Mit dem Zug brauche ich 6 Std bis zum Höllentor. Es liegt an der Spitze von Nord-Holland, war die wichtigste Versorgungsstation der Schiffe der Ostindien-Kompanie und bekam wegen seiner starken Befestigung (De Schaans), den zahllosen Kanonen, Strandräubern (Jutters) und den unberechenbaren Winden, den Namen Den Helder, Zum Höllentor.
Die Fähre von Den Helder nach Texel braucht 20 Minuten (Fußgänger bezahlen hin und zurück 2,50 €) und legt stündlich, jeweils um halb ab, überquert die Meerenge, die die Nordsee im Jahre 1170 in das Holländische Festland gerissen hat und Texel seitdem vom Festland trennt.
Die Sechzig von Texel findet jedes zweite Jahr am Ostermontag statt, im jährlichen Wechsel mit dem JKM (Jan Knippenberg-Memorial), dem längsten Strandlauf der Welt über 100 Meilen. Jan Knippenberg (gest. 1995) ist die holländische Ultralauf-Legende und hat zusammen mit Martien Baars den 100 Meilen Lauf und die Zestig van Texel (mit 120 km Lauf) ins Leben gerufen.
Anmelden kann man sich ab September, ausgebucht ist der Lauf nach ca. 4 Wochen. Max Anzahl Läufer: 35 für die 120, 500 für die 60, 150 Teams für die 60er Staffel. Eigenverpflegung kann bei den Versorgungsstationen (Kramen) bei 15, 30 und 45 km deponiert werden, ansonsten gibt es alle 5 km eine Kramen.
35 € Startgeld für die 60 km (50 € für die 120km). Fahrradbegleitung ist möglich.
Die Strecke, auf ein Ziffernblatt übertragen, startet im Süden von Texel, bei 5 Uhr, in t´Hoorntje, am Koninklijk Nederlands Instituut vor Onderzoek der Zee ( NIOZ), am Anlegeplatz der Fähre, umrundet die Insel, um dann bei 3 Uhr ins Landesinnere nach Den Burg abzubiegen.
Anreise:
Vom Bahnhof Den Helder geht die Buslinie 33 (1,5 €) zur Fähre nach Texel. Oder mit Flugzeug bis Amsterdam (1:15), Zug ab Schiphol bis Den Helder (1,5 Std). Wer mit dem Auto anreist, kann bei der Fähre in Den Helder kostenlos parken oder das Auto mit auf die Insel nehmen. Reservierungen für die Fähre sind nicht nötig.
400 Schiffswracks liegen vor der Insel, sehr viele der Ostindien Kompanie, deren Schiffe hier im Windschutz der Insel wochenlang auf den günstigen Ostwind warteten, der sie ums Kap der guten Hoffnung zu den Molukken bringen sollte. Bei der Fähre gibt es einen Fahrradverleih, eine Busfahrt kostet 3,10 Euro, egal wohin auf der Insel.
“Welcom ob Tessel”
Am Samstag treffe ich Martien Baars, den Organisator, beim Filmvortrag über den Trans Alpin. Hier in der Jugendherberge (stayokay) ist die Infrastruktur des Ultralaufes. In zahlreichen Gesprächen mit Martien und anderen Ultraläufern versuche ich hinter den Mythos der Zechzig van Texel zu kommen. Jeder hier ist “Wiederholungstäter” und jeder hat mindestens eine Rechnung offen mit diesem Lauf. Auch ich werde in zwei Tagen eine kleine Rechnung in Texel offen haben, aber so begeistert sein, dass ich in zwei Jahren diese Rechnung begleichen werde.
Der 120 km Lauf
Die Läufer der 120 km starten um 4:35 Uhr in Den Burg an der Jugendherberge stayokay, laufen zunächst entgegen des Uhrzeigersinnes, um dann beim NIOZ die Laufrichtung des 60 km-Laufes aufzunehmen. Man muss eine zeitliche Qualifikation nachweisen (100 km in 9:30). Dennoch erreichen nur 50 % das Ziel innerhalb des Zeitlimits von 13 Stunden.
Es starten 5 Frauen und 30 Männer. Rainer Koch, der Gewinner des Trans America 2011 und des Trans Europa 2009, kann erkältungsbedingt nicht teilnehmen. Jörg Just weist eine 100 km-Zeit von 8:40 vor. Die übrigen Teilnehmen sind Niederländer (1x Frankreich, 1x Belgien), sind Gewinner der 100 km von Winschoten, Teilnehmer des Spartathlon ( Qualizeit 36 Std), des JKM oder weisen eine km-Zahl deutlich jenseits der 200 bei einem 24 Std Lauf nach.
Ich werde die 60 km (Zeitlimit 7 Std, Championchip) angehen. Durchschnittsalter der Läufer: 39 Jahre, Erfolgsquote innerhalb des Zeitlimits: 70 % . Die Startzeit (10:35 Uhr) richtet sich nach der Fähre. Die Staffelläufe starten eine Std später (Zeitlimit 6 Std.)