Bödefelder Hollenmarsch - 101 km und 2.107 Höhenmeter
In diesem Jahr wurde die Veranstaltung etwas umgestellt und es gab einige neue Distanzen, sowohl im Lauf (75 und 111 km) als auch im Marsch (neu 55 km).
Eigentlich hatte ich mich für die Neue Laufdistanz von 111 km entschieden, musste jedoch bei genauerer Kalkulation unter Einbeziehung meines derzeitigen Leistungsstandes eingestehen, dass ich die Sollzeit von 15.30 Std. nicht würde schaffen können. Die 100 Meilen steckten mir auch noch in den Beinen. So entschied ich mich kurzerhand bei meiner Anreise am Freitag die 101 km als Marsch anzugehen. Somit auch kein Stress mit Sollzeiten und der doch etwas negativen „Un“-Wetterprognose. Dies ist dann auch mein 5tes Mal, dass ich diese Distanz in Bödefeld im Sauerland bestreite.
Doch zunächst einmal etwas zu dieser Veranstaltung: Hollenmarsch und nicht Höllenmarsch ist der Name dieser hervorragend organisierten Veranstaltung. „Hollen“ sind eigentlich die guten Berggeister, deren „Haus“, bzw. Höhlen wir bei km 5 passieren werden. Also geht es doch nicht nur durch die grüne „Hölle“ des Sauerlandes, sondern durch, bzw. über die schönen Berge und Hügel. Man(n) durchquert die schönsten Naturgebiete des Hochsauerlandes mit steilen An- und Abstiegen. Teilweise erfordern schwierige Wegeführungen über den Rothaarsteig die volle Konzentration, aber dafür entschädigt dich die herrliche Natur mit interessanten Ein- und Ausblicken.
Im Gegensatz zu den früheren Veranstaltungen setzt der Organisator nun auf „teilweise Selbstversorgung“ und Verpflegungspunkte gibt es nur noch alle 10 km. Aber das ist für uns Langstreckler und Trailrunner ja kein Problem, denn man hat ja sowieso Getränke und Verpflegung im Rucksack dabei. Hinzu kommen diesmal natürlich auch wärmere Kleidung für die Nacht und 2 Stirnlampen für den sicheren Tritt. Zur Ausrüstung gehören aber auch noch eine Trillerpfeife, eine Leuchtweste, eine Rettungsdecke und ein Handy. Letzteres ist Pflicht und die Notfallnummern müssen einprogrammiert sein.
Am Abend habe ich also meine Startunterlagen für mich und meine Frau Martina, die am nächsten Tag die 14 km machen wollte, abgeholt und dann gemeinsam die Pastaparty als Einstieg genossen. Um 18.45 Uhr erfolgte dann das verpflichtende Briefing, was bei einer solchen Strecke auch unabdinglich ist. Unser Start um 19 Uhr ist der Einzige an diesem Tag. Alle anderen über 55, 42, 21 und 14 km, starten am nächsten Morgen, also Samstag.
Der Organisator Carsten Hofstetter verkündete kurz vor dem Start auch einen neuen Teilnehmerrekord von mehr als 200 Startern über die 101 km und insgesamt mehr als 2.000 auf allen Strecken zusammen. Das sind deutlich mehr als Bödefeld Einwohner hat (1138). Und die sind fast alle auf den Beinen, um bei der Veranstaltung zu helfen. Ihnen und den Organisatoren gilt mein besonderer Dank.
Dann fällt pünktlich um 19:00 Uhr der Startschuss. Von 470 m NN geht es leicht ansteigend südwärts über die Hunaustrasse Richtung Wald. Nach gut 1,5 km biegt man in das „Walkenmühltal“ ein. Es geht am Wildgehege mit Hochlandrindern vorbei. Hier kommt der erste größere Anstieg zum Hollenhaus, einem steil abfallenden Felsen mit Höhlen, in denen die „Hollen“ der Legende nach hausten. Es ist ein Felsen, ganz mit gelb-grünlichem Flechtenbewuchs überzogen. Leider wird der Ort von fast allen Teilnehmern übersehen, obwohl er direkt an der Strecke liegt. Aber dafür schreibe ich ja auch den Bericht, um die Augen für die Sehenswürdigkeiten an der Strecke zu öffnen.
