auf der Wiese zu parken. Schnell holt Norbert unser Auto. Das Organisatorische ist schnell erledigt. Zur Startnummer bekommen wir von Robert Feller einen Rucksack mit Wasser, Süßzeug und Chips. Diesen verstauen wir im Auto, denn es wird ja im Start/Zielbereich und bei km 5 eine Verpflegungsstelle geben.
Kurz vor dem Start um 7 Uhr gibt Robert noch eine kurze Einführung. Wir zählen herunter, um 4 Minuten nach 7 laufen wir Richtung Wald los. In der Mitte der Wiese, auf der Dammkrone, halten wir uns rechts. Bald tauchen wir in den Wald ein, es geht steil bergauf. Aber nur kurz. Wellig und eng führt der Trail über 2 kleine Holzstege, durch lichten Wald bis zu einem Schotterweg. Dieser bringt uns in mäßiger Steigung bergauf.
Oben laufen wir am Waldrand entlang und genießen schon mal die erste schöne Aussicht. Aber aufgepasst: bald zeigt eine Schild links vom Weg auf einen steilen Downhill. Norbert lässt mich passieren, sein Knie ist noch nicht so fit. Ich fliege bergab, bis Norbert mich zurück pfeift. Prompt bin ich am Abzweig vorbei gerannt.
Die nächsten Kilometer bleibe ich lieber mal hinter ihm. Wir queren eine Lichtung, dort riecht es nach frisch geschlagenem Holz. Es geht weiter bergauf und bergab auf dem Bärenpfad. Im Mittelalter gab es in den Wäldern noch zahlreiche gefährliche Wildtiere. Neben dem Wolf war der Bär ein ständiger Bewohner. Gerade das Gebiet um Nohfelden wurde ein bedeutendes Jagdrevier von Fürsten und Herzögen der Region. Ihnen verdanken der Bärenfelsen, die Bärenhöhle und der Bärenpfad ihren Namen.
Der Trail führt teils durch dichten Wald, der am frühen Morgen noch recht dunkel ist. Auf Lichtungen ist der Trail mit richtig hohem Gras bewachsen. Nur eine Rinne zeigt an, dass es hier entlang geht. Auf einem weiteren steilen Downhill zieht es mir auf losem Schotter die Beine weg, ich kann mich gerade noch abfangen.
Ich erkenne Teile des Weges wieder, es scheint tatsächlich die Strecke von 2020 zu sein. Besonders erinnere ich mich gut an einen Abschnitt, der vor zwei Jahren noch mit niedrigen Birken bewachsen war. Mittlerweile sind die Birken so hoch, dass sie eine Art kurvigen Wandelgang bilden. Das macht Spaß!
Wir erreichen das verwunschene Tal des Rohwiesfloß. Der lila Fingerhut steht in voller Blüte, umgestürzte Bäume sind von grünem Moos bedeckt, und es brummt und summt um mich herum. Wir müssen eine umgestürzte Birke klettern. Um die Kurve herum steht plötzlich Andrea Feller mit ihrer VP und begrüßt uns. Die ersten 5 km waren kurzweilig und anspruchsvoll. Sie notiert unsere Startnummern und wir laufen den kurvigen Trail weiter.
Links gibt der Wald den Blick frei auf die Kempeswiese, wo wir gestartet sind. Die Strecke mündet auf einen breiten, geschotterten Wanderweg tendenziell bergauf, wir wechseln zwischen Gehen und Laufen. Hinter einer Biegung zweigt ein schmalerer Weg nach links ab. Es geht nun steil den Berg hinauf. Der Weg scheint nur selten begangen zu sein, die Buchenäste streifen sogar unsere Köpfe.
Nach einem super steilen Stück sind wir endlich oben. Dort geht es nach links. Der Weg mündet auf eine Kreuzung. Links geht es runter, rechts nach hinauf. Wir müssen rechts. Irgendwann sind wir dann tatsächlich oben, Windräder zeigen sich majestätisch über den Baumkronen.
Scharf links gelangen wir nun gemütlich bergab. Scheinbar laufen wir einen bewaldeten Hang entlang. Nach einer kurzen Rampe geht es plötzlich steil und steinig den Berg hinunter. Ich erinnere mich, dass ich beim letzten Mal, hier in den finalen Runden schlimme Kniebeschwerden bekommen hatte. Deshalb lasse ich mir heute bergab ausnahmsweise Zeit.
Der Weg wird flach. Ich sehe, wie Norbert vor mir in einem Wald aus Riesenbärenklau fast verschwindet. Auf dem Foto sieht es imposant aus. Aber leider sind die beeindruckenden Pflanzen giftig. Daher versuche ich im Vorbeilaufen keine zu berühren.
