Wenn der Bärenkopplauf heute nicht Premiere hätte, man müsste den Lauf glatt erfinden. Der alte Malberglauf war schon gut – ein kleiner Kultlauf. Der Nachfolger ist noch besser und wird sich zum Kultlauf entwickeln, da bin nicht nur ich von überzeugt.
Vieles ist geblieben. Die Starttag ist Freitag, 18 Uhr. Wir sind auch noch im Westerwald und der Ausrichter ist der VFL Waldbreitbach. Aber es geht nicht mehr den Malberg hinauf. Den Malberglauf gibt es nicht mehr. Er hat einen würdigen Nachfolger gefunden: Den Bärenkopplauf. Bereits im letzten Jahr hatte ich das große Vergnügen, zusammen mit Wolfgang Bernath, M4Y-Kollege und Vorsitzender des VFL Waldbreitbach, einen Probelauf auf der beabsichtigten Strecke zu machen. Ich war begeistert. Klar, da muss ich natürlich bei der offiziellen Premiere 2021 dabei sein.
Die Anforderungen des Bärenkopplaufes sind höher als beim Malberglauf. Auf nunmehr 11 Km warten 360 Hm rauf und 260 Hm runter auf die Läufer. So dauert das Vergnügen noch länger. Gestartet wird am Schul- und Sportzentrum in Waldbreitbach, dem Startort auch des Wiedtal Ultra Trails (WUT) und Staffelmarathons.
In freudiger Erwartung auf die Laufpremiere fahre ich mit Karl-Heinz nach Waldbreitbach. Wir sind früh dran und parken oben am Zielgelände. In wenigen Minuten sind wir den Berg hinunter zum Startgelände gegangen. Der Weg wie auch die gesamte Laufstrecke ist mustergültig ausgeschildert und markiert.
Die Startnummern sind alle in numerischer Reihenfolge mit einer Wäscheklammer am Zaun des Schulhofs angebracht. Selbstbedienung ist angesagt – coronakonform. Alle tragen auch bis zum Start Masken. Ich erkenne viele Läufer als frühere Teilnehmer des Malberglaufes und des Staffelmarathons trotzdem wieder.
Die Strecke führt durch den Naturpark Rhein-Westerwald. Nach wenigen hundert Metern verläuft sie auf der WällerTour Bärenkopp. Offiziell wurde der Premiumwanderweg am 09.05.2015 eröffnet. Der Deutsche Wanderverband hat ihn im September 2015 als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifiziert und ihm sogar den Zusatz „Traumtour“ verliehen. Na denn wollen wir mal sehen, ob die Strecke dem gerecht wird.
Bei der heutigen Premiere des Bärenkopplaufes sind alle Läufer gespannt und freuen sich auf das, was kommt. Sie werden nicht enttäuscht sein, wenn sie im Ziel ankommen. Ich treffe kurz vor dem Start noch einen der Favoriten – Tim Dally. Er wird heute Zweiter werden.
Es geht los. Gestartet wird in 20er Gruppen im Minutentakt. Folglich ist das Läuferfeld der über 200 Starter schon von Beginn an entzerrt und es gibt kein Gedränge auf der Strecke. Es wäre zu überlegen, ob diese Startweise nicht auch nach Corona beibehalten werden sollte.
Nach den ersten Metern entlang der Wied (auf Originallaufstrecke des Staffelmarathons) führt die Strecke über eine Brücke auf die andere Seite des Flusses. Über schmale, teils steile und ausgesetzte Pfade geht es auf und ab. In der Tendenz geht es die erste Hälfte hinauf und die zweite hinab. Wir sind zunächst viel im schattenspendenden Wald unterwegs. Schön ist er, der Premiumwanderweg WällerTour Bärenkopp.
Rechts fließt die Wied. Ich konzentriere mich auf den schmalen Pfad. Es lässt sich hervorragend laufen. Eine Läuferin in Sandalen fällt mir auf. Respekt. An allen Abbiegungen stehen Helfer und feuern die Läufer mit Kuhglocken an. Rasch liegt der erste Km hinter uns. Jeder Km ist im Übrigen ausgeschildert. Es macht von Beginn an Spaß hier zu laufen. Das Wetter spielt auch mit. Es ist bedeckt, trocken und nicht windig. Optimale Laufbedingungen. Ich hab heute aber keine Ambitionen auf eine Kuhglocke als einer der ersten Drei in der Altersklasse. Ich bin noch zu kaputt vom K 43 in Davos und konzentriere mich aufs Fotografieren.
Thomas Enck läuft an mir vorbei. Auch dieser M4Y-Kollege hat vom guten Ruf des VFL Waldbreitbach und seinen Laufveranstaltungen gehört und nimmt 200 km Anreise in Kauf, um heute hier mit zu laufen. Ein Reitstall liegt rechts von uns. Kurz darauf überqueren wir gut gesichert die Straße Am Mühlenberg.
Die Strecke führt auf der anderen Straßenseite den Berg hinauf. Ich gehe. Den breiten Forstweg verlassen wir nach wenigen Metern und biegen rechts auf einen kleineren Pfad ab. 2 Km sind geschafft. Der Pfad begeistert nicht nur mich. Wunderschön ist es im schattigen Wald, mehrere kleine Stege führen über kleine Bäche. Ausblicke hat es nur wenige.
Rechts im Wiedtal liegt der Campingplatz Wiedhof. Vor der Brücke über die Wied ist eine erste Wasserstelle eingerichtet. Wir laufen über die Brücke und auf der anderen Wiedseite geht es über die L 255 und wieder in den Wald. Natürlich ist erneut Steigen angesagt.
