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02.08.15 - Gondo Marathon

Geheimtipp am Simplonpass

Wer vom Wallis mit dem Auto nach Italien möchte, fährt von Brig im Rhonetal über den 2005 m hohen Simplonpass und kommt dabei durch den Schweizer Grenzort Gondo auf der Südrampe der Passstraße. Wir Läufer nahmen uns diese Strecke am vergangenen Wochenende beim Gondo Marathon zu Fuß vor.

Der Gondo Marathon ist seit nunmehr 14 Jahren eine Veranstaltung, die an zwei Tagen über den Simplonpass von Gondo nach Brig führt und wieder zurück. Hört sich vielleicht einfallslos an, ist es aber nicht! An beiden Tagen bot die Marathonstrecke genug Abwechslung für die Teilnehmer. Am ersten Tag standen die Gondoschlucht, der Simplonpass und der Bistinenpass , das Nanztal und die Saltinaschlucht auf dem Streckenprogramm. Und auf dem Rückweg am zweiten Tag waren neben dem Stockalperweg, das Gantertal, dann wieder der Simplonpass und zum Schluss der Übergang Furggu und das Zwischenbergental landschaftlich besonders eindrucksvoll. Aber gleich noch mehr dazu!

Eigentlich ist diese Veranstaltung aus einem besonderen Grund entstanden. Ein heftiges Unwetter hatte im Jahr 2000 das halbe Dorf mit sich gerissen und 13 Menschen fanden dabei den Tod. Zum Gedenken an dieses Unwetter wurde der Gondo Event, heute Gondo Marathon, 2002 ins Leben gerufen. Gleich bei seiner ersten Austragung wurde die Brücke über die Saltinaschlucht im Vorfeld bei einem Unwetter zerstört, so dass die Teilnehmer den Gebirgsbach durchqueren mussten, um nach Ried-Brig zu kommen. Und so dürfen heute noch die Teilnehmer etwa 2 Kilometer vor dem Ziel den Gebirgsbach seilgesichert durchqueren.

Und wenn wir schon bei der Geschichte sind, so muss ich noch gleich eine zweite hinzufügen. Die beiden Marathons führen teils über den sogenannten „Stockalperweg“, der Brig mit Domodossola verbindet und durch Gondo führt. Der wohlhabende Brigger Händler Kaspar Stockalper hatte diesen Weg über den Simplonpass anlegen lassen, um den Handel zwischen Brig und Domodossola/Italien zu fördern. So verhalf er den angrenzenden Dörfern, darunter auch Gondo, zu einem gewissen Reichtum. Dieser Weg wurde später nach ihm benannt, „Stockalperweg“.

Der direkte Weg von Gondo nach Ried-Brig wäre nur etwa 28 Kilometer lang gewesen, am Sonntag als Wettkampf Gondo Running und Gondo Walking. Für die beiden Trailmarathons kamen deshalb zusätzliche Schleifen dazu, um auf die 42 km-Distanz zu kommen.

Nach meiner ersten Teilnahme vor 5 Jahren wollte ich 2015 wieder diese zwei Tage in den Walliser Bergen zwischen Gondo und Ried-Brig erleben. Bereits am Freitagabend konnte ich im Rennbüro in Gondo meine Startunterlagen abholen und dann gleich im Stockalperturm zur Pasta-Party gehen. Danach gab es die Möglichkeit, in der Schule oder im Zivilschutzbunker zu übernachten. Nach einer kurzen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück am frühen Morgen war ich für den ersten Marathon gerüstet.

Leider hatte es die ganze Nacht geregnet und die Wolken hingen tief über dem Tal. Die Wetterprognosen waren eher schlecht, erst am Nachmittag war eine Besserung in Sicht. Egal, ich hatte bereits meine Regenjacke übergestreift und die Temperaturen waren trotz Regen angenehm. Brigitte Wolf, die Streckenchefin, erklärte uns noch einige Details zur Strecke und Streckenmarkierung und schickte uns dann pünktlich um 8 Uhr auf die Strecke.

Der heutige Aufstieg führte über die Südseite des Stockalperweges durch die Gondoschlucht steil hinauf. Der Trail war größtenteils direkt entlang der steilen Schlucht. Manchmal ging es über Metallgitterstege auch mal direkt über dem Abgrund der Schlucht, unterhalb oder neben der Passstraße. Nach wenigen Kilometern passierte ich dann einen beleuchteten Militärstollen, der auch zum Stockalperweg zählt. Zwischen Gondo (855 m) und Simplon Dorf (km 8,9/1472 m) und bis hinauf zum Simplonpass (km 17,4/2005 m) hatte ich bereits mehr als die Hälfte der Höhenmeter des heutigen Tages geschafft.

 
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Auf der Passhöhe ging es dann auf einem wunderschönen Panoramaweg hinauf zum Bistinenpass (km 23,5/2417 m), leider heute total in den Wolken. Auf diesem Streckenabschnitt hatte ich deshalb auch nur einen Gedanken, möglichst schnell hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter, ohne mich im Nebel zu verlaufen.  Hier oben wehte auch ein kalter Wind und die Luft war feucht vom Nebel, alles in allem sehr ungemütlich.

Nach einem kurzen Stopp an der VP auf der Passhöhe ging es dann auf einem steinigen Bergpfad steil ins Nanztal hinunter. Und endlich war ich unterhalb der Wolkendecke und konnte die Berge und die Täler ausmachen. Der steile Trail mündete später in einen ebenso steilen Fahrweg, der sich stetig ins Tal schlängelte. Eine harte Prüfung für die Beine! Wenige Kilometer vor der Saltinaschlucht waren dann glücklicherweise auch weniger steile Passagen dabei, eine Entlastung für die Beine.

Schon von weitem konnte ich ins Rhonetal blicken, noch recht weit oben war dann auch die Verpflegungsstelle Schratt bei km 35. Der Hauptort Brig lag unten im Tal und vor uns auf Augenhöhe konnte ich schon die Häuser von Ried-Brig erkennen. Anfangs führte der Weg in stetigem Auf und Ab am Waldsaum oberhalb von Brig. Bis ich dann endlich zwei Kilometer vor dem Ziel in die Saltinaschlucht kam.

Die Absperrung war eindeutig – heute ging´s durch das eiskalte Wasser! Und zwar die steile Böschung hinunter, dann über die rutschigen Steine und auf der anderen wieder