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06.07.14 - Dolomiti Skyrun

Traumtrails in den Dolomiten

„Wir danken allen Teilnehmern, die sich der großen Herausforderungen des 1. Dolomiti Sky Run gestellt haben, für die unvergesslichen Momente, die auch wir erlebt haben. Eure unglaublichen Emotionen werden für immer in unseren Herzen bleiben.“

Diese Worte (Fabio de Mas) des Veranstalters sagen alles über die Atmosphäre beim Dolomiti Sky Run (DSR), der erstmals vom 4. bis 6. Juli 2014 stattfand.

Als ich im Januar erstmals auf der Homepage des DSR landete, war für mich sofort klar, dass das mein persönlicher Saisonhöhepunkt werden würde. Und dies nicht wegen der in der Ausschreibung aufgerufenen 11.800 positiven Höhenmeter, die sich auf nur 136 km verteilen. Im Vordergrund stand die Vorstellung, nahezu die gesamte Traumlandschaft der Dolomiten auf dem Wanderweg „Alta Via Nr. 1“ von Nord nach Süd zu durchlaufen.

In früheren Jahren hatte ich den nördlichen Teil der Dolomiten bereits beim Bergsteigen lieben gelernt. Als Läufer kehrte ich in 2008 zur damals 2. Auflage des Lavaredo Ultratrails (LUT) zurück. Der hatte damals noch eine „bescheidene“ Länge von 53 km bei 3.300 Höhenmetern. Und ich war der einzige Teilnehmer aus Deutschland. Mit jeder Verlängerung des LUT kam ich wieder, bis ich in 2012 die jetzige Strecke kennenlernte.

Der DSR startet im zweisprachigen Südtirol. Der Startort ist Schmieden (Ferrara), ein Ortsteil von Prags (Braies). Die Strecke führt nach Süden durch den Naturpark Fanes-Senes-Braies, den anschließenden Parco Naturale delle Dolomiti d´Ampezzo und an nahezu allen großen Bergmassiven der Dolomiten vorbei bis nach Belluno, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Von dort kann man bei gutem Wetter bereits bis nach Venedig blicken.

Das schon erwähnte Höhenprofil ist ganz nach meinem Geschmack. Mit großem Respekt betrachtete ich das ursprünglich vorgegebene Zeitlimit von 40 Stunden. Zum Vergleich:

 

Dolomiti Sky Race        136 km / 11.800 HM   40 Std. Limit =  3,40 Pace
UTMB                            168 km/  9.600 HM   46 Std. Limit =   3,65 Pace
TdG                               330 km/24.000 HM  150 Std. Limit =  2,20 Pace
Südtirol Ultra Skyrace   121 km/  7.000  HM   40  Std. Limit =  3,03 Pace

 

Ich war sehr froh, als uns Läufern dann 3 Stunden mehr zugestanden wurden. Meine Chancen auf ein Finish sah ich damit als etwas realistischer an.

Eine Punkt-zu-Punkt-Strecke im Hochgebirge stellt einen Veranstalter vor ganz besondere Herausforderungen. Ganz offensichtlich erfuhr der DSR jedoch eine wirklich großartige regionale Unterstützung. Für Teilnehmer, die ein Quartier am Zielort Belluno hatten, wurde ein Shuttle-Service zum Startort organisiert, der für kleines Geld (10,00 €) hinzugebucht werden konnte.

Die Abfahrt des Shuttle-Service war für den Freitag um 10:00 h in Belluno angekündigt. Italienisch entspannt warten etwa 100 Läufer in 3 Bussen auf die Abfahrt. Warum die erst 45 Minuten später erfolgt, interessiert niemanden wirklich.

Nach ca. 2 Stunden Fahrtzeit halten die Busse in Cortina d´Ampezzo. Ohne irgendwelche Erklärungen oder Zeitvorgaben seitens der Fahrer verteilen sich alle auf Toiletten und die Kaffeebar, um unaufgefordert nach ca. 20 Minuten wieder abfahrbereit im Bus zu sitzen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nur in Italien so geschmeidig funktioniert.

Gegen 14:00 h erreichen wir den Startort. Die einen stellen sich zur Abholung der Startunterlagen an, die anderen verdrücken in einem nahen Gasthof Pasta und Apfelstrudel, die es mit einem Bon des Veranstalters dort inkl. eines Getränks für 10,00 € gibt.

Die Aushändigung der Startunterlagen geht schnell. Jeder erhält drei farbige Plastiksäcke mit Startnummernaufklebern als Drop-Bags. In die kann persönliche Ausrüstung für die Versorgungsstellen am Passo Falzarego (km 40,5), Passo Duran (km 89) und Belluno verpackt werden. Ich habe Wechselkleidung und Schuhe entsprechend vorbereitet und kann meine Säcke schnell abgeben.

