Wir kamen wieder auf den Fahrweg und erreichten kurz darauf die erste reichlich ausgestattete Verpflegungsstation. Neben allem, was das Läuferherz begehrt, wurden auch Rosinen, Erdnüsse, Oliven und sogar frisch gebackene Vanillekipferl angeboten. Ja, iss denn scho Weihnachten?
Derart gestärkt, konnten wir die nächste Herausforderung des Tages in Angriff nehmen. Wir verließen wieder den sanft ansteigenden Fahrweg und setzten zum Gipfelsturm auf den Kandel über die Diretissima an. Wo es zu steil wurde, bauten die Organisatoren einige kurze Serpentinen ein. Man musste nur gut aufpassen, dass man keine Wegmarkierung übersah. Der Orientierungssinn, der zur Teilnahme vorausgesetzt wurde, war hier das erste Mal gefragt. Nur nicht verlaufen war das Motto.
Nach diesem kräftezehrenden Anstieg erreichten wir die Gustav-Beck-Hütte und abermals konnte man die herrliche Aussicht auf das Zweitäler-Land genießen.
Doch zum Erholen blieb uns keine Gelegenheit. Wir mussten noch 110 Höhenmeter bis zum Kulminationspunkt der Strecke bewältigen. Der finale Gipfelsturm auf den Kandel und der Eintrag ins Gipfelbuch blieb uns allerdings verwehrt, denn die Strecke führte uns vorher wieder talwärts auf einem gut zu laufenden Fahrweg.
Rund ein Drittel der Distanz war zurückgelegt, als wir die zweite Verpflegungsstelle erreichten. Die nächsten sechs Kilometer liefen wir durch den sommerlichen Schwarzwald und verloren dabei rund 400 Höhenmeter. Ohne Übergang ging es bergauf, bis wieder rund 300 Höhenmeter auf dem Habenkonto verbucht waren.
Wir verließen den kühlenden Wald und liefen unter der jetzt heißen Sonne auf einem leicht welligen Hochplateau, das auf rund 1000 Metern liegt, vorbei am Plattensee zum nächsten Versorgungspunkt am Potsdamer Platz. Mir machten nun die über 30 Grad arg zu schaffen und ich fühlte mich, als hätte ich den Lauf vom Balaton (Plattensee) bis zum Potsdamer Platz in Berlin zurückgelegt. Ich zweifelte daran, diesen Lauf bewältigen zu können, doch Peter munterte mich immer wieder auf.
An der Verpflegungsstelle schloss Klaus Neumann zu uns auf und begrüßte uns wie üblich mit den Worten: „Ich heiße Klaus und mir geht’s gut“. Er war wirklich zu beneiden, ich dachte nämlich: „Ich heiße Olaf und mir geht’s besch…“.
Nach dem Auffüllen der inneren und äußeren Wasservorräte führte uns der Weg wieder in den Wald hinein. Die Strecke ging etwas bergab und ich konnte wieder Kräfte sammeln. Wir liefen zunächst wieder auf breiten Fahrwegen. Nach einer Abzweigung, die man leicht verpassen konnte, wurde es richtig trailig. Es ging über Stock und Stein und über und unter umgestürzte Bäumen durch. Dann: Ein kurzer Schmerz, ein lauter Schrei. Ich war mit meinem Fuß auf einem kleinen Stein umgeknickt. Einige bange Sekunden vergingen, bevor ich mit einem kurzen Check meines Sprunggelenkes feststellte, dass mir zum Glück nichts passiert war. Also konnte die Reise weitergehen.
Wir hatten noch einige teils recht steil bergab verlaufende Trail-Passagen vor uns, die ich nun vorsichtiger und mit mehr Abstand zu meinen Vordermännern anging.
Der Wald lichtete sich nach kurzer Zeit und wir kamen, immer noch bergab laufend, zur vierten Verpflegungsstelle im Tal der Gutach.
Nach einem kurzen Stück auf der Landstraße führte uns unsere Reise zum nächsten Trailabschnitt, in die Teichbachschlucht. Auf der einen Seite der Schlucht ging es rund 200 Meter den Berg hinauf und auf der anderen Seite auf zum Teil aufgeweichtem Boden wieder hinunter. Dann waren wir wieder auf der kurz zuvor verlassenen Landstraße. Wären wir auf der Landstraße geblieben, so hätten wir anstatt 4 Kilometer nur rund 400 Meter zurückgelegt und den wohl schönsten Abschnitt des Kurses verpasst.
Für die nächsten vier Kilometer ging es nun auf leicht welligen asphaltierten Straßen wieder tendenziell bergan. Die Sonne brannte unerbittlich und jeder noch so kleine Anstieg wurde zur Herausforderung. Zum Glück führte uns die Strecke auf den nächsten fünf Kilometern talwärts zur fünften und letzten Verpflegungsstelle. Gerade noch rechtzeitig, die von uns mitgeführten Wasservorräte waren bereits erschöpft.
Ein letzter kurzer steiler Anstieg bremste zunächst unseren Vorwärtsdrang, bevor wir dem Ziel entgegen liefen.
Erschöpft aber überglücklich genossen wir den Triumph, diesen ersten Teil des ersten Trailrun Masters bewältigt zu haben. Danke Peter, für die moralische Unterstützung während des Laufes.