"Nach Rücksprache mit den Verantwortlichen der Kantone Bern und Waadt sowie mit der Gemeinde Saanen mussten wir die schwere Entscheidung treffen, die Durchführung 2020 des Glacier 3000 Run und Gstaad Kids Run abzusagen. Die oberste Priorität hat Ihre Sicherheit und Gesundheit, damit wollten wir keine Risiken eingehen." So heißt es in der Mitteilung des Veranstalters. Die Worte gleichen sich, die Konsequenz ist klar. Kein Glacier 3000 Run 2020.
Als Rückblick haben wir Zitate aus den zahlreichen Laufberichten auf Marathon4you und Trailrunning.de gesammelt:
Der Glacier 3000 Run hat "nur" 26 Kilometer, spart dafür aber nicht mit Höhenmetern: 2.015 sind es, also mehr als bei den meisten Berg-Marathons. Allerdings, und jetzt kommt’s: Diese 2.015 Höhenmeter verteilen sich sehr ungleichmäßig auf die Laufstrecke. Bis Gsteig (km 12) kann man gerade mal 140 davon verbuchen, in Reusch (km 16) sind 300 bewältigt. Das heißt, zu den restlichen 10 Kilometer kommen noch 1700 Höhenmeter dazu und eine Passage über den Gletscher.
Klaus Duwe
Gesorgt ist auch für den Gepäcktransport zum Ziel auf dem Scex Rouge auf fast 3000 m Höhe. Die Rückfahrt wird dann mit der Bergbahn erfolgen. Alles im Startgeld enthalten. Und wer schnell genug unterwegs ist, der kann sich noch einen Geld- oder wertvollen Sachpreis sichern.
Anton Lautner
Wir starten in Gstaad. Vor lauter Nervosität (und vielleicht auch etwas Müdigkeit) nehme ich weder das schlossartige Palace Hotel, das über Gstaad thront, noch den Louis Vuitton Laden – das erste Mal, dass ich einen Louis Vitton Laden in einem Chalet sehe! – noch die Ralph Lauren Boutique oder andere Zeugnisse des mondänen Gstaad wahr.
Sarah Umbricht
Weiterhin ist unser Laufuntergrund nur leicht steigend. Wir laufen durch grüne Wiesen immer in Sichtweite zur Hauptstraße. Manchmal stellt sich eine stärkere kurze Steigung ein, wo schon die ersten gehen müssen. Aber meist geht es gleich wieder eben weiter. Einige Streckenteile sind jetzt schmal und nur hintereinander zu belaufen. Außer man weicht in die Wiese aus und holt sich jetzt schon nasse Füße.
Anton Lautner
Gsteig, Kilometer 11,5. Wir verpflegen und dann wird die Stimmung immer lauter. Eine Gruppe bearbeitet ihre Trycheln. Im ersten Augenblick glaubt man, dass das Kuhglocken sind. Doch mitnichten. Glocken sind gegossen, damit sauschwer. Trycheln sind aus gehämmertem Blech, sind daher leichter zu tragen und auch im Klang ganz anders. Als ich ein, zwei Bilder mache, tun mir schier die Ohrwascheln weh. Klasse, Jungs. Kurz vor der Gsteiger Kirche werden wir rechts eingewiesen. Anstieg.
Anton Lautner
Wieder laufen wir über eine große Wiese. Jetzt kann ich den Weiler Reusch vor mir liegen sehen. Der Rettungshubschrauber macht hier Pause. Die Moderatorin sagt jeden Neuankömmling an und die Zuschauer applaudieren entsprechend. Im Augenwinkel kann ich die Uhr an der Zeitmessmatte ablesen. Oh je, es sind bereits 2 Stunden vergangen. Ich bin somit 15 Minuten über meinem Zeitplan. Das ist schlecht.
Birgit Fender
Ab Reusch ist alle 500 Meter eine Distanztafel zu sehen, was mich erst ab etwa km 22 so richtig zu motivieren vermochte. Jedenfalls versuchte ich noch bis ca. km 18 zu laufen, wurde aber von zahlreichen Teilnehmern überholt, die gehend ein schnelleres Tempo zustande brachten, als ich laufend. Das war nichts Neues und störte mich auch nicht sonderlich, denn heute war sozusagen der Weg mein Ziel. Ich wollte möglichst kräfteschonend die Strecke absolvieren und die Bergwelt so gut es ging genießen.
Sarah Umbricht
Nur zur Erklärung, oder soll ich sagen, zur Warnung: Bis hier haben wir lediglich etwa 300 bis 400 Höhenmeter hinter uns gebracht, die letzten „Hügel“ warten auf den folgenden zehn Kilometern. Aber da sind die V-Stellen fast im Kilometerabstand aufgebaut, zum Teil mit vollem Programm. Die ersten 500 Meter lassen sich noch belaufen, dann wird es schon sehr steil, wo das schnelle Gehen effektiver und ökonomischer erscheint. Während ich bis zum Wechselpunkt eher defensiv gelaufen bin, will ich an den Steigungen mit Schwung und langen Schritten Druck machen.
