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14.12.13 - Eisweinlauf

65 Kilometer zum Weihnachtsmarkt

Langsam bekomme ich Hunger. Es geht mal wieder steil bergauf auf den Rebberg hoch über Tiergarten. Gerade als meine Beine nicht mehr wollen, sind wir oben. Ich ignoriere die sagenhafte Aussicht an der Fatima Kapelle und stürme das Buffet. Eine Vertreterin des örtlichen Vereins begrüßt uns zusammen mit der Presse. Nachdem wir uns ausgiebig gestärkt haben, rücken wir ab.

Wie immer nach 20 Kilometern tun mir jetzt die Füße weh. Heute kommen noch fiese Rückenschmerzen dazu, die sich letzte Woche heimlich eingeschlichen haben. Vor allem die Anstiege fallen mir extrem schwer. Beim Gruppenlauf ist das ein Problem: wenn man langsam hinten läuft, ergibt sich ein Ziehharmonika-Effekt. Man ist immer am Rennen,  kommt aber nicht so richtig heran. Deshalb bin ich ganz froh, dass ab und zu vorne gewartet wird. Wir sind jetzt auf dem längsten Teilstück mit immerhin 13 Kilometern.

Ich versuche vorne dran zu bleiben. Obwohl Brigitte immer zum langsamen Laufen mahnt, kann ich an den Anstiegen nicht folgen. Bergab muss ich nun ganz schön rennen. Ich bin froh, als wir auf den mir bekannten Singletrail einbiegen, wo am Ende eines langen steilen Gefälles Sasbachwalden mit der nächsten Verpflegung auf uns wartet. Die Hälfte ist geschafft und es gibt zum ersten Mal zusätzlich Glühwein.

 
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Man merkt, dass nun mehr Läufer dabei sind. Am Verpflegungsbuffet, das wie letztes Jahr hier in einem offenen Carport untergebracht ist, gibt es Stau. Als ich das Essen erreiche, bläst Rolf bereits zum Aufbruch. Am Beginn des folgenden Anstiegs bin ich bei den Letzten. Alle sind immer noch locker unterwegs und nehmen kraftvoll die steile Straße unter die Füße, während ich schon wieder am Kämpfen bin. Erst der matschige Trail bergab hellt meine Stimmung auf. Hier geht es mir besser.

Zum hundertsten Male sagt einer: "Oh, der Regen hört auf", nur um dann ein paar Minuten später eines Besseren belehrt zu werden. Ich habe mein Regencape aber bereits ausgezogen und nun scheint die Dusche von oben tatsächlich aufzuhören. Nasse, kalte Füße werden mich aber weiter begleiten.

Ich bin platt. Während der nächsten Steigung werde ich von ganz vorne nach ganz hinten durchgereicht. Obwohl Norbert mir beisteht, will ich an der nächsten Verpflegung auszusteigen. Heute habe ich es einfach nicht drauf.

Irgendwo im Wald ist dann die Marathondistanz geschafft. Die sonst übliche La-Ola-Welle fällt aus. Dann erreichen wir wieder nach steilem Anstieg die Burg Windeck. Ich melde mich bei Norbert und Brigitte ab und bitte Rolf, mich im Auto mitzunehmen.

Die lange Tafel ist hier etwas geschützt unterhalb der Ruine der imposanten Burganlage der Herren von Windeck aufgebaut. So geht die Verpflegung der vielen Läufer geordnet vor sich. Die Gruppe bricht auf. Nach kurzem Aufatmen der Helfer ist der Abbau in vollem Gange. Rolf hat an seinem Pkw den Anhänger für das Gepäck der Läufer. Zwei weitere Helfer sind gerade dabei, die Taschen einzusammeln. Fachmännisch verstaut Rolf die Taschen. In der Zwischenzeit haben die anderen Helfer in Windeseile die Verpflegungstische zusammengepackt und verladen.

Die Fahrt geht nach Neuweier, wo mitten im Ort an der Kirche die letzte Verpflegungsstation sein wird. Die Helfer sind eingespielt. Während wir uns um das Gepäck kümmern, werden unter den Palisaden im Eingangsbereich der Kirche das Essen und die Getränke aufgebaut. Ich merke, dass es ganz schön schwierig ist, über 200 Taschen nach Nummern zu sortieren. Außerdem müssen hier an der letzten Station alle Läufer ihr Equipment für die kommende Dunkelheit aus dem Rucksack holen. Das muss platzmäßig berücksichtigt werden.

Wir sind gerade fertig, da kommt schon die Gruppe der Nordik Walker. Sie sind eine Stunde vor den Läufern an der Burg Windeck gestartet. Um gleichzeitig mit den Läufern in Baden-Baden einzutreffen, müssen sie sich ran halten. Nach zügiger Verpflegung am reichhaltigen Buffet sind sie schnell wieder auf dem Weg.