Jetzt geht es bergauf. Bald verliere ich Norbert aus den Augen, denn er ist da einfach schneller. Der lichte Wald steht in voller Blüte. Bunte Schmetterlinge fliegen von Blüte zu Blüte. Oben angekommen, steht nahezu reife Gerste in der Sonne. Die Windräder in Hintergrund stehen still.
Nun geht es wieder bergab, in den Wald hinein. Bald erreichen wir eine asphaltierte Straße, die auf einer Brücke die Autobahn überquert. Links führt die Straße weiter bergab. In der nächsten Kurve biegen wir auf einen steinigen Waldweg. Das Gefälle ist genau nach meinem Geschmack, daher habe ich Norbert bald wieder eingeholt.
Zum Schluss folgt eine kurze Rampe, bevor der Weg an einem Zaun endet. Dort geht es rechts vorbei auf das finale Gefälle. Bevor wir in die Nahe stürzen, zeigen Schilder scharf links auf feinen Trail. Dieser führt dann direkt am Fluss entlang. Da die Nahe hier in der Nähe entspringt, ist sie jetzt noch ein kleines Bächlein. An einer Furt müssen wir das Gewässer überqueren. Letztes Mal war hier ein Seil gespannt und der Wasserstand etwas niedriger. Damals bin trockenen Fußes rüber gekommen und habe mir erst in der letzten Runde die Schuhe mit Wasser gefüllt.
Heute gibt es keine Chance. Norbert versucht auf den Steinen hinüber zu balancieren. Das klappt aber nicht so richtig. Ich laufe einfach durch den Bach. Ui, ist das kalt! Auf der anderen Seite angekommen, patschen wir weiter. Aber das Wasser ist schnell aus den Schuhen. Noch ein Stück Trail; dann erreiche wir die Straße am Tunnel und sind zurück auf der Kempeswiese bei Start und Ziel. Die ersten 11 Kilometer sind geschafft.
1h40, das ist eine gute Zeit. Die nächste Runde schaffe ich fast genauso schnell. Die dritte Runde verläuft etwas zäh, denn mittlerweile ist es warm geworden. Die vom Wetterbericht versprochene Bewölkung lässt auf sich warten. Im Wald geht es noch ganz gut. Die Abkühlung im Bach ist eher angenehm.
Die Läufer der kurzen Distanzen sind inzwischen schon fertig, mittlerweile wurde ich schon mehrfach überholt. An den Verpflegungstischen gibt es Wasser, Cola und Radler. Außerdem Gummibärchen, Salzbrezeln und Kartoffelchips. Ich spreche dem Kuchen zu, ein paar Kohlehydrate können nicht schaden. Klar, dass wir unseren eigenen Becher dabei haben.
Bei km 44 bin ich 7 Stunden unterwegs. Da ahne ich noch nicht, dass ich für die letzten 2 Runden weit über 4 Stunden brauchen werde. Wobei es ungewöhnlicher Weise bergauf fast besser geht als bergab. Vor allem bei den steilen Trails bin ich vorsichtig, um nicht noch zu stürzen.
Trotz Frühstart bin ich die Vorletzte, die das Ziel erreicht. Aber das hatte ich mir schon gedacht. Norbert drückt mir schnell ein Radler in die Hand und ich bekomme meine Medaille und eine einmalig schöne Urkunde. Wir machen noch Fotos bevor ich mich zum Umziehen ins Auto zurückziehe.
Fazit:
Ich höre oft: „Mir sind zu viel Läufer ein Graus“, „ich hasse dieses schneller, höher, weiter“, „mir sind die großen Läufe zu stressig.“
Kommt zum Bärenfelslauf! Hier ist es ruhig und familiär. Anspruchsvolle Trails wechseln ab mit Wanderwegen. Man kann während des Laufs die Distanzen wechseln und wird mit der erreichten Strecke gewertet. Das Zeitlimit ist auf alle Fälle machbar. Trotz Rundenlauf gibt es keine Langeweile. Hier ist es so schön, da fällt es kaum auf, mehrmals im Kreis zu laufen. Die Verpflegung ist gut, das Preis-Leistungsverhältnis super.
Spaziergänger und Wanderer sind sehr rücksichtsvoll und übernehmen oft die Stelle als Motivatoren.
Familie Feller hat bewiesen, dass sie es auch trotz Corona durchziehen kann. Das wird nächstes Mal, wenn vielleicht wieder alles abgesagt wird, relevant werden.
Wir waren sicher nicht zum letzten Mal dabei.