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05.03.17 - Firenze Urban Trail

La Città ai tuoi piedi

Zum vierten Mal findet 2017 der Firenze Urban Trail statt, bestehend aus einem Walk und einem 13 km langen Nighttrail am Samstagabend, sowie den 30 km und dem 45 km Ultra Trail am Sonntag. Man kann auch zwei Läufe kombinieren und als  „Challenge“ (13 +30) oder „Ultra Challenge“ (13+45) werten lassen.

Wir sind diesmal mit dem Zug von München aus unterwegs. Das ist nicht teurer als Benzin, Autobahngebühr und Parken in Florenz, außerdem fast genauso schnell und viel bequemer. Auf der Hin- und Rückfahrt haben wir einen Waggon fast für uns allein. Die Saison für Reisen nach Italien hat  offensichtlich noch nicht begonnen.

Da wir am Samstag gerade noch rechtzeitig zum Besuch der Marathonmesse ankommen und der Nighttrail einen Teil der Sonntagsstrecke ausmacht, haben wir uns gegen einen Start an beiden Tagen entschieden. Eine gute Wahl, zumal es am Samstagabend ziemlich stark regnet. Die 800 Teilnehmer können einem fast leid tun.

Für uns ist der Samstag also mit dem Abholen der Startunterlagen in der nach einem Heimwerkermarkt benannten „Obihall“ erledigt. Die Anfahrt mit dem Bus ist auf der Internet-Seite des Veranstalters vorbildlich erklärt. Die Stände und die ausgelegten Prospekte lassen erahnen, was für eine große Trailrunning-Szene in Italien existiert. Bei den vielen Bergen auch kein Wunder. Bepackt mit dem offiziellen Laufhemd samt sommerlicher Kappe und vielen Informationen geht es ins Hotel am Arno.

Geweckt werden wir am Sonntag schon recht früh von aufgedrehten Italienern im Nebenzimmer, die anscheinend meinen, man müsste vier Stunden vor dem Start schon lautstark Witze reißen.

Zu Fuß geht es in einer halben Stunde zur 1294 erbauten Franziskanerkirche Santa Croce, einem der vielen touristischen Hotspots und heute Start- und Zielpunkt. Viele Berühmtheiten sind hier beerdigt: Macchialvelli, Michelangelo, Galilei und Rossini. Der Überlieferung nach hat Franz von Assisi selbst den Grundstein gelegt. Gleich am Platz die Umkleide und Duschen für die Läuferinnen, nicht weit davon entfernt die Einrichtungen für die Läufer.

 

 
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Start um 8:30 Uhr und dann gleich Sightseeing pur. Schön dumm sind diejenigen, die hier schon Vollgas geben. Durch kleine Gässchen geht es voran. Hier gibt es auch viele Bars, die abends einen Aperitif samt Buffet für unter 10 Euro anbieten. Kurz danach laufen wir über die breite Einkaufsstraße direkt in Richtung Loggia dei Lanzi auf der Piazza della Signoria, einem der berühmtesten Plätze Italiens. Links das Rathaus, der Palazzo Vecchio, mit dem markanten Turm, ein architektonisches Meisterwerk der toskanischen Baukunst. Davor unter anderem die Bronzeplastik „Judith und Holofernes“ , die mit der weiter vorne laufenden Judith nur den Namen gemein hat.

Viele Touristen schauen uns zu. Wir laufen an einer langen Schlange von Wartenden vorbei. Die Uffizien sind ein Muss für Florenz-Besucher. Michelangelos berühmte David-Skulptur ist an dieser Stelle nur als Kopie zu bestaunen. Das Original beherbergt die  Galleria dell' Accademia. Eines der bekanntesten Gemälde in den Uffizien ist die „Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli. Zur „Sixtinischen Madonna“ von Raffael hingegen gehören die oft auf Postkarten, Plakaten und sogar Schürzen abgebildeten beiden Engelchen. Dieses Gemälde befindet sich aber gar nicht in Florenz, sondern in Dresden.