 
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Während der Wartezeit auf das Briefing um 16:00 h treffe ich viele italienische Lauffreunde. Außer mir ist nur ein weiterer Deutscher gemeldet, wir laufen uns allerdings nicht über den Weg und in der Ergebnisliste taucht sein Name auch nicht auf.

Ich sehe Janne Marin aus Finnland wieder, er und sein Partner waren in 2013 beim PTL die Schnellsten. Heute steht er mit seiner Frau Anna am Start. Für Anna ist der DSR der erste Lauf über mehr als 100 km.

Das Briefing findet, mangels einer signifikanten Anzahl von Teilnehmern aus dem Ausland, nur auf Italienisch statt. Wichtig sind für mich die Erklärungen zur Markierung des Kurses. Neben den Markierungen des Wanderwegs seien die Abzweigungen dreifach ausgeschildert. Ein reflektierender Pfeil kündigt eine Abzweigung an, an der Abzweigung selbst befindet sich ein Richtungspfeil und nach der Abzweigung folgt eine weitere Markierung als Bestätigung. Für mich ist das absolut logisch und ausreichend. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einem schlüssigen Wegverlauf auch über längere Distanzen keine zusätzlichen Markierungen angebracht sein werden.

Pünktlich um 18:00 h werden wir ziemlich unspektakulär auf die Strecke geschickt. Wir verlassen die kleine Ortschaft auf einer Teerstraße, die zum Pragser Wildsee führt. Nach weniger als einem km biegen wir links ab, um auf Schotter- und Waldwegen leicht ansteigend genau dorthin zu gelangen.

 
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Ein traumhaftes Panorama bietet sich. Wir laufen am Ufer entlang, umrunden den See zu knapp einem Drittel und biegen dann nach links ab. Der erste richtige Aufstieg beginnt. Bis zum Rifugio Biella (Seekofelhütte) sind knappe 850 Höhenmeter zu überwinden. Gegen 20:20 h bin ich dort. Die Verpflegungsstelle auf 2.327 m Seehöhe bietet Tee, Iso, verflüssigte Gummibärchen, Wasser, Bananen und sehr süßes italienisches Gebäck. Das aus meiner Sicht eher dürftige Angebot wird durch die Begeisterung und Freundlichkeit der Helfer mehr als kompensiert.

 
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Es ist windig und leichter Regen setzt ein. Der folgende Abschnitt führt auf gut laufbaren Fahrwegen zunächst leicht bergab. Nach ungefähr einem km schwenken wir nach rechts und verlieren auf einer steilen Schotterpiste schnell an Höhe. Mit Einbruch der Dämmerung komme ich zum Rifugio Pederü auf 1.548 m. Dort befindet sich allerdings kein Verpflegungspunkt und ich widerstehe erfolgreich der Versuchung, dennoch auf ein Bier einzukehren. Der Süßkram vom letzten VP bekommt meinem Magen nämlich nicht besonders gut.

Die eben verlorenen Höhenmeter müssen auf dem Weg zum Rifugio Fanes wieder eingesammelt werden. Das Läuferfeld ist schon ziemlich auseinandergezogen. So kann ich trotz der zunehmenden Dunkelheit ohne Stirnlampe laufen. Die Augen gewöhnen sich an die Finsternis, nur ein fahler Halbmond schimmert durch die Wolkendecke.

Zwei Wochen zuvor stand ich beim WiBoLT trotz eingeschalteter Stirnlampe immer wieder im Finstern, weil hinter mir irgendjemand einen Scheinwerfer mit der Leuchtkraft einer Flughafenbefeuerung am Kopf hatte und der dadurch verursachte Schattenwurf meine eigentlich gar nicht so funzelige Lampe überforderte.

So kann ich angenehm in die zunehmende Finsternis hineinlaufen. Ich erinnere mich an ein früheres Leben, lange vor der Eroberung des Paradieses durch die damalige Achse des Bösen, und heiße wieder „Der mit den Füßen sieht“.

Erst als sich der Nieselregen verstärkt, ziehe ich unter dem schützenden Dach einer Almhütte meine Regenjacke über und schalte danach auch meine Lampe ein. Die Läufer in meinem Umfeld halten offensichtlich auch nicht so viel von lampentechnischer Hochrüstung, so dass ich meine nach dem WiBoLT neu erworbene Petzl Nao verschämt auf der kleinsten Stufe betreibe.

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