Die Erwartungen waren hoch, alle Distanzen (101, 51 und 16 km) vorzeitig ausgebucht. Wer die einmalige Gebirgslandschaft rund um das berühmteste Dreigestirn der Alpen, Eiger, Mönch und Jungfrau kennt, und welcher Bergläufer oder Trailrunner tut das dank des Jungfrau Marathons nicht, dem war klar: Wenn der Veranstalter organisatorisch keine gravierenden Fehler macht, rennen ihm künftig die Trailer die Bude ein.
Keine Ahnung, ob und was im Hintergrund alles schief gelaufen ist. Nach außen hin und vor allem für die Teilnehmer war der erste Eiger Ultra Trail in allen Belangen eine perfekte Veranstaltung. Das Team um OK-Chef Ralph Näf und Strecken-Chef Marcel Marti hat ganze Arbeit geleistet.
Die Streckenführung über Große Scheidegg, First, Bussalp, Faulhorn, Schynige Platte, Burglauenen, Wengen, Männlichen, Kleine Scheidegg, Eiger Gletscher, Eiger-Trail und Pfingstegg ist über jeden Zweifel erhaben und mit 101 km und 6700 HM eine Herausforderung auch für geübte Trailrunner. Und wer glaubt, der E 51 (führt von Burglauenen zurück nach Grindelwald) sei nichts Anderes als ein Bergmarathon + 9 km, bekam bereits nach der ersten Zwischenzeit die Quittung. Denn mit insgesamt 3100 HM und nahezu 100 % Trail ist dieser Wettbewerb mit keinem Marathon zu vergleichen. Geübte Läufer haben mir im Ziel bestätigt, dass er mindestens mit den Anforderungen eines K 78 beim Swissalpine vergleichbar ist.
Dass man sich solchen Herausforderungen nur gut vorbereitet stellt, ist klar. Der Veranstalter wird bereits im Vorfeld nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen. Dazu gehört auch eine entsprechende Ausrüstung. Diese wird akribisch und mit Schweizer Gründlichkeit (entspricht der der Deutschen + 50 %) bis hin zur Sonnenbrille überprüft. Wer glaubt, mit einem luftigen Plastikjäckchen als Regenschutz durchzukommen, hat sich getäuscht. Wind- und regenfest müssen sie schon sein. Die Sportartikelverkäufer in der Trailcity sind diesbezüglich gut bestückt und freuen sich über zusätzliche Umsätze.
Wer das beobachtet, dem wird klar, weshalb bei Veranstaltungen dieses Kalibers im Vergleich zu Bergläufen über kürzere Distanzen, es kaum zu ernsthaften Zwischenfällen kommt. Es wird hochprofessionell gearbeitet und, das ist wesentlich, die Trailer ziehen voll mit. Wenn das so bleibt, ist Trailrunning auch bei uns nicht aufzuhalten.
Wie verantwortungsbewusst und wie gut vorbereitet das OK-Team auf Eventualitäten reagiert, wird unter Beweis gestellt, als es um 18.00 Uhr zu einem heftigen Gewitter im Gebiet Wengen/Männlichen kommt. Das Rennen wird in Wengen unterbrochen, die Trailer, die bereits im Aufstieg sind, zurück geschickt. Mit der Seilbahn geht es nach oben und als das Wetter sich beruhigt, geht es auf verkürzter Strecke weiter.
Nur von einem Läufer habe ich gehört, dass er diese Entscheidung nicht verstanden habe. Alles sei halb so schlimm gewesen. Aber genau diese Reaktion bestätigt, dass es wichtig und richtig ist, dass klar denkende Menschen für Leute, die für ein Finish auch in ihr Verderben rennen, die Verantwortung übernehmen und solche Entscheidungen treffen.
Und noch was ist mir aufgefallen. Viele Veranstaltungen finden bei weitgehender oder sogar vollständiger Autonomie der Teilnehmer statt. Was nichts anderes heißt, als dass die Verpflegung größtenteils oder ganz Sache der Trailrunner ist. Wenn das so ausgemacht ist, ist dagegen nichts zu sagen. Ich kenne aber keinen Läufer und keine Läuferin, der oder die sich nicht über ein paar Köstlichkeiten unterwegs freut.
Ich rede hier nicht der Vollversorgung im Abstand von fünf Kilometern mit dazwischenliegenden Getränkestellen mit im kühlen Wasser getränkten Schwämmen das Wort. Auch wenn man das im hochalpinen Gelände leisten könnte: Es ist nicht notwendig und wird nicht erwartet. Vielleicht haben auch diesbezüglich die Macher des Eiger Ultra Trail einen guten Mittelweg gefunden, in dem man den Trailer dort, wo es mit vertretbarem Aufwand möglich ist, gut umsorgt und dort wo es nicht möglich ist, darauf verzichtet. Die Versorgung ist eindeutig dokumentiert, jeder Teilnehmer ist informiert und hat sich darauf eingestellt. Null Problem.