Die drei jetzt zu überwindenden Treppenstufen erinnern mich daran, dass heute ein Trail auf dem Programm steht. Über uns der Verbindungsgang der Herrscherfamilie Medici vom Palazzo Vecchio zum Palazzo Pitti. Luca Pitti war ein Florentiner Kaufmann und gab 1458  den Bau dieses Renaissancepalastes in Auftrag. Hierbei handelt es sich um das größte Bauwerk auf der anderen Seite des Arno. Jetzt über die Ponte Vecchio mit ihren noch geschlossenen Schmuckläden. Am schönsten ist die Brücke mit den verspielten Anbauten doch von außen anzusehen. Leicht bergauf erreichen wir den großen Palazzo Pitti, der 1594 von den Medici gekauft und fertiggestellt wurde. Für uns ist das Nordtor geöffnet. Dort hinein  geht es in die berühmten Boboli-Gärten aus dem 16. Jahrhundert. Wobei die Gärten im Sommer sicher schöner sind als an einem regnerischen Sonntagmorgen im März. Eins ist jedoch gewiss: Die Gärten bezaubern auch durch ihre hügelige Anlage, über die sich jetzt eine farbenfrohe Trailläuferschar hinwegschlängelt.

 

 
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Und dann die ersten Blicke auf die Stadt. Um die hohen Mauern des Forte Belvedere (Belvedere= schöne Aussicht) herum, außerhalb der Stadtmauer nach unten und gleich wieder auf nassem Steinweg nach oben. Einige Läufer vor mir krabbeln auf allen Vieren. Erst kurz danach sehe ich den offiziellen Fotografen. Oberhalb der Aussichtsterrasse Piazza Michelangelo führt der Weg hinauf zur Basilica San Miniato al Monte. An der Mauer des Friedhofs gilt es die ersten glitschigen Wege zu meistern. Die breite Viale Michelangiolo (für den Namen des Renaissancekünstlers gab es verschiedene Schreibweisen) kommt mir bekannt vor. Bei unserem zweiten Marathon in Florenz waren hier die ersten Kilometer nach dem Start zu absolvieren. Viele Hobbyläufer kommen uns grüßend entgegen. Das wird noch die nächsten Kilometer so bleiben. Die ganze Stadt  scheint nur aus Läufern zu bestehen und die meisten davon haben Hemd, Hose oder Jacke vom Florenz-Marathon angezogen, um zu zeigen, dass auch sie etwas drauf haben.

Bei km 8  haben wir dann unsere ersten beiden Hügel mit 190 Höhenmetern hinter uns und sind wieder am Arno. Das Betrachten der Laufstrecke auf Satellitenbildern kann auch trügerisch sein. Statt des schönen Weges am Fluss geht es nämlich die Böschung hinunter und über matschige, glitschige Wege flussaufwärts. Dann mal die Böschung hoch, wobei hier die ersten Mitstreiter ungläubig ins Rutschen kommen. Das große Highlight „Verrazzano-Brücke“ steht an. Erinnert an den New York Marathon, wo ich allerdings noch nie teilgenommen habe. 1997 habe ich Judith per Subway begleitet - damals habe ich das Laufen noch verschmäht, obwohl sie einen Startplatz für mich gehabt hätte. Nun kann ich ehrlich sagen, dass ich den Ausblick von der Ponte di Verrazzano wirklich genossen habe – nur eben in Florenz und nicht in New York. Sogar Judith habe ich von dort aus als orangefarbenen Farbtupfer auf grünem Wiesengrund gesehen. Jetzt also über einen schönen Fuß-/Radweg weiter. Links die Obihall, wo gestern die Marathonmesse stattfand.

 

 
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Eine interessante doppelstöckige Brücke bringt uns zurück. Die erste Verpflegungsstelle (Wasser, Iso, Obst, Energieriegel, Parmesan-Würfel) bei km 13, dann weiter nach San Jacopo al Girone. Dort beginnt bei km 15 die große Trailrunde über 23 Kilometer und mit 830 Metern Höhenunterschied. Wechselnder Untergrund, vielfach kleine Sträßchen, dazu Schotterwege. Der Sprecher am Start hatte vor „Fango“ gewarnt. Die schlammigen Abschnitte bleiben uns erhalten und machen mir richtig Spaß. So, wie die  Trailrunning-Kollegen das immer berichten, kann auch ich den Matsch heute genießen - dem perfekten Schuhwerk sei Dank. Und die 300 Trailer vor mir haben mit ihren Sohlen gute „Vorarbeit“ geleistet.

Durch Olivenhaine arbeiten wir uns nach oben. Keine Spur von Chianti-Trauben. Die gibt es wahrscheinlich weiter im Süden der Toscana. Immer wieder beeindruckend, wie viele Olivenbäume man im südlichen Europa findet. Dazwischen blühende Kirschbäume und Magnolien, Osterglocken und Gänseblümchen. Da ich viel fotografiere, bin ich fast ans Ende des Feldes zurückgefallen. Nun schreite ich zügig an Mitstreitern vorbei, bis mich Ausblicke auf Florenz wieder innehalten lassen. Wunderschön. Das Wetter ist viel besser als angekündigt, ich hatte schon die Befürchtung, alles läge in den Wolken.

