Kirchdorf liegt an der Krems. So wie Krems an der Krems liegt. Aber an einer anderen Krems, 150km entfernt. Krems liegt aber auch an der Donau und hat 6x so viele Einwohner wie Kirchdorf und ist Zielort des Wachau-Marathons. Und so wie Wien. Wien liegt in erster Linie an der Wien, aber eben auch an der Donau. Alles klar soweit?
Kirchdorf ist Start- und Zielort des Über-Drüber-Marathons, wobei das Über-Drüber nicht nur Höhenmeter signalisiert, sondern auch, dass es sich um etwas Besseres, etwas Besonderes handelt. Kirchdorf liegt mitten in Oberösterreich, nach Passau und nach Salzburg sind es 120km, nach Budweis im Norden 160km und nach Graz Richtung Südosten ebenfalls. Das nächstgelegene Ski-Weltcup erprobte Schigebiet Höss ist keine 40km entfernt. Die ersten 2000er-Berge sind nicht weit.
Bis vor wenigen Jahren litt der Ort unter sehr viel Fernverkehr, der nun um den Ort rum und streckenweise unter der Erde verläuft. Man kommt also nicht mehr zufällig hierher.
Ein Marathonbewerb am Donnerstag ist eher selten. Es ist ein Feiertag in Österreich und für viele der Beginn eines langen Wochenendes. Freitag ist Zwickeltag, anderswo sagt man Fenster- od4r Brückentag dazu. Der späte Starttermin, 11 Uhr für Marathon und Halbmarathon, ermöglicht es mir, ohne besonders früh aufstehen zu müssen, von daheim anzureisen. In gut einer halben Stunde bin ich mit Evi da.
Es hat 7°C, am Vortag hat es stark geregnet und bis auf 700m herab geschneit. Unser höchster Punkt der Strecke liegt auf 860m! Für heute wurde die Schneefallgrenze mit 900m angegeben. Da haben wir ja noch mal Glück gehabt! 80% der Strecke sind auf Asphalt, es sollte also auch nicht allzu rutschig werden.
200m vor dem Start und Ziel finde ich einen Parkplatz. Die Startunterlagen bekomme ich im Rathaus. Da ist es schön warm, aber irgendwas spießt sich. Schließlich halte ich aber doch meine Startnummer und den Zeitchip in Händen, 0.5 l Frachtsaftkonzentrat gibt es dazu. Eine Marathonmesse in dem Sinn kann ich nicht ausmachen. Mittlerweile passieren nach und nach Ultra-Marathonläufer Start und Ziel. Sie haben sich 3 Halbmarathons zu je 650 Höhenmeter vorgenommen und sind schon um 08h30 gestartet.
Wir lernen Markus Pitz und seine Frau kennen, er hat auch schon für m4y-geschrieben und im November seinen 42.Geburtstag mit dem Veranstalten des Karnevalmarathons gefeiert. Der Bericht darüber auf m4y heißt 11.11.11.11.11..
Michael Dorfstätter ist auch da. Wir kennen uns schon aus Bad Füssing und Bratislava. In Augsburg werden wir uns wieder sehen. Er sammelt alte Laufschuhe für afrikanische Nachwuchsläufer. Von ihm erfahre ich, dass Gerhard Wally heute seinen 460. Marathon machen wird. Insgesamt sind an die 100 Leute am Start, 10% Frauen. Es ist recht kühl, etwas windig, aber es regnet nicht. Gestartet wird vor dem Rathaus.
11:00h Countdown und ab. Schon nach wenigen Metern geht es bergauf. So halte ich die 7°C gut aus, weil mir eh gleich warm wird. Nach wenigen Minuten haben wir schon einen guten Blick über das Kremstal und den Neuschnee am gegenüber liegenden Berg. Nach 15min habe ich 2,5km und 120 Höhenmeter in den Beinen und es geht über eine feuchte Wiese in ein Wäldchen. Ein nasses Holzbrückchen, davor habe ich Respekt. Bei km4 Schlierbach.
11:24h Die Geschwindigkeitsmessung zeigt mir 11km/h als ich am Zisterzienserstift Schlierbach vorbei laufe. Die Geschichte dieses Stifts geht bis ins Jahr 1355 zurück, seit Ende des 17. Jahrhunderts erstrahlt es in Barock, eine Besichtung sei hier sehr empfohlen. Schlierbach ist zumindest in Österreich weltberühmt für den Schlierbacher Käse. Das ist der mit dem besonders starken Aroma.
Es beginnt zu regnen, als ich zur ersten Labestelle am Ortsende komme. Müesliriegel, Fruchtschnitten, Wasser, Iso, Obst und freundliches Standpersonal, alles da.
Km5, 434m, Der nächste Anstieg steht bevor. Es hört auf zu regnen. Käfergraben heißt die Straße durch den Wald. Nach anderthalb Kilometern teilweise frisch gemähte Wiesen, es weiden Schafe, ein Stück weiter Kühe. Ich wechsle zwischen laufen und gehen. Der Abstand zu den Leuten vor mir bleibt konstant.
Nach km7 die zweite Labe, der junge Mann hat auch das volle Sortiment, er begleitet mich das kurze Stück bis zur Spitzkehre. Schön ist es hier. Der Ausblick in die Landschaft wird auch immer besser. Immer wieder blitzt kurz die Sonne durch, meist ist es stark bewölkt. Die frisch verschneiten Alpen leuchten herüber. Der Wind ist nicht wirklich schlimm.
12:04h Erst 9km geschafft, ich bin auf 747m, das Ende des ersten Hauptanstiegs ist absehbar. Kurz vor der nächsten Labe verläuft die Straße über einen Grat, beiderseits fallen die Wiesen steil ab. Ein herrlicher Ausblick, fast rundum. Nun gibt es wieder zu trinken. Der Helfer an der 3. Labe bei km10 sieht meinen Fotoapparat und will mich knipsen. Gerne. Nun geht es leicht bergab, gefolgt von einem leichten Anstieg. Ich habe die Strecke für mich alleine.
12:24h Bis mich bei km12 ein Rudel Motorradfahrer mit „PA“-Kennzeichen. überholt. Die schönen Bergstraßen hier kennt man also auch schon in Passau!
Nun steht der Steilanstieg bevor: Bei km12,5 ist man auf 718m, 1km später auf 860m! Der letzte halbe km vor dem höchsten Streckenteil geht durch den Wald, über Stock und Stein, es ist rutschig, aber nicht so arg. Besonders hervorragende Wurzeln wurden mit Farbspray gekennzeichnet. Gute Idee!