Es gibt Tage, auf die man getrost verzichten kann: Wir fahren auf die Autobahn und stehen im Stau. Keiner der einschlägigen Dienste hatte davor gewarnt. Eine Stunde später haben wir tatsächlich 10 Kilometer geschafft und es geht wieder normal weiter. Nach ungefähr 100 Kilometern schreckt uns ein schriller Warnton. Die elektronische Warnanzeige unseres Autos will uns sofort in die Werkstatt schicken. Norbert behält die Nerven und erkennt das Problem: Er kann mit kein Gas mehr geben. Das Notfahrprogramm und der Tempomat funktionieren aber noch. Also fahren wir weiter; was sollen wir sonst machen? Auf der B10 ist ein Tunnel gesperrt und wir werden über winzige, kurvige Landesstraßen umgeleitet. Jetzt ist fahrerisches Können gefragt. Norbert meistert die Herausforderung mit bravour und so erreichen wir sicher Waxweiler.
Am Ortseingang halten wir uns rechts, Richtung Sportgelände. Nach einigem Hin und Her sind wir wieder an gleicher Stelle. Erst hier erkennen wir die Schilder, die uns zur Startnummernausgabe weisen. Natürlich sind wir viel zu spät für die Pasta Party. Es ist ja schon nach 20 Uhr und die Helfer des Musikvereins sind schon am abbauen. Also stellen wir das Auto eben bei der Turnhalle ab und suchen eine Pizzeria. Ich will gerade wieder ins Auto steigen - da geht die Türe nicht auf. Das Schloss ist kaputt. Oh je, hoffentlich kommen wir mit unserem Auto heil wieder nach Hause. Wo ist jetzt die Turnhalle? Wir sollen bei der Sparkasse rechts abbiegen, den Rest der Erklärung können wir uns nicht merken. Zweimal fahren wir an der Sparkasse vorbei, bevor wir das Gebäude erkennen. Also hier rechts. Norbert folgt seinem Instinkt und wir finden tatsächlich die Schule, wo sich auch die Sporthalle befindet. Zum Parkplatz geht es steil bergab, dann sind wir endlich da.
Die Turnhalle bleibt zum Übernachten geöffnet. Andere Läufer haben es früher geschafft. Die Pasta Party sei sehr lecker gewesen: vier verschiedene Soßen auch für Vegetarier, wird uns erklärt. Dafür haben wir nun Gelegenheit Waxweiler zu Fuß zu erkunden. Der Ort erscheint nun viel übersichtlicher, so dass die Pizzeria schnell gefunden ist. Gott sei Dank sind wir einen Tag früher angereist.
Am nächsten Morgen lädt der Musikverein zum Frühstück ins Bürgerhaus. Wir holen zunächst unsere Startunterlagen und sind erstaunt über die gut gefüllte Startertasche. Hier haben sich die Sponsoren nicht lumpen lassen. Nach dem Frühstück mit frischen Brötchen genießen wir die Zeit zum entspannen. Mittlerweile ist ganz schön was los. Über 400 Starter werden erwartet. Das Wetter verspricht angenehm zu werden: sonnig, aber nicht heiß. Um Viertel vor neun wird es draußen auf der Straße lebendig. Der riesige Startbogen war uns schon vorher aufgefallen. Durch die laute Musik und die vielen Menschen herrscht eine betriebsame Vorstart-Atmosphäre. Einige Läufer haben sich bereits vor dem Startbogen aufgestellt. Der Sprecher klärt auf, dass sie auf der falschen Seite stehen. Verwirrt wechseln sie die Position. Es geht andersherum, als wir denken.