Ein Mann in Detective-Columbo-Mantel schickt die 30-km-Läufer nach links, uns „45-er“ nach rechts. Hier erfolgen alle Hinweise auf Italienisch, obwohl sehr viele Griechen an diesem Lauf teilnehmen. Und noch was: Man grüßt die Streckenposten und wünscht einen schönen Tag ebenso wie man viel Aufmunterung von ihnen bekommt. Zuschauer gibt es kaum an der Strecke.

 

 
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Von Helfern werden wir durch ein schmiedeeisernes Tor gewiesen und können nach einigen hundert Metern das mittelalterliches Castel di Poggio sehen. Viel wurde über die Jahrhunderte daran herumgebaut. Die letzten Eigentümer gründeten eine Stiftung und machten ein Kulturzentrum daraus. Durch den Torbogen geht es in den kleinen Burghof. Dort wartet Verpflegungspunkt 2 auf uns. Ich genieße Parmesan- würfel und als Nachtisch noch einen Mürbeteigkuchen mit Aprikosenmarmelade. Noch schnell eine Banane, um die Energiespeicher aufzufüllen. Jetzt noch ein Bierchen und ich würde hier bleiben. Einer von den VP-Männern findet das eine gute Idee: Auch Stinchi di Suino (Schweinshaxen) würde er empfehlen. Und er sei auch schon mal den Marathon in München gelaufen. Klein ist die Welt. Weiter geht es durch die Burghalle wieder nach draußen.

Über Singletrails geht es durch den Wald bergauf und bergab. Ein Grüppchen von Trailläufern hat sich inzwischen zusammengefunden und muss meine neckischen Bemerkungen ertragen. Aber wir haben hier alle unseren Spaß.

Vor uns an einer Bergkuppe liegt in frühlingshafte Sonnenstrahlen getaucht der Ort Fiesole. Highlight der Trailrunde und die reichste Gemeinde der Toskana. 14.000 Einwohner, viele Kunstschätze, Universitätsdepartement von Harvard, Bischofssitz. Kreuz und quer geht es über kleine Straßen und Wege. An einer Stelle warnt uns ein Helfer vor den Stufen bergab. Zu recht, der bemooste Untergrund ist wahnsinnig glatt. Am Geländer hangeln wir uns hinunter.

Die Via Baccio Maria Bacci heißt wohl „Kuss Maria Küsse“ auf Deutsch? Nein, falsch geraten: Das ist der Name eines einheimischen  Malers (1888 -1974). Kurz danach stehen wir auf dem Vorplatz des Convento di San Francesco aus dem Jahre 1399. Überaus pittoresk. Eine Treppenanlage bringt uns hinunter zu einem grandiosen Aussichtspunkt. Viele zücken ihr Smartphone oder halten kurz inne, um die Eindrücke aufzusaugen.

 

 
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Hinunter zum Hauptplatz von Fiesole. Am Dom mit dem auffallenden Campanile vorbei. Auch ein römisches Amphitheater gibt es hier. Gegründet wurde der Ort schon von den Etruskern um das Jahr 500 vor Christus.  Kunsthandwerksmarkt. Chianti in der Korbflasche. Und schon wieder nach oben. 800 Höhenmeter haben wir bereits, 1.030 sollen es werden. Ich sinniere über die 3.000 Höhenmeter, die ich letztes Jahr beim Allgäu Panorama Ultratrail geschafft habe. Da sollte ich jetzt nicht schlapp machen.

An einem Kirchlein wird mit einer Weihnachtskrippe samt Stern von Bethlehem geworben und etwas verspätet „Buon Natale“ („Frohe Weihnachten“) gewünscht, dann geht es in den Wald. Der Monte Ceceri wartet auf uns, mit gut 400 Metern über dem Meer unser höchster Punkt. Die Nadelbäume verleihen dem Ganzen ein fast alpenländisches Flair samt Stein- und Wurzelwegen bergab. Eine Dame in meiner Nähe ärgert sich darüber, dass uns hier viele überholen. Ich genieße die gute Luft. Einige interessante Felsformationen gibt es zu sehen und ein bisschen weiter entfernt wartet in der Fattoria di Maiano die nächste Verpflegungsstelle. Das ist Bauernhof und Eventlocation in einem. Die Villa di Maiano mit ihrem wuchtigem Turm diente als Schauplatz des Computerspiels Assassins Creed II. Auch Queen Victoria von England war 1893 zu Gast in der Villa.

