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10.03.12 - Braveheart Battle

Hellcome To The Battle

Autor: Joe Kelbel

Ich habe überlebt, aber für welchen Preis? Die klatschnassen Lederklamotten werden mir die Haut aufreiben. Es gibt Wunden, die jucken fürchterlich, die anderen bluten. Mein Körper ist eiskalt, ich kann  mich kaum bewegen. Mein Rücken schmerzt fürchterlich, aber mein Herz ist frei. Ich habe dem Mut, meinem Herzen zu folgen und laufe weiter!

Ja, es ist einfach, unbeugsame Männer zu bewundern. Doch hier ist niemand mehr, der bewundert. Die Zuschauer gaffen, wie Sanitäter den Höllenhund Ramses davon abhalten, die kalten  Leichen zu fleddern.

 „Stiefelwaschanlage“ so wird dieser Betonkanal genannt, den wir nun hochlaufen. Dann der steile Anstieg zum Michelsberg. Aber nicht so einfach, denn diese Extrem-Outdoor- Steigung „Hamburger Hill“ ist gespickt mit zahlreichen Hindernissen.

Weiter querfeldein durch den Wald bis zur Münnerstädter Höhe . Hier oben erhalte ich den Rest. Frustrierende Kriech und Kletterhindernisse. Ich hab genug, ich bin fertig, ich kenn die Dinger vom letzten Jahr, aber es ist noch brutaler geworden! Man muss sich über die Strohballen drehen, Kopf runter, denn hier drüber ist der Maschendraht. Drehwurm, und rüber, über das nächste  Hindernis. Es geht nix mehr. Und wieder Drehwurm durch die Strohballen-Duckdich-Dinger.

Letztes Jahr war danach Frieden. Jetzt stehen da zwei Container voll mit Pferdejauche. Ein Brett steckt senkrecht darüber und erzwingt einen Tauchgang. Mit offener Fresse stehe ich da, das kann nicht sein! Nun war der Gogo vor mir in der Drecksjauche und hat sicherlich seinen Senf dazugegeben. Jedenfalls bekomme ich eine geschmacklich nach Eisen, Pferd und Ziegenkäse schmeckende Brühe zu schlucken, nur weil ich meine Kamera retten will. Holt mich hier raus! Ich bin ein Star!

 
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Der Tee ist nicht warm, der ist höllenheiß, verbrennt dir dermaßen die Gurgel und die Eierstöcke (habe ich gehört).  Nur Pussies trinken Tee, Ihr Armleuchter!

Die Ruine der Michelskirche ( 9Jahrh). 1806 traf ein Blitz die Kapelle und pulverisierte sie. Der jahrhundertealte Friedhof wurde eingeebnet. Wo sind die Verstorbenen? Wo sind unsere Ahnen, die für uns gekämpft haben? Es folgt ein neuer höllenschwerer Abschnitt, der auch die härtesten und routiniertesten Bravehearts an die Grenzen bringt.

„Heartbreak Ridge“ ist ein sehr steiler rupppiger Pfad durch dichtes Gestrüpp mit schlammigem, glitschigem Waldboden. Dornen peitschen mir auf die wunden Schienbeine.

"Ihr kommt, um als freie Männer zu kämpfen. Und freie Männer seid ihr alle.“ Dann geht es mühsam wieder hoch auf den Berg. Kann man das glauben?

„Blank Höhe“. Dank an den Bürgermeister Blank, der uns diese Sauerei ermöglicht. Überall hängt Dein grinsendes Gesicht, Du liebevoller Sklaventreiber, Du!  Und nächstes Jahr will ich Dich hier auf dem Parcours sehen, du Sau! Reiss Dir den Arsch auf, dann wähle ich dich!

Leute! Nahezu die gesamte schwarzamerikanische Elitetruppe kackt hier ab. Ich bin Läufer, ich überlebe, aber aller Respekt vor denjenigen, die es bis hierhin geschafft haben. Dieser Abschnitt geht aufs Hirn. Diese Strecke ist nicht normal. So oft, wie es hier hoch und runter geht, ist Wahnsinn. Hoch ist egal. Aber runter ist brutal. Wir sind alle nicht mehr bei Sinnen und hier fängt wieder das Kanonenschiessen an. Unkontrolliert rasen hier Körper in Sitzposition im Höllentempo die Abhänge hinunter.

