Vergangenes Jahr bin ich den 80-km-Trail in Paris das erste Mal gelaufen und habe ihn – für meine Leistungsklasse – als grenzwertig erlebt, lief ich doch ständig unter Zeitdruck und kam doch 28 Se-kunden nach dem Zeitlimit am Fuße des Eiffelturms an, wurde aber kulanterweise noch hoch ins Ziel auf der 1. Plattform des Turmes gelassen.
Wie anders war es dieses Jahr und es bedurfte dazu nur ein paar kleiner Änderungen! Es spricht für den Veranstalter, dass er das gesehen und vor allem auch die Änderungen vorgenommen hat: das Zeitlimit an der zweiten Verpflegungsstelle wurde entschärft und die dritte sechs Kilometer vorverlegt und zeitlich ebenfralls entschärft. Am Charakter des Laufes änderte sich dadurch gar nichts. Nach wie vor ist es ein recht anspruchsvoller Trail – 78 km, etwa +1.500 m im Aufstieg und -1.500 m im Abstieg. Folgender Spruch gilt auch dieses Jahr für den ecoTrail: „Wenn sich ein Lauf in Frankreich Trail nennt, dann ist auch Trail drin“.
Was macht einen Trail aus? Natürlich die Streckenlänge (mehr als Marathon), so wenige Verpflegungsstellen, dass man auf eigene Verpflegung im Rucksack angewiesen ist, dann natürlich noch der Untergrund – möglichst wenig Asphalt, viel anspruchsvolle Wanderwege – und nicht zuletzt die Höhenmeter. Dies alles summiert sich beim ecoTrail Paris, so dass es dort für den utmb 2 Punkte gibt. Obwohl der Rennsteig von den Rahmendaten etwa vergleichbar ist, bekommt man dort nur 1 Punkt, weil da die Verpflegung viel zu gut ist.
Über Paris selbst brauche ich ja kein Wort verlieren. Diese Stadt ist immer eine Reise wert und bietet auch nach vielen Besuchen immer noch Sehenswertes und Unentdecktes. Die Anreise mit dem Zug geht sehr schnell, von Stuttgart aus weniger als vier Stunden und Übernachtungsmöglichkeiten gibt es zahllose und für jeden das Passende. Hier nur ein paar Bilder, die wir – dieses Jahr war nur Angelika mit dabei – vor und nach dem Lauf gemacht haben.
Zum ersten Mal fand dieser 80-km-Trail-Lauf vor vier Jahren statt. Zwei Jahre später kam dann noch ein kürzerer Trail über 50 km dazu und dieses Jahr noch eine 30-km-Strecke. Die Teilnehmerzahlen stiegen und am Samstag waren etwa 4.800 Teilnehmer auf den drei Strecken unterwegs, der große Trail überschritt sogar das Teilnehmerlimit von 2.000.
Die Startunterlagen holten wir am Freitag ab, am Samstag ging es mit der Bahn (RER) mit dem kostenlosen Ticket – Achtung, bei der Anmeldung zum Lauf mit angeben – zum Startort „Saint-Quentin-en-Yvelines“, westlich von Paris und weiter mit Bussen des Veranstalters zum Start auf der dortigen Freizeitanlage. Man bekam Kaffee, Tee und Kuchen angeboten, gab seinen Kleiderbeutel ab, füllte seine Trinkflaschen/Blase und beinahe pünktlich um 12.02 Uhr war Start.
Das Wetter war optimal, noch besser als vergangenes Jahr, Regen war nicht zu befürchten und so hatten wir die Regenjacke im Hotel gelassen und lediglich eine dünne Jacke im Rucksack mit dabei, falls es in der Nacht kühl werden sollte.
Von Anfang an liefen wir ein flottes Tempo. Die erste Verpflegungsstelle war bei Kilometer 22, bis dorthin ist die Strecke leicht zu laufen, schöne, breite Wege, nur ganz wenig Steigungen und gutes Geläuf, das galt es ausnutzen und Zeit gut machen. Tatsächlich gelang uns das dann ganz gut, 45 Minuten vor dem Zeitlimit kamen wir an. In der Ergebnisliste habe ich dann gesehen, dass hier bereits 225 Teilnehmer ausgeschieden sind. Zu schnell gelaufen? Strecke unterschätzt? Kondition überschätzt?
Es war eine gut ausgestattete Verpflegungsstelle, Cola, Wasser, Nüsse, Kuchen, Obst – alles was das Herz begehrt. Wir füllten die Flaschen auf, denn bis zur nächsten Wasserstelle würden wir etwa dreieinhalb Stunden unterwegs sein.
Der leichte Abschnitt lag hinter uns und der eigentliche Trail begann jetzt. Immer wieder ging es auf schmalen, unebenen Wegen mehrere hundert Meter steil aufwärts und ebenso steil wieder abwärts. Solche Wechsel gab es viele Mal und damit erklären sich auch die 1.500 hm aufwärts. Klar, die langen Anstiege gibt es hier nicht, aber viele kleine, giftige addieren sich auch und lassen einen vor allem die Oberschenkel spüren und die vielen Abwärtspassagen erklären den Muskelkater, den ich am nächsten Tag hatte.
In der Tat dauerte es dann die erwarteten 3:40h bis zur Wasserstelle bei km 45. Die war in der Tat auch nötig, denn die Sonne hatte uns mächtig eingeheizt und unser Getränkevorrat war leer. Es war jetzt kurz vor 19 Uhr (Zeitlimit 19.30 Uhr) und bald würde es dunkel werden (Sommerzeitumstellung erst in der Nacht!). Also zog ich mir noch ein Unterhemd an, holte die Stirnlampe heraus und nach wenigen Minuten waren wir wieder auf der Strecke.