Der alte Jüdische Friedhof wird passiert. Er ist mir noch vom WUT (Wiedtal Ultra Trail) her bekannt. Weiterhin werden immer wieder kleine Bäche auf Stegen überquert. Einige sind mustergültig mit Warnschildern versehen: Gefahrenstelle.
In Serpentinen gewinnen wir an Höhe und erreichen eine Kuppe. Diese ist auch als Gefahrenstelle ausgewiesen. Aber die wenigen Steine die es zu überlaufen gilt und die Meter abwärts sind kein echtes Problem, aber schön.
Auf schmalen Pfad laufen wir durch den Wald und kommen ins Tal des Hochscheider Bachs. Dieser wird auf einer festen Brücke überquert und wir steigen rechts lange hinauf. Ich gehe, die meisten anderen auch. Km 5 ist erreicht. Nimmt denn die Steigung gar kein Ende? Lange geht es hinauf. Trotz der Plackerei ist es wunderschön.
Den breiteren Forstweg verlassen wir nach rechts. Ein kurzes Stück dürfen wir zur Entspannung abwärts laufen, aber dann steht uns eine stärkere Steigung bevor. Puh. Aber die Mühe lohnt. Wir nähern uns dem Bärenkopp. Immerhin 304 m Höhe und ein richtiges Gipfelkreuz hat es hier.
Pustend stehe ich auf der Bergkuppe. Die Plackerei hat sich gelohnt. Ich genieße den Ausblick über das Wiedtal. Klasse. Angst vor Bären braucht man hier oben nicht zu haben. Der Name Bärenkopp hat nichts mit dem Raubtier zu tun. Er leitet sich von „bar“ im Sinne von kahl oder leer ab.
Ein wenig müssen wir nach dem Bärenkopp noch steigen, dann sind wir auf der Höhe und laufen am Waldrand. Rechts steht der Mais schon hoch in voller Pracht. Wir laufen auf die ersten Häuser von Verscheid zu und queren die K 90.
Den Wald lassen wir hinter uns und laufen parallel zur K 90 auf der Höhe. Bei Km 7 bietet eine Wasserstelle Labung und ein betonierter Weg parallel zur Straße führt uns über die Wiesen der Höhe. An einem Aussichtspunkt sitzen freundliche Menschen und feuern die Läufer an. Ich bleibe einen Moment stehen und genieße auf der Hüh den schönen Ausblick.
Wir verlassen die Straße und das letzte Drittel der Strecke führt uns über Feld- und Wiesenwege. Hafer steht auf dem Feld. Vor einem Hochsitz heißt es noch einmal eine kurze Steigung zu bewältigen. Die Km-Schilder haben ab hier die Richtung gewechselt und geben jetzt die Entfernung zum Ziel an. Nur noch 3 Km sind es. Herrliche Weitblicke gibt es auf der Höhe, up de Hüh. Man kann auch weit voraus die zu laufende Strecke sehen.
Auf Asphalt nähern wir uns dem Luhkapellchen. Auch hier werden wir angefeuert. Kurz darauf verlassen wir das kurze Stück Asphalt. Nur noch 2 Km. Vorbei am Modellflugplatz laufen wir abwärts.
Schon ist das Alphorntrio am Ziel zu hören. Es kann nicht mehr weit sein. Und da ist auch schon der „Teufelslappen“. Nur noch 1 Km. Die letzten Meter gehören wieder dem Asphalt. Die ersten Häuser werden passiert. Ein Schild weist darauf hin, dass es noch 400 zu den Klosterbergterrassen sind.
Die markanten Türme der Mutterhauskirche der Waldbreitbacher Franziskanerinnen strecken sich in den Himmel. Vorbei an dem Tagungszentrum laufen wir über die Margarethe-Flesch-Straße, nach der Gründerin des Ordens benannt, zwischen den verschiedenen Gebäuden des Klosterkomplexes hindurch. 1861 wurde das erste Gebäude der Anlage von Margarethe Flesch und weiteren Ordensschwestern erbaut.
Noch eine Spitzkehre und das Ziel liegt vor mir. Wolfgang begrüßt als Sprecher im Ziel jeden Läufer. Ein wirklich schöner Lauf ist zu Ende. Es hat richtig Spaß gemacht. Der Lauf bietet auf 11 Km eine abwechslungsreiche Strecke, ist nicht zu hart, aber fordernd. Nicht nur ich bin begeistert.
Karl-Heinz kommt auch bald. Er umkurvt die Markierungshütchen der letzten Meter im Slalom und erhält dafür Beifall der im Gastronomiebereich der Klosterbergterrassen sitzenden Läufer.
Zusammen mit Thomas lassen wir den schönen Lauftag unter Nutzung der Gastronomie der Klosterbergterrassen ausklingen und schauen der Siegerehrung zu. Es gibt eine Kuhglocke und Hachenburger Bier für die Sieger.
Fazit
Alles wie immer beim VFL Waldbreitbach. Perfekte Organisation, Klasse abwechslungsreiche Strecke. Ein wirklich schöner Berglauf wie der frühere Malberglauf, nur länger und herausfordernder.
Ich bin sicher: Der Bärenkopplauf wird wie der Malberglauf rasch seine Fangemeinde finden und hat das Zeug zu einem Kultlauf im Rheinland.
Wer noch mehr Westerwald erleben will, dem sei der Wiedtal Ultra Trail (WUT) im Frühjahr empfohlen. Da gibt es 65 Km Landschaft des Westerwaldes pur!
Sieger
Frauen
Kathrin von Eichel-Streiber 54,38 Min.
Männer:
Fabian Jenne 44,34 Min.