Schon in frühester Jugend war mir diese Zeile aus dem Sauerland-Lied geläufig. Viel gesehen hatte ich bis dahin allerdings nicht von diesem für mich nahe gelegenen Mittelgebirge. Mittlerweile habe ich einiges nachgeholt. So war ich bereits beim Biggesee Marathon am Start und auch in Fleckenberg beim Rothaarsteig Marathon war ich schon auf der Strecke.
Die späte Startzeit um 11.00 Uhr ermöglicht mir eine ruhige Anfahrt am Morgen mit meiner Familie. Kurz nach 10.00 Uhr erreichen wir Fleckenberg. Bereits am Ortseingang finden wir einen Parkplatz. Vom schönen Herbstwetter ist noch nicht allzu viel zu spüren. Es erwarten uns frische 10 Grad. Nur gut, dass der Weg zum Start und zur Startnummernausgabe an der Schützenhalle sehr kurz ist. Hier tummeln sich bereits die meisten Teilnehmer der Veranstaltung. Die meisten haben ihre Unterlagen schon in der Tasche, so dass ich nicht lange auf meine Nummer warten muss.
Nebenan hat Frank Pachura, der auch schon für unsere Seite berichtet hat, seinen Stand aufgebaut. Heute ist er allerdings in eigener Sache unterwegs. Nach einem kurzen Plausch geht es schnell noch zum legendären Kuchenbüffet. Wer auf Nummer sicher gehen will, läßt sich die leckersten Stücke bereits reservieren, denn nach dem Lauf ist das Beste bereits weg, zumindest für uns Marathonis. Schnell noch einen Blick auf die Pokale geworden, denn näher werde ich diesen nicht mehr kommen.
Dann will ich mich aber schon mal akklimatisieren und begebe mich zum Start. Auf dem Weg dorthin fällt mir Gene mit seinem amerikanischen Finisher-Shirt auf. Tatsächlich hat er eine der weitesten Anreisen auf sich genommen, denn er ist einer von zwei Amerikanern am Start. Und dann verrät mir tatsächlich, dass er durch Marathon4you auf den Rothaarsteig Marathon aufmerksam geworden ist. Das höre ich gerne, da hat sich die Berichterstattung wieder einmal gelohnt.
Jetzt aber schnell zum Start, denn es ist bereits kurz vor 11.00 Uhr. Das Feld der 323 Teilnehmer hat sich bereits am Start- und Zielbogen eingefunden. Pünktlich werden wir auf die Strecke gelassen. Zunächst laufen wir durch den Ort mit seinen für das Sauerland typischen Fachwerkhäusern mit Schieferbedeckung.
Fleckenberg gibt es als geschlossenen Ortsteil übrigens erst seit 1920. Früher war der Ort in Ober- und Niederfleckenberg geteilt. Beide Orte waren zudem durch eine befestigte Gerichtsgrenze getrennt. Auf der einen Seite war das Amt Bilstein und auf der anderen das Kloster Grafschaft zuständig. Um die Grenze zu kontrollieren, fanden von Zeit zu Zeit Schadegänge statt, die schon mal 10 Tage zuzüglich eines Ruhetages in Anspruch nehmen konnten. Heute werde ich hoffentlich deutlich schneller auf der Strecke sein, aber ich muss ja auch auf keine Grenzsteine Rücksicht nehmen.
Gemütlich verläuft die Strecke die ersten 3,5 Kilometer entlang der Lenne. Der noch junge Fluss hat hier erst wenige Kilometer von seinem Weg über 129 Kilometer vom Kahlen Asten, dem höchsten Berg NRW`s, zur Ruhr zurückgelegt. Der flache Streckenabschnitt ist ideal, um sich einzulaufen. Von den noch zu bewältigenden 838 Höhenmetern ist nichts zu spüren. Den nötigen Respekt vor der kommenden Herausforderung habe ich aber und lasse es ruhig angehen. Dies denken sich wohl auch alle anderen, denn das Feld ist noch geschlossen unterwegs.
Nach 3,5 Kilometern ist es damit vorbei. In einer Kehre lassen wir die Lenne rechts liegen und machen uns bis etwa KM 5,5 hinauf zur Wolfkuhle. 150 Höhenmeter werden auf diesem Abschnitt überwunden. Die ersten Geher sind zu beobachten. Reine Vorsichtsmaßnahme, vermute ich. Ich versuche, noch, die Steigung laufend zu nehmen. Zur Belohnung wärmen uns die ersten Sonnenstrahlen. Noch bin ich sehr flott im 6-Minuten-Tempo für den Kilometer unterwegs. Vielleicht zu flott?
Von hinten höre ich auf einmal: „Ihr seid auch überall unterwegs.“ Frank hat mich als Reporter am Trikot erkannt. Stimmt, wir bemühen uns, bei möglichst vielen Läufe dabei zu sein. Er trägt heute das Finisher-Shirt von Athen und gibt gleich den Tipp, Athen mal autofrei zu erleben. Eine Überlegung ist das wert. Heute gilt: Warum heute in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.
Die Rothaarsteig ist schön und abwechslungsreich und ich genieße die ersten Ausblicke. Die sind zwar im Moment eingeschränkt, denn die Sonne hat sich erst einmal wieder hinter tiefliegenden Wolken versteckt. Im Gespräch mit Frank werden die nächsten 200 Höhenmeter zum Heidkopf bei KM 11 locker genommen. Oder doch nicht. Die Anstrengung hat meinen Pulsfrequenz schon auf über 160 getrieben. Also lieber ein wenig zurückschrauben und Frank erstmal ziehen lassen.