Also, der Sage nach lebten dort einst Waldfrauen, die Hollen, in einer Höhle. Dorfkinder hüteten Ziegen und die Hollen spielten mit ihnen. Zum Abschied gaben sie den Kindern Steine, die sich zu Hause als wertvolle Edelsteine erwiesen. Das verleitete böse Buben, als Diebe in die Höhle einzudringen. Doch die Höhle stürzte ein und sie wurden nie mehr gesehen. Von hier hat man auch einen tollen Ausblick.
Jetzt geht’s wieder bergab, um den „Nonnenberg“ herum und in nördliche Richtung nach Gellinghausen (490 m NN). Man passiert „Pauls Fischteiche“ und läuft diesmal erst am Ortsausgang nach ca. 9 km rechts am Fuß des „Narenbergs“ abwechselnd bergauf und bergab zurück Richtung Bödefeld. Das ist dann praktisch die Eröffnungsrunde von gut 13 km. Am Ortseingang von Bödefeld erwartet mich meine Frau, um mich in die Nacht zu verabschieden. Nach weiteren 2 km gibt es die erste Verpflegungsstelle am Ortsausgang. Dann begeben wir uns auf die Wendepunktstrecke Richtung Rhein-Weser-Turm.
6,5 km und 340 Höhenmeter geht’s jetzt Richtung „Hunau“, mit 818 m ü NN die zweithöchste Erhebung auf der Strecke. Gleich am Anfang werden wir mit einem sehr harten, neu eingebauten Streckenteil überrascht. Es geht direkt recht steil den Kreuzweg hinauf zur Kapelle. Dort mache ich dann kurz Rast, um mir wegen der hereinbrechenden Nacht die Stirnlampe und eine Weste anzuziehen. Dann weiter, denn die Hunau ist noch nicht erreicht. Es ist gut, dass ich die Strecke kenne. Aber Nachts sind halt nicht nur alle Katzen grau, sondern eben auch die ganze Natur.
Langsam sinken auch die Temperaturen von anfangs noch 16 auf bis zu 8 Grad ab.
Weiter geht’s zum zweiten VP2 auf der „Nasse Wiese“, einem ca. 8000 Jahre alten Hochmoor, das auf ca. 750 m liegt. Hier findet man kleine verträumte Bachläufe mit blühenden Wasserpflanzen und die letzten Narzissen. Ein klares Zeichen dafür, dass hier der Frühling noch schwer zu kämpfen hat. Noch ca. 1,5 km bergan und der Scheitelpunkt ist erreicht. Nur 200 m weiter rechts findet man das berühmte „Hundegrab“. Hier liegt die Schweisshündin Isolde von Hunau begraben. Also schwitzen nicht nur Läufer und Marschierer, sondern auch die Hunde? Ja, aber Hunde schwitzen anders als Menschen. Schweiß bedeutet in der Jägersprache Blut.
Hier findet man dann auch den etwas schwer auszumachenden „Hunaustein“, der die 818 m Höhe angibt. Zu sehen ist das Grab aber erst auf dem Rückweg, da es nun mittlerweile stockfinster ist. Doch zurück zur Strecke, denn an der „Feuerstätte“ (798m NN) führt sie bergab über den „Klappersberg“ (730 m NN) zum „Großen Bildchen“, ein Bildstock von der SGV-Abteilung Siedlinghausen. Hier haben mehrere SGV-Abteilungen aus der Umgebung neben den Bildstock ihren eigenen Gedenkstein aufgestellt. Ca. 23 km sind geschafft, aber noch nicht der höchsten Punkt der Strecke. Noch 140 Höhenmeter zum 841 m hohen „Kahlen Asten“ mit dem Astenturm. Doch bevor wir oben sind, ist die Skipiste zu überwinden, und das nicht im lockeren Hüftschwung, sondern „einfach“ im Direktanstieg. Unten stehen noch die Raupenfahrzeuge, man hat das Gefühl, die Wintersaison ist gerade erst zu Ende. Oben angekommen, sieht man links den beleuchteten Astenturm liegen, Dann geht es wieder steil bergab..