Anton Lautner
Die steilste Passage begann ab Cabane bis zum Ziel. Sepentinen führten uns in die Höhe. Meine Schenkel brannten, ich wurde müde und sehnte mich dem Ziel entgegen. Als ich nach Kilometer 24 den Kenianer Maina Njoroge vor mir erblickte, schoss mir neue Energie durch die Adern. Ich durfte mit einem Podestrang liebäugeln. Das kann gefährlich werden. Zwar schloss ich zum Afrikaner auf, überpacte jedoch völlig. Komplett übersäuert entschwand ich trotzdem aus seinem Blickfeld und versuchte gleichzeitig, mir den heranjagenden Raphael Sprenger vom Leib zu halten. Dies gelang mir zum Glück. Entkräftet passierte ich das Zielband als Dritter.
Ralf Birchmeier
Spätestens an der Mittelstation Oldenegg (Kilometer 20,5) auf rund 2000 Meter Seehöhe endet der Fahrweg. Hier könnte man das Rennen abbrechen. Aber nicht jetzt. Ich bekomme mit, dass es weiter nach oben geht. Zwar ist der Himmel dicht und es tröpfelt immer wieder, aber mit dem Nebel ist es nicht so schlimm. Mit Musik geht alles leichter, so werden wir von einer Steelband weitergeleitet.
Unsere Strecke wird schmaler, ein Bergwanderweg, aber nicht ausgesetzt. Wir müssen uns konzentrieren, wo der nächste Schritt gesetzt wird. Auch sind mitunter rutschige Passagen dabei, aber die können links oder rechts im Gras umgangen werden.
Anton Lautner
Es wird zunehmend steiniger und dann sehen wir nach einem Aufschwung die Station Cabane auf 2485 Meter Höhe. Es ist jetzt schon sehr kühl geworden. Wieder eine Verpflegung mit vollem Programm. Meine Partnerin bleibt zurück und verpflegt wohl länger. Ich will nicht zuwarten und mache mich davon.
Anton Lautner
Jetzt baut sich der übelste Kilometer vor dem Läuferfeld auf. Sausteil. Wohl an die 30 Grad Steigung. Gut, dass ein Weg durch das Geröll freigescharrt wurde. Aber leicht würde ich diesen Aufschwung nicht bezeichnen. Es ist fast zum Verzweifeln. Nur im Kriechgang geht es in Serpentinen nach oben. Ich bin froh, die Marke 23,5 Kilometer zu sehen. Oben geht es nochmals im Zick-Zack weiter, dann haben wir den schlimmsten Kilometer geschafft.
Anton Lautner
(Klaus und Margot Duwe)
Dann kam der Gletscher, der aber irgendwie recht „sulzig“ war, der Schnee schmolz unter der Sonne und machte das Gelände nicht gerade trittfest. Aber dieser Teil ist kurz und relativ flach, kann also gelaufen werden. Danach läuft man noch einige hundert Meter auf der Moräne, nun die Schlusstreppe und das Ziel vor Augen. Nebelschwaden stiegen über den Kamm und hüllten meine Vorläufer ein. Bald war’s geschafft! Die letzten Treppenstufen und voilà, der Speaker rief meinen Namen, was ich gerade noch mitkriegte, weil ich rechtzeitig den iPod deaktivierte.
Sarah Umbricht
Nun geht es auf den Gletscher. Ist fast so ausgeschildert wie ein Baustellenbereich auf der Autobahn. Wir müssen nur der Raupenspur folgen. Zusätzlich sind an der Seite Seile gespannt. Einmal erkenne ich eine Gletscherspalte, würde gerne näher hineinschauen, kann aber nicht, da mir sonst die Bea davonläuft. Vielleicht ist es aber auch eine Gletschermühle. Das sind Abflüsse des Schmelzwassers im Gletscher. Sie entstehen meist im flacheren Gletscherteil und können mitunter bis zum Gletschergrund reichen.
Anton Lautner
Gleich bin ich im Ziel. Ich sehe schon die Bauten auf dem Scex Rouge. Und dann die Treppen, die ersten Stufen sind sauhoch. Langsam gehen, nur keinen Muskelkrampf bekommen. Kaum gedacht, schon erwischt es einen weiteren Läufer hinter mir. Er lässt einen Brüller los, kann sich aber selber helfen und weitergehen. Vor dem Ziel warten noch zwei Alutreppen. Rechts herum, nochmals ein paar Treppen und dann bin ich im Ziel. Mann, war das eine enge Kiste.
Anton Lautner
Die Laufzeiten beim Glacier 3000 Run entsprechend in allen Leistungsklassen in etwa denen eines Marathons im Flachen. Wer meint, der Lauf sei wegen seiner Distanz eine gute Vorbereitung auf einen Bergmarathon oder Trailrun, hat Recht. Allerdings sollte jeder, der hier antritt, über Bergerfahrung verfügen. Als Erstling taugt der Glacier 3000 Run nicht, er ist ein echter Härtetest, aber wunderschön. Aus diesen Gründen ist der Lauf trotz „Unterdistanz“ auch bei Marathon4you gelistet.
Klaus Duwe
Die Schweiz mag wegen des für uns ungünstigen Wechselkurses ein teures Pflaster sein. Es wird aber auch einiges geboten. Die Landschaft ist einmalig und gerade bei diesem Lauf sehr abwechslungsreich. Herzliche, aufgeschlossene Menschen, eine perfekte Organisation und sehr gute bis zum Schluss ausreichende Verpflegung machen diesen Lauf zu einem großartigen Erlebnis.
Birgit Fender
Auf Wiedersehen beim Glacier 3000 Run am 07.08.2021