 
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Für uns heißt es nun warten. Ein paar Neueinsteiger melden sich bei Rolf und erhalten ihre Namensschilder und eine kurze Einweisung. Dann kommt das Führungsfahrzeug. Ein paar Minuten später gleicht der große Kirchenvorplatz einem Heuschreckenschwarm. Wie vorhergesehen werden die Taschen geplündert. Bald dominieren gelbe und orangefarbene Leuchtwesten das Bild. Die Verpflegung ist heiß begehrt. An der langen Tafel haben gar nicht alle Platz.

So schnell, wie er gekommen ist, so schnell ist der Spuk wieder vorbei. Vom Essen und Trinken ist kaum noch was übrig. Wir verstauen die Taschen wieder im Anhänger und machen uns ebenfalls auf die letzte Etappe.

Es ist bereits dunkel, als wir in Baden-Baden vor der Trinkhalle am Rande des Weihnachtsmarktes ankommen. Nun müssen die Taschen mehrere Treppen hinauf geschleppt werden. Sogar die Helfer vom DRK packen mit an.

Rolf will mit mir den Läufern entgegengehen. Auf dem Parkplatz beim SWR erwartet uns die Polizei mit 2 Fahrzeugen. Als Sicherung der Läufer auf den letzten 2 Kilometer in die Innenstadt  sind sie unerlässlich. Gerade treffen die Walker ein. Perfektes Timing. In diesem Tempo werden sie kurz vor den Läufern den Weihnachtsmarkt erreichen. Wir sind gespannt, wann Brigitte mit ihrem Gefolge eintreffen wird.

Und dann ist es so weit. Rolf sieht sie zuerst. Anfangs nur schemenhaft, dann immer größer wird das Licht aus dem dunklen Wald. Im Näherkommen löst es sich in hunderte von kleinen Lichtern auf. Leider kann ich mit meinem kleinen Fotoapparat dieses unglaubliche Bild nicht festzuhalten.

Die letzte Etappe scheint problemlos verlaufen zu sein. Außer einem Sturz, der wohl glimpflich verlaufen ist, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Rolf begrüßt die Läufer und gibt letzte Anweisungen. Dann reihen wir uns vorne ein. Ich bin sicherlich nicht die einzige, die diese letzten 2 Kilometer in vollen Zügen genießen kann. Zuerst laufen wir flach die L84 entlang, durch das voraus fahrende Polizeiauto geschützt. Dann geht es für uns rechts einen Fußweg steil den Berg hinunter. Unten sind bereits die Lichter des Weihnachtsmarktes zu sehen. Auch die Walker sind nun da. Der Einzug ins Lichtermeer des romantischen Marktes gleicht einem Triumphzug. Der Weg ist für die Läufer abgesperrt und von begeistertem Publikum flankiert.

 
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Vor der Bühne in der weihnachtlich illuminierten Konzertmuschel kommen wir zum Stehen. Der Baden-Badens OB Wolfgang Gerstner begrüßt Brigitte und Rolf aufs herzlichste. Während die Läufer mit "Dambedeis" (Hefegebäck) und Glühwein versorgt werden, kann Rolf die Spendenschecks übergeben. Insgesamt wurden 10 000 Euro erlaufen, die zu gleichen Teilen der Lebenshilfe Baden-Baden/Bühl/Achern sowie der Aktion Benni & Co zugutekommen.

Ich sehe mich um. Strahlende Augen und frohe Gesichter. Jeder ist sichtlich stolz über das geleistete und gerührt vom heimeligen Ambiente. Nach der kühlen Dunkelheit unterwegs, werden wir umhüllt von Licht und Wärme. Kein Wunder, dass keiner gehen mag. An der Trinkhalle warten schon die Rucksäcke. Rolf ist auch da und wird mit uns zum Bus zu gehen. Das ist noch ein ganzes Stück Weg.

 
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In der Tullahalle gibt es nach der wohlverdienten Dusche Nudeln satt für alle und dann noch Kaffee und Kuchen. Jeder bekommt noch ein Fläschchen Durbacher Rotwein, dann machen Norbert und ich uns auf den Heimweg. Auf die Übernachtung müssen wir wieder verzichten.

"Gemeinsam starten, gemeinsam helfen, gemeinsam ankommen!" Das Motto des Eisweinlaufs ist wieder voll aufgegangen. Kein Wunder, dass dieses Event immer beliebter wird. Dieses Jahr war der Lauf für Ultras, die den Bustransfer in Anspruch nehmen wollen, bereits frühzeitig ausgebucht. Ansonsten gibt es ja bisher kein Teilnehmerlimit.

Als Ausklang für das Läuferjahr ist der Eisweinlauf perfekt. Noch einmal Bekannte treffen und eine schöne Strecke laufen, macht gleich wieder Lust auf das nächste Jahr. Die Organisation lässt keine Wünsche offen. Der Name Mahlburg bürgt hier für Qualität. Dass das Startgeld außerdem für eine gute Sache verwendet wird, gibt dem ganzen noch einen positiven Effekt. Und der Zieleinlauf in Baden-Baden auf dem Weihnachtsmarkt ist schon etwas ganz Besonderes.

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Informationen: Eisweinlauf
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