Ich habe viel erlebt, hier und heute und überhaupt. Jetzt lerne ich wieder das Beten. Dass sich die Jungs hier ungelogen die Eier abreissen, sieht man nicht. Die schreien nur und wälzen sich dann im Unterholz. Aber als der Zwanzigjährige neben mir im Höllenspeed den Hang runtergeschossen kommt und sich auf dem Weg nach unten  sein Unterschenkel blitzschnell in einen rechten Winkel von seinem blutendem Körper begibt, da wird mir verdammt schlecht. Ich würge wie ein junger Hund, der eine Plastikdose Rügenwälder verdrücken will.

Rettungskräfte sind hier überall. Teilweise mit Seilwinden werden die Trageliegen durch den Wald transportiert. Ganz große Klasse. Der Jungsoldat bekommt sofort Bier. Nein, es war kein Bier, es war Pussytee.

 
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Der Weg führt nun eindeutig zurück, wilde Bergflanke. Münnerstadt,  einen Namen den ich nie wieder  vergessen werde. Blut Schweiss und Tränen. Dann folgt ein zweites „Death Valley“ mit der undurchdringlichen Dornenhecke „The Hedge“.  Die schon bekannten Hindernisse zurück möchte ich nicht mehr erwähnen. Vor allem nicht mein desaströser Kampf in den Schlammlöchern. Da war nämlich alles ziemlich abgetrocknet, als ich ankam. Und trockner Schlamm ist wie Kloßteig. Ich will nur noch ins Ziel. Ich bin sowas am Borat-Arsch und treffe meinen Aufpasser wieder. Wir liegen uns in dem Armen, die Drecksau die fiese. Hat noch nicht mal ein Bier in der Hand und ich sehe aus wie ein Blindwühle am Kanalausgang von St Pauli.

Dann kommt „Reifen-Müller-Castle“ mit überhohen Reifenwällen und dunkle, lange Röhren mit einschneidenen Felgenringen. Eine Reifenwand. Anlauf. Flatsch! Ich laufe frontal dagegen.  Dumm, dass da eine Moderatorin war. Aber kein Zuschauer lacht mehr, die haben nur noch Mitleid. Das ist auch etwas, was ich mitnehme. Ich war letzes Jahr dabei, aber das war relativ einfach gegenüber heute. Hier  und heute haben wir gekämpft und nach etwa 4 Kilometern echte Freunde fürs Leben gewonnen. Wir haben uns gegenseitig aus dem Dreck gezogen. Wir sind Platoons.

 An der „Event Wall“ kurz vor dem Stadion stehen wir Schlange. Wer will, darf vorbei. Sie ist hoch, es ist kalt und es wird dunkel. Wir sind keine Masochisten, wir sind anders, wir leiden.

Geflucht und gejubelt, geschrien und gebibbert, verschwitzt, erfroren und verdreckt, aber wir sind REAL BRAVEHEARTS. Es gibt Grenzen in dieser Welt, aber die sind nur im Kopf. Jede Grenze ist überwindbar.

Noch nie in meinem Leben habe ich einen Lauf erlebt, wo es mehr Verluste gab. Meine Knie sehen aus wie bei einem Siebenjährigen. Meine Unterarme, als sei ich 17. Mein Rücken als sei ich 80.  Also bin ich im Durchschnitt 21. Und deswegen habe ich diesen Lauf genmacht. Ich bin übersäht von Wunden, blauen Flecken  und juckenden Schnitten. Das Atmen fällt mir schwer, weil meine Brustmuskeln jaulen, wie ein schlecht geölter Kolbenmotor. Und aufs Klo werde ich mich nie wieder setzen können. Habe ich aber  noch nie gemacht, weil ich schon immer ein Braveheart war.

 Ich werde nächstes Jahr wieder hier antreten, so wie die 200 Verrückten, die sich schon wenige Stunden nach dem Lauf für 2013 angemeldet haben. Absolute Klasse, grenzwertig! Sehr grenzwertig, nur was für wirkliche Bravehearts! Und ich habe absoluten Respekt vor den paar Frauen, die das gemeistert haben!

"Und wenn Ihr dann in vielen Jahren sterbend in eurem Bett liegt, wärt Ihr dann nicht bereit, jede Stunde einzutauschen von heute bis auf jenen Tag, um ein Mal nur, ein einziges Mal nur, wieder hier stehen zu dürfen und unseren Feinden zuzurufen: Ja, sie mögen uns das Leben nehmen, aber niemals nehmen sie uns unsere FREIHEIT!

JAAAAAAAAAA! 

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