Bei Kilometer 47 passierten wir die Sternwarte (Observatoire de Meudon) und die dortige Kontrollstelle. Kontrolliert wurde man aber nicht, also ging es sofort weiter. Immer wieder hatte man jetzt Ausblick auf Paris und unser Ziel, den Eiffelturm.
Und dann war es dunkel und damit ein ganz anderes Laufen. Kam man zuvor mit dem Untergrund ganz gut zurecht, musste man jetzt sehr aufpassen, denn das Licht einer Stirnlampe leuchtet nur einen begrenzten Bereich aus, ein Vorausschauen war nicht möglich, auf den oft wurzeligen und steinigen Pfaden aber dringend geboten, es hieß also langsamer laufen. Das Auf und Ab hielt an, unser Tempo wurde beinahe 40 Sekunden pro Kilometer langsamer und spätestens hier wurde uns wieder richtig bewusst, dass das ein sehr anstrengender Trail war, aber auch wunderschön mit diesem ständigen Wechsel, den Ausblicken, den schönen Parks. Am meisten aber freute mich, dass wir diesmal immer mitten im Geschehen waren. Stets liefen wir in der Gruppe, wurden überholt, überholten aber auch und irgendwie waren doch immer dieselben Leute um uns herum.
Bald würde jetzt die zweite Verpflegungsstelle kommen, und tatsächlich, wie angekündigt tauchte sie bei Kilometer 55 auf. Noch besser ausgestattet wie die erste, sogar Nudelsuppe gab es hier. Zeit auf das Limit hatten wir genügend – es war 20.17 Uhr, um 20.45 Uhr musste man die Station verlassen haben – also konnten wir ausgiebig essen, trinken und die Vorräte ergänzen, bevor es weiter ging.
An die Dunkelheit hatten wir uns längst gewöhnt, noch eine Stunde Trail und dann würde die Strecke langsam wieder einfacher werden. Ich erinnerte mich an vergangenes Jahr, als wir diesen Abschnitt ziemlich mut- und hoffnungslos liefen, durchnässt, rutschiger Untergrund, Zeitmangel. Wie anders war es diesmal! Nur 12 km bis zur nächsten Station, eine überschaubare Entfernung, genügend Zeitreserve und eine laue Nacht. Auch die Ausschilderung mit reflektierenden Bändern sorgte dafür, dass wir uns nicht einmal verliefen.
Nach nicht ganz zwei Stunden waren wir an der dritten und letzten Station (km 67). Auch hier das gleiche Bild: jede Menge erschöpfter Gestalten und eine reichliche Verpflegungstheke. Wieder konnten wir uns Zeit lassen, hatten wir doch hier noch 45 Minuten Zeitreserve.
Mit Vorfreude liefen wir weiter. Zwar schmerzten meine Fersen mordsmäßig, die Oberschenkel signalisierten vollkommene Schwäche, aber es ging mir ansonsten gut, die restlichen elf Kilometer würden wir problemlos schaffen.
ngelika beklagte sich zwar über Erschöpfung, lief aber trotzdem problemlos mit.
Der Fluss war erreicht, ein paar Mal ging es noch rüber und wieder herüber, das beleuchtete Ziel lag jetzt ständig vor uns im Blickfeld und da ich um das „Haken schlagen“ auf diesem Abschnitt wusste, störte im mich nicht daran. Ein paar Mal musste man viel befahrene Straßen überqueren, aber um diese Zeit war auch das problemlos möglich.
Dann – es war vier Minuten nach Mitternacht – ging es die letzte Treppe hinauf, bei roter Ampel noch über die Straße und dann war da der Eingang zum Aufgang zum Eiffelturm - geschafft!
Für die Treppen hoch zur ersten Plattform auf dem Eiffelturm brauchten wir noch knapp sechs Minuten und dann waren wir im Ziel, 50 Minuten vor Zielschluss, kein Hetzen, kein Zeitdruck.
Vergangenes Jahr hatte Angelika gemeint: „Diesen Lauf muss ich wirklich nicht noch mal machen!“ Dieses Jahr schloss sie eine weitere Teilnahme bereits am nächsten Tag nicht mehr aus und auch ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir nächstes Jahr wieder mit dabei sind!
Dieser Trail hat einfach eine geniale Mischung, einfache Passagen, aber auch durchaus sehr anspruchsvolle. Man läuft durch schöne Parkanlagen und Wälder, es gibt steile Auf- und Abstiege, schlechte Wege, gute Wege, wenig Asphalt (10 %), der Wechsel zur Dunkelheit und vor allem: der Trail fordert, aber überfordert nicht. Der schnelle Läufer nimmt sich vor, alles zu rennen, der langsame, in der Zeit durch zu kommen.
Wenn wir Beide das schaffen, dann ihr alle miteinander ebenfalls! Das deutsche Läuferkontingent ist hier durchaus noch ausbaubar.
Noch ein paar Zahlen zum Lauf:
2008 waren es 896 Teilnehmer, davon sind 152 nicht im Ziel angekommen;
2009 waren es 1.181 Teilnehmer, 180 davon sind nicht angekommen;
2010 waren es 1.578, von denen 309 vorzeitig ausschieden und
2011 waren es 1.893, von denen 415 vorzeitig ausgeschieden sind.
2012 waren es 2.049, von denen 355 vorzeitig ausgeschieden sind.
Streckenlänge 78 km, +/- 1.500 Höhenmetern
Zeitlimit 13 Stunden; Start 12 Uhr, Einlassschluss 1.00 Uhr unten am Eiffelturm, die Zeit hoch ins Ziel spielt dann keine Rolle mehr.
drei Verpflegungsstationen: Kilometer 22, 55 und 67 und eine Wasserstelle bei km 45.
Kosten: 78 Euro, incl. Finisher-Shirt