Immer mehr Halbmarathonis sind nun auf der Strecke und überholen uns. Der Führende ist schon längst wieder auf dem Rückweg. Zu einem Israeli neben mir sage ich: „When I was young ..“ Er Israeli antwortet: „When you were black“. Daraufhin wieder ich: „When I was young and black“.
Die Strecke durch die Eilat Mountains begeistert mich total. Dauernd bieten sich neue faszinierende Blicke. Nach dem Wendepunkt der Halben wird es ruhiger im Feld. Die 300 Marathonis sind weit verteilt und man hat nur noch wenige Läufer in Sichtweite.
Die Wüste zieht mich in ihren Bann. Man sagt ja, die Wüste verändere die Menschen. Man kommt als anderer Mensch aus ihr zurück. Die Berge um mich herum sind völlig vegetationslos. In den Wadis sieht dies anders aus. Hier kann man eine Palette von an das Wüstenklima angepassten Pflanzen sehen.
Nach Km 11 kommen wir an eine WS. Mit großer Heiterkeit erfüllt man hier und an den folgenden Wasserstellen meine Bitte, mir Wasser über den Kopf zu schütten. Für mich ist diese Kühlung absolut notwendig. Zum Trinken ist mir aber das Isogetränk lieber. Ansonsten bin ich mit meinem Trinkrucksack Selbstversorger.
Erfrischt setze ich meine Kappe auf und laufe weiter in Richtung Shchoret Wadi. Auf der Laufstrecke hat sich in einem Einschnitt ein Verpflegungsfahrzeug festgefahren. Am Anhänger ist ein Rad abgebrochen und der Nachschub für die WS beim Km 11 hängt fest. Da haben wir Läufer es einfacher mit dem Vorwärtskommen.
Bislang führt uns die Strecke durch den Roded Creek und in den Eilat Mountains stetig bergan. Nun geht es abwärts. Weit voraus kann man das Amram Valley sehen. Um uns herum liegen beeindruckende Berge, die in verschiedenen Farben leuchten. Hier würde ich gerne einmal wandern, denke ich.
Mir fällt der Israel-Trail ein. Auf diesem Trail kann man auf fast 1000 Km Länge Israel vom Golan bis nach Eilat durchwandern. Das wäre noch ein Ziel für mich. Aber jetzt heißt mein nächstes Etappenziel erst einmal Km 18. Hier will Freund Ron auf mich warten und mich anfeuern.
Wir kommen in ein breites Wadi. Wieder bin ich überwältigt von der Weite der Landschaft. Ständig bietet sich uns ein wechselndes Szenario. Die Strecke ist eine der schönsten, die ich je gelaufen bin.
Nach Umlaufen des Mt. Amir nähern wir uns Km 18. Nun haben wir ein Stück die Sonne direkt vor uns. Noch ein Blick zurück zum Giv'at Pu'a (645m) und Mt. Amir (43m) und da sind auch schon Km 18 und Ron.
Ein Foto und aufmunternde Worte später mache ich mich auf den Weiterweg. Vor mir liegt eine mehr als 5 Km lange Gerade mit kleineren Wellen. Und das in praller Sonne. Mir wird ordentlich warm. Und die Berge im Hintergrund wie der Mt. Shakhmon (328m) oder Mt. Yedidya (430m) kommen nicht näher. Es gibt noch einige Wellen und eine WS, dann ist endlich die Kreuzung hinter Km 23 erreicht.
Es geht hinein in den für mich schönsten Teil der Strecke. Ab in den Canyon. Leider ist der Untergrund hier alles andere als leicht zu laufen. Man sinkt ein und die Kraft verpufft im nachgebenden Gemisch aus Sand, Kies und Stein.
Aber es ist grandios. Wir laufen hinein und nach einem Wendepunkt wieder zurück. Mir kommen daher schon viele Marathonis auf ihrem Rückweg entgegen.
Ich gestehe, angesichts meiner schwindenden Kräfte beneide ich die mir Entgegenkommenden. Ach wäre ich doch auch schon hier jenseits der 30 Km. Nix da, ich will mir diesen Höhepunkt doch nicht entgehen lassen. Allerdings lasse ich es merklich langsamer angehen. Warum nicht mal wieder einen Marathon über 5 Stunden laufen, denke ich mir und kämpfe mich auf dem weichen Untergrund stetig aufwärts voran.
Einer der mir freudig entgegen kommt, ist Karl-Heinz. Später kommt auch Dagmar. Es macht so richtig Spaß, trotz der Plackerei. Der Canyon ist Wahnsinn. Wir laufen gut 4 Km in den immer schmaler werdenden Canyon hinein. Links und rechts hohe vegetationslose Berge in verschiedenen Farben, im Bett des Wadis zeigen sich vereinzelte Bäume, meist Akazien. Bizarre Anblicke bieten sich uns. Hinter jeder Biegung wartet eine neue faszinierende Aussicht.
Leider hat auch dieser Streckenabschnitt irgendwann ein Ende. Der Wendepunkt wird akustisch durch einen Trompeter signalisiert. Ich drehe um und laufe über die Zeitmessmatte. Der Rückweg durch den Canyon beginnt.
Es ist schön nunmehr von der Rückwegseite die mir Entgegenkommenden zu sehen. Sie haben die Plackerei noch vor sich - und auch die Schönheit des Canyons. Abwärts lässt es sich etwas leichter laufen.
Kurz nach Km 30 bin ich wieder an der Kreuzung und greife Datteln ab. Daneben gibt es noch Bananen. Längst lasse ich mir an den WS mehrere Wasserflaschen über den Kopf schütten. Kühlung und trinken, das ist angesagt.