Rita Brandenburg, 1. Vorsitzende des Eifelmarathon e.V., einem Zusammenschluß aus 16 Laufvereinen des Eifelkreises Bitburg-Prüm, begrüßt die Starter und ihre Begleiter. Die Zusammenarbeit bewährt sich seit 1998, als der erste Eifelmarathon gestartet wurde. In diesem Jahr wird zum zweiten Mal auch eine Ultrastrecke angeboten. Mit fast 1100 Hm auf 51,4 Kilometer kein leichter Brocken. Die Halbmarathonis werden demnächst mit dem Shuttle zu ihrem Start auf Schloß Hamm gebracht. Der Start für die 10 km Walker und Fittnessläufer erfolgt um 9 Uhr 10.
Als um 9 Uhr der Startschuss ertönt, machen sich die 170 Marathonis und Ultraläufer gemeinsam auf den Weg. Nach der ersten Kurve geht es bergauf durch den Ort.
Norbert läuft zunächst wieder mit mir. Ich merke schnell, dass mir die Oberschenkel brennen, aber jetzt schon gehen, ist mir doch zu peinlich. Hinter dem Ortsschild wird es flacher und ich kann mein Tempo einstellen. Auch Norbert sucht jetzt sein Tempo und läuft nach vorne. Nun kommen uns Läufer entgegen. Zuerst vereinzelt dann immer mehr. Beim Wendepunkt erkenne ich, dass sich hinter mir nur noch wenige Läufer befinden.
Nach einer halben Stunde laufe ich unter dem Jubel der Zuschauer durchs Ziel – und hinten wieder hinaus. Es sind ja erst 6 Kilometer gelaufen. Die Polizei regelt den Verkehr während wir kurz an einer stark befahrenen Straße entlang müssen. Dann geht es links Richtung Krautscheid. Hier scheint für den Verkehr gesperrt zu sein, so dass wir mitten auf der Straße laufen können. Dafür geht es wieder bergauf. Als wir den Schatten der großen Bäume verlassen, dürfen wir den Ausblick auf die liebliche hügelige Landschaft genießen. Hinter Niederpierscheid führt die Strecke auf einem Feldweg endlich bergab. Wir überqueren ein Bächlein, es geht am Waldrand entlang und dann wieder auf die Straße. Eine Brücke führt über die Prüm und es geht erneut bergauf. An der langen Serpentine stehen Helfer, die aufpassen, dass man nicht versehentlich die falsche Abzweigung nimmt. Sie feuern uns an und ich bitte sie doch hier auf mich zu warten. Sie sind zuversichtlich, dass ich ja sicher in zwei Stunden wieder hier sein würde. Das ist zweifellos spaßig gemeint. 6 Stunden später sind sie tatsächlich noch hier und klatschen immer noch.
In Mauel gibt es zusätzlich zum Wasser, Pfefferminztee. Das ist genau das richtige. Für Cola, Äpfel und Rosinen ist es noch zu früh für mich. Die Straße wechselt auf einen Feldweg und wir kommen in den Wald (km 13). Liane, die bisher mit mir im selben Tempo unterwegs war, ist bergauf doch deutlich schneller. Ihr leuchtendes pinkfarbenes Shirt dient mir vorne als Wegweiser. Plötzlich ist sie verschwunden. Hinter mir ist auch niemand. Bin ich falsch gelaufen? Gott sei dank, da ist ein Kilometerschild. Es geht leicht bergab. Die Bäume öffnen sich und ich genieße für einen Moment einen tollen Ausblick über ein grünes Blätterdach unter mir. Jetzt wird es bergab richtig steil. Während ich noch am Bremsen bin, kommt mir ein Mountainbiker entgegen. Er rennt und schiebt sein Bike bergauf. Auf meine Frage erklärt er, dass der Führende des Halbmarathons hinter ihm kommt. Ich bleibe schnell stehen und lasse den schnellen Läufer vorbei. Auf mein motivierendes „auf, auf“ antwortet er locker: ja, aufwärts geht es hier wirklich“. Wer noch soviel Luft und Humor hat, wird das Rennen problemlos gewinnen können. Tatsächlich kommen die Nächsten erst nach einer ganzen Weile.