Bleibt die Antwort auf die Frage: Ist der Eiger Ultra Trail wirklich härter als die Nordwand solo? Der, der diese Behauptung aufgestellt hat, wäre auch der Einzige, der sie belegen könnte. Ueli Steck nämlich hat die Nordwand in Rekordzeit (2:47 Stunden) bezwungen und steht auch in der Starterliste, aber in der für den E 51. In 6:14 Stunden belegt er übrigens Rang 8. Ein „gelernter“ Bergsteiger, noch dazu ein so „verrückter“ wie der Ueli, wird immer in seinem Element die größere Erfüllung finden und das, worin er nicht so geübt ist, als schwieriger empfinden. Und weil, das behaupte ich jetzt einfach mal, niemals ein „gelernter“ Trailrunner die Nordwand bezwingen wird, wird er sie schon alleine deshalb als schwieriger einstufen.
Die Antwort kann also nur lauten: Es kommt drauf an, wer es sagt. Aber als Werbespruch macht sich die Behauptung gut. Also auch hier alles richtig gemacht.
Wer so professionell schon zur Premiere antritt, macht auch in Elitekreisen auf sich aufmerksam. Die Teilnahme des Spaniers Iker Karrera, u. a. Sieger des Trans Alpin und Lavaredo Trail (2012) und jeweils Zweiter beim UTMB und Zugspitz Ultratrail (2011) ist schon so etwas wie ein Ritterschlag, ohne damit die Qualität der Schweizer und sonstige Berglauf- und Trailrunning-Elite herabzusetzen.
Nie kam ein Zweifel auf, dass Iker Karrera das Rennen gewinnen würde. Aber niemand hatte damit gerechnet, dass man die 101 km und 6700 HM (die Spitze lief die Originalstrecke) in gerade einmal 11 Stunden und 8 Minuten absolvieren kann. Sein Vorsprung betrug zwar fast 50 Minuten, aber auch die Zeiten des Zweit- und Drittplatzierten lagen noch unter den Prognosen.
Im Gegensatz zu dem Spanier, den man fast nur mit ernster Miene sieht, ist Urs Jenzer immer für einen Spaß gut. Als er seine Startunterlagen abholt, wird er nach der Shirt-Größe gefragt. „XL“, meint er trocken. Die Helferin schaut erst zweifelnd und muss dann lachen. Denn wahrscheinlich ist dem Hänfling auch „S“ noch zu groß. Er wird Zweiter, Konrad von Allmen (vor zwei Wochen beim Zermatt Marathon noch 11.), belegt den dritten Platz.
Hochkarätig war auch das Starterfeld bei den Frauen, als Favoritin war schnell Francesca Canepa ausgemacht. Die Italienerin gewann letztes Jahr den Tor des Géants (330 km) und belegte beim UTMB Platz 2. 2013 gewann sie u. a. den 170 km langen Andorra Ultra Trail. Mit deutlichem Vorsprung gewinnt sie jetzt den ersten Eiger Ultra Trail vor den Schweizerinnen Kathrin Zbinden und Helene Ogi.
Das eine oder andere Härchen in der Suppe ließe sich schon finden. Aber ich denke, in Grindelwald wird man sich auch ohne Besserwisserei von außen Gedanken machen. Nicht darüber, ob es den Eiger Ultra Trail auch im nächsten Jahr geben wird. Das wurde schon verkündet. Unter anderem wird es darum gehen, ob und wie weit man es vertreten kann, das Teilnehmerfeld zu erweitern. Denn jetzt, wo die Bilder und Berichte dieses genialen Wochenendes die Runde machen, wird der Appetit auf diese Herausforderung erst so richtig angeregt.
Bevor es zu spät ist: Ralph, schreibe mich bitte für den E 51 ein. Ich habe mit dem Training bereits begonnen.
E 101
Männer
1. Karrera Iker, E-Tolosa 11:08.43,7
2. Jenzer Urs, Frutigen 12:28.23,5
3. von Allmen Konrad, Olten 13:13.12,7
Frauen
1. Canepa Francesca, I-Morgex (AO) 16:18.44,5
2. Zbinden Kathrin, Thierachern 17:06.36,7
3. Ogi Helene, Kandersteg 17:33.15,0
E 51
Männer
1. Janin David, Aigle 5:27.42,6
2. Cavallo Giuliano, I-Quart (AO) 5:44.23,8
3. Zeller Gerhard, Stechelberg 5:52.33,0
Frauen
1. Morbelli Simona, I-Rivalta Bormida (AL) 6:55.29,0
2. Philipp Simone, D-Weitnau 7:01.59,5
3. Eggerling Brigitte, Chur 7:03.29,0