Ab dem „Kahlen Asten“ befindet man sich auf dem „Rothaarsteig“.Immer wieder durchläuft man dichte Waldgebiete und plötzlich wieder offene Waldstücke, meist auf Anhöhen, die einen in den frühen Morgenstunden atemberaubende und unvergessliche Ausblicke auf das wolkenverhangene Sauerland mit seinen „1000 Bergen“ bieten. Ungewollt hat der Orkan Kyrill viele Aussichtsplattformen hinterlassen. Wir kommen zum Verpflegungspunkt „Lenneplätze“. Apropos: Die Verpflegung ist an allen Ständen hervorragend, vom Griebenschmalzbrot bis hin zum tollen Malzbier bleiben fast keine Wünsche unerfüllt. Es gibt aber auch Kaffee (in der kühlen Nacht sehr angenehm) und ganz viel selbstgebackenen Kuchen. An allen Verpflegungsstellen brennen auch wärmende Feuer. Langsam geht auch der Mond auf und das besonders schön, weil blutrot.
An der Langewiese geht‘s noch einmal mit einem richtig knackigen Anstieg zum Knäppchen hoch - Hohelye, den VP „Kühhude“, der diesmal etwas abseits der Strecke platziert war. Hier ist für die 75 km Läufer, die am Samstagmorgen starten, der Wendepunkt, sowie ein Cut-Off für die 111 km Läufer. Wer über dem Limit liegt, wird auf die 75 km Strecke geschickt. Doch für uns geht es weiter.
Kurz nach dem VP ist die Skulptur „Stein, Zeit, Mensch“ bei ca. 41 km. Dann weiter zum „Dürres Hölzchen“, zum „Jagdhaus“ und „Margarethenstein“, wo früher auch der Härdlerlauf seinen Höhepunkt hatte, vorbei bis zum hell beleuchteten Rhein-Weser Turm (685 m). Der Rhein-Weser-Turm ist ein weithin sichtbarer Wendepunkt, den man bei km 58 erreicht. Innen brennt es wohliges Feuer und einiger Marschierer haben hier trockene Kleidung deponiert. Die präparierten Waldtiere sollen uns wohl einen Eindruck geben, was uns in der Nacht noch erwarten könnte. Die Verpflegung ist auch hier ausgezeichnet.
Jetzt läuft man auf der gleichen Strecke zurück. Ab der Nassen Wiese geht es dann fast ununterbrochen nur noch bergab durch die Mechterkuse dem Ziel entgegen. Gelegenheit, für die tolle Veranstaltung und das sichere und gesunde Ankommen zu danken. Dann durch den Ort noch mal etwas hinauf bis ins Ziel.
Toll, die 101km sind in 18.29 Std. geschafft, Gerade will ich meine Frau Martina anrufen, um zu sehen, wo sie auf Ihrer Strecke ist, als ich Sie auch schon auf der Zielgerade sehe. Perfektes Timing und Bestzeit ist es auch noch. Gemeinsam gehen wir zu unserem Hotel Albers zum Duschen. Dann geht ein heftiges Gewitter mit viel Regen runter. Als es etwas trockener wird, gehen wir wieder zum Ziel und genießen noch etwas die Hollenparty und den Einlauf der restlichen Teilnehmer. Um 21.30 Uhr ist Schluss für alle. Von den gut 200 Startern über die 101 km erreichen 137 das Ziel, davon 23 Frauen. Bei den 111 km Lauf sind es 30 Finisher.
Es lohnt sich hier mitzumachen: Tolle Natur und tolle Organisation. Wir kommen wieder.