Einige Olivenbäume und Gänse weiter finden wir uns in einem verwunschenen Dickicht wieder. Viele weiße Schilder erklären jeden Strauch und Baum. Der Botanische Garten der Fattoria steht auf unserem Programm. An einem Bach wartet ein Teehaus auf Besucher. Ich lasse mir viel Zeit und stehe plötzlich allein auf weiter Flur. Meine sämtlichen Mitstreiter der letzten drei Stunden sind auf und davon. Gut, dass der Weg perfekt markiert ist: gelbe Flatterbänder, rote Fähnchen, rote Punkte am Wegrand. Was will man mehr.

Km 36, Settignano, die Zivilisation hat uns wieder. Die Villa Gamberaia steht kitschig schön zwischen Pinien auf einer Anhöhe. 1,5 km und 140 Höhenmeter laufen wir über ein Sträßchen zügig bergab. Unser Rundkurs durch die Berge ist vorbei. Durch den  Parco D'Arte Enzo Pazzagli  geht es Richtung Arno. So eine Anlage habe ich zuletzt in der Nähe von Eupen in Belgien gesehen. Dort hat der Künstler Peter Hodiamont um sein Atelier herum einen ähnlichen Skulpturenpark geschaffen.

Leider erwischt uns doch noch der vorhergesagte Regenschauer. Bei km 39 schüttet es wie aus Kübeln und dazu weht noch ein starker Gegenwind. Dafür braucht man nicht mehr um die Pfützen herumzulaufen. Sie sind überall. Der Weg führt auf bekanntem Terrain Arnoabwärts ins Zentrum von Florenz. „Marzo Pazzo“ sagt der Italiener,  das bedeutet „verrückter März“, ähnlich unserem Aprilwetter.

Am Verpflegungspunkt 4 fülle ich meine Trinkflasche mit Cola. Kurze Zeit später explodiert der Verschluss und verteilt die süße Brause über mein ganzes Gesicht. So hat der Regen, der alles wieder abwäscht, doch noch sein Gutes.

Noch drei Kilometer am Arno entlang. Kaum sind wir in der Stadt, geht es wieder hinunter in den matschigen Wiesenweg. Eine nette Abwechslung.

 

 
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Den letzten Kilometer absolvieren wir auf dem Fußweg. Links afrikanische Händler, rechts Reisebusse mit asiatischen Touristen. Kurz vor der Ponte Vecchio noch mal eine Treppe runter und dann nur noch wenige Meter bis zum Ziel vor Santa Croce. Auch wenn ich erst kurz nach meinem Laufgrüppchen samt Judith ins Ziel komme, bin ich froh, mir an den wunderbaren Stellen des Laufs etwas mehr Zeit genommen zu haben. Und hinter mir kommt fast noch ein Viertel der 205 Ultra-Teilnehmer. Außerdem gibt es eine schicke Medaille.

Dieser Urban Trail ist wirklich eine Wucht. Ich bin begeistert. Da ist alles dabei: Sightseeing in Florenz, kostenloser Eintritt in mehrere Parks und Burgen, beste Verpflegung und genug Zeit auch für Genießer, da das Limit bei 7 Stunden liegt. Ein kurzer anspruchsvollerer Trailabschnitt im Wald, sonst viele schöne Wege und natürlich auch Straßen im städtischen Bereich. Das Ganze in einer angenehmen Jahreszeit zum Beginn des Frühlings in Florenz  mit günstigen Vorsaison-Hotelpreise . Auch für Marathonis, die Trailerfahrung sammeln wollen, zu empfehlen. Wunderschön.

45 km Herren
1 BORGIALLI RICCARDO   ITA  03:12:24  
 2 RIGODANZA FRANCESCO ITA  03:17:18  (1. Challenge)
 3 CARRARA LUCA   ITA  03:28:05  (2. Challenge)
 
45 km Damen
1 MORBELLI SIMONA    ITA  03:54:30  
2 ETTER FRANZISKA   SUI  04:02:58  
3 MARTINI SERENA    ITA  04:49:33
 
30 km Herren
 1 BIZZARRI DIEGO   ITA  02:18:42  
 2 CAINI GIOVANNI   ITA  02:20:52  
 3 TAVELLA ANTONIO IVAN ITA  02:23:21
 
30 km Damen
1 KOMMER KATRIN   GER  02:31:32
2 BROGGI BENEDETTA   ITA  02:46:16  
3 SONZOGNI CRISTINA   ITA  02:47:06  

 

Informationen: Firenze Urban Trail
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