Ich passiere den Schmallenberger Ortsteil Jagdhaus. Im 19. Jahrhundert gab es hier lediglich 2 Häuser. Etwas mehr sind es heute schon, mit 65 Einwohnern. Gleich im Anschluss bekommt die Strecke richtigen Trail-Charakter. Der Boden ist sehr aufgeweicht und die ersten Pfützen sind zu umgehen. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns noch kommt.
Im Moment laufe ich die teils engen Passagen noch bequem. Das Marathonfeld hat sich schließlich stark entzerrt und auch wenn wir die Strecke zeitweise mit den Halbmarathonläufern teilen. Sie haben diesen Streckenabschnitt noch nicht erreicht, da sie erst um 12.00 Uhr gestartet sind. Die tiefliegenden Wolken vermitteln eine ruhige, etwas gespenstische Atmosphäre.
Schlagartig ist es vorbei mit der Ruhe, als ich bei KM 17 wieder die Straße nach Jagdhaus erreiche. Aus dem Tal herauf schlängelt sich der Lindwurm der Halbmarathonis. Da gefällt mir der Hinweis einer Zuschauerin, dass jeder Schritt ein Geschenk des Himmels ist. Denn auf den nächsten Kilometern sind diese oftmals mühsam. Es ist matschig und rutschig und erhöhte Konzentration ist gefragt.
Ja, die Streckenverhältnisse haben bereits jetzt ihre Spuren auf meinen Klamotten hinterlassen. Einem Läufer fällt das auf und er bietet sich an, das fotografisch festzuhalten.
Etwa bei KM 23 wird es wieder ruhiger, da uns die Halbmarathonis talabwärts wieder verlassen. Für mich führt die Strecke erst noch weiter nach Osten. Am großen Kopf vorbei habe ich dabei unbemerkt die Wasserscheide zwischen Rhein und Weser überschritten. Die nächsten KM fallen etwas leichter, denn ich verliere etwa 50 Höhenmeter. Aber nur, um bei KM 26 unvermittelt feststellen zu müssen, dass ich diese gleich entgegengesetzt zurückbekommen.
Wie zur Belohnung schickt uns die Sonne ihre goldenen Strahlen. Wir kommen zur Getränkestation an der Schanze. Die Gehpausen versauen mir den angepeilten 6er Schnitt um insgesamt 10 Minuten. Aber wen kümmert das. Die Zeit spielt heute eine untergeordnete Rolle, außerdem liegen die meisten Höhenmeter jetzt hinter mir.
Die letzten 10 KM werden einzeln angezeigt. Sie führen zuerst steil und die letzten 7 KM sanft zum Ziel hinab. Für den 33. KM brauche ich nur 5 Minuten. Täusche ich mich, oder ist vielleicht doch noch eine schnellere Zeit möglich? Ich passiere Latrop und lasse mich vom Applaus der sonnenhungrigen Zuschauer motivieren. Nur noch 5 KM bis ins Ziel. Einfach laufen lassen. Aber im Gegensatz zum Wasser des Latrop, das immer bergab fließt, hält der Weg noch ein paar kleine Steigungen parat. Die tun zum jetzigen Zeitpunkt richtig weh. Gut, dass jetzt noch einige Walker und Nordic-Walker die Strecke mit mir teilen. Sie zu überholen, spornt noch einmal an. Bereitwillig machen sie Platz.
Es zieht sich. Noch einmal werde ich von einer Schar begeisterter Zuschauer nach vorn getrieben. Die letzten 650 Meter stehen an, auch wenn ich das Ziel noch nicht sehe. Dafür höre ich bereits die Worte des Stadionsprechers, der jeden Finisher einzeln begrüßt. So werde ich doch ins Ziel getragen, zumal ich kurz darauf bereits von Nikita erwartet werde, der mit mir gemeinsam die Ziellinie überschreiten möchte.
Dann geht es zur wohlverdienten Fassbrause, die hier ausgeschenkt wird. Nach kurzer Erholungsphase stelle ich mich der letzten Herausforderung des Tages, dem Treppenabgang zu den Duschen. Auch diese bewältige ich problemlos.
Anschließend noch einmal die Atmosphäre im Zielbereich genießen. So bekomme ich noch den Zieleinlauf von Gene mit. Das Streckenprofil hatte er fast ein wenig unterschätzt. Gereicht hat es dennoch für ein glückliches Finish bei einem tollen Lauferlebnis. Einer Einschätzung, der ich mich nur aus vollem Herzen anschließen kann.
Männer:
1. Matthias Nahen, 2:50:41
2. Jan van der Marel, 2:51:37
3. Jürgen Baumhoff, 2:54:57
Frauen:
1. Carmen Otto, 3:17:13
2. Conny Dauben, 3:33:41
3. Nicola Wittich, 3:42:53
Streckenbeschreibung:
Kurs über eine Runde.
Zeitnahme:
per Transponder (in Startnummer integriert)
Weitere Veranstaltungen:
Halbmarathon, auch für Walker und Nordic-Walker
Startgeld:
Marathon: 30 oder 35 €, je nach Anmeldezeitpunkt
Auszeichnungen für alle:
Urkunde im Internet, 1 hochwertiges Falke-Produkt
Verpflegung:
ca. alle 5 km Tee, Wasser, Vitamingetränk, Coca-Cola, Bananen, Äpfel,
Energieriegel