Fotos: Klaus Duwe
„Du bist jetzt ein Braveheart!“
4-2-32: Keine Geheimformel, sondern die Temperaturen des Tages beim Braveheart Battle in Münnerstadt: 4 Grad Außen-, 2 Grad Wasser- und 32 Grad Körpertemperatur (am Ende des 18 km langen Hindernisrennens mit rund 300 Metern Höhenunterschied). Warum die Wassertemperatur wichtig ist? Schaut Euch die Bilder an. Klaus hat sie gemacht. Ich bin gelaufen und jetzt ein Braveheart.
Im Herbst des letzten Jahres schickt mir Klaus einen Link, den vom Braveheart Battle, wahrscheinlich weil ich ein Faible für den Crosslauf habe. Da ich den Braten schon gerochen habe und Vergleiche zum Tough Guy Run sehe, habe ich eine ganze Weile nicht reagiert. Doch der Chef lässt nicht locker. „Einer muss laufen, denn ich werde fotografieren - bei schönem Wetter.“ Durch die Hölle gehen, so heißt es noch auf der Website, na Servus. Auf was habe ich mich da eingelassen!
So hat sich das Ganze entwickelt, wobei ich fast bis zum Schluss glaube, dass Klaus vielleicht beim Bienwald und/oder in Salzuflen tätig wird. Doch mitnichten. Und kneifen will ich auch nicht mehr. Aber ich halte mit einen Rückweg offen. Denn wenn die Verletzungsgefahr mir zu groß erscheint, dann kann ich immer noch die Schwimmeinlage weglassen.
Im unterfränkischen Münnerstadt, etwa 30 Kilometer an der Autobahn 71 nördlich von Schweinfurt, findet das Event statt, zu dem sich die Presse und das Fernsehen in unglaublicher Anzahl angesagt hat.
Die Gegend ist uraltes Siedlungsgebiet, aus dem 13. Jahrhundert sind noch Reste der Sadtmauer drei Stadttoren erhalten. Sehenswert sind auch die vielen Fachwerkhäuser, Kirch und Rathaus.„Mürscht“, so nennen die Einheimischen ihre Stadt, ist also auch vielen Gründen einen Besuch wert.
Ich fahre am Renntag in aller Herrgottsfrühe los und erreiche rechtzeitig die liebenswerte Stadt an der Lauer, einem kleinem Gewässer, das wir im Laufe des Rennens noch kennenlernen werden. Die Startunterlagen erhalte ich nach nur kurzer Wartezeit. Was mir auffällt, ist die robuste Startnummer, die eine Textileinlage hat. So geht wahrscheinlich erst die eigene Ausrüstung kaputt, bevor die Startnummer einreißt. Im Festzelt sind zahlreiche Kämpfer schon versammelt. Die meisten schmieren sich gegenseitig Farbe und Schminke in Gesicht und auf Körper. Einen Sinn kann ist nicht erkennen. Oder soll es gegen die Kälte nutzen. Es hat nämlich gerade ein paar Grad über Null.
Ausrüstungstechnisch habe ich mir eine Arbeitsjacke und Arbeitshandschuhe von der Holzarbeit ins Auto geworfen sowie griffige Laufschuhe und die Spikes mit den langen Nägeln. Ich schaue mir das Startgelände an, sehe schon die Strecke und will mich da ein wenig einlaufen. Das dauert aber gerade einmal 200 Meter, denn die Strecke führt unter einer Brücke mitten durch die Lauer hindurch. Ein Fluch kommt mir aus. Das fängt nachher schon mal gut an. Das Wasser ist mehr als knietief. Ich drehe um.
Der Untergrund im Startgelände ist ein wenig aufgetaut und entsprechend schmierig, darunter noch bockhart gefroren. Spikes, meine erste Wahl. Ich bin noch nie so eine lange Strecke mit diesen Dingern gelaufen, vielleicht mal zehn Kilometer, aber keine 18. Wenn es erforderlich sein sollte, dann kann ich ja im Laufe des Rennes die Schuhe tauschen, denn zwei Mal kommen wir am Start- und Zielgelände vorbei. Und wenn der Wechsel zwei Minuten kosten würde, bei einer maximalen Laufzeit von sechs Stunden erscheint das marginal.
Gegen Mittag ist der Start vorgesehen. Ich stelle mich in die Mitte des Feldes, da ich nicht weiß, ob hier viele Könner laufen werden. Einige haben schon Erfahrungen aus dem Tough Guy Race gesammelt. Laufen ist wohl für mich kein Problem, die Hindernisse schon eher.
Klaus frozzelt noch: „Du kriegst vielleicht den Preis als Ältester.“ Immerhin habe ich noch auf der Starterliste einen 60jährigen ausgemacht. Die Jungen sind deutlich in der Mehrheit.
Nach ein paar Grußworten müssen wir auf die Knie, denn ein Pfarrer gibt den Braveheart-Kandidaten den Segen. Gut, dass die rund 600 „Spnner“ in den Genuss eines Blockstartes kommen, so gibt es wenigstens an der ersten Durchquerung der Lauer keinen übermäßigen Stau. Mit der dritten Startwelle mache ich mich dann vom Acker. Langsam anfangen und die Kräfte einteilen, so möchte ich das Abenteuer bestehen. Und mich nicht blamieren.
Aber wie komme ich ohne Blessuren über die Lauer? Das ist die erste Frage, die ich mir kurz nach dem Start stelle. Doch an der Brücke geht alles dank Gruppendynamik fast automatisch. „Links geht es leichter“, höre ich von einem der Helfer. Und sein Rat ist gut, denn die Strömung ist da nicht ganz so stark. Außerdem liegen da im Bachbett kaum Wackersteine herum. Ich komme relativ glimpflich an das jenseitige Ufer. Einige Kämpfer rudern schon wie verrückt herum und stolpern.
Das erste Hindernis, die Schäferswand „Brave Wall“. Ein etwa sechs Meter hohes Hindernis aus Strohballen. Ich mache langsam und arbeite mich am Rand hoch, wo man sich zusätzlich an den Gittern sichern kann. Auf der Brücke sehen uns zahlreiche Zuschauer zu. Hinunter geht es bei mir ebenso bedächtig. „Kein Risiko eingehen“, hat mir Klaus noch mit auf den Weg gegeben. Die Marathonsaison hat ja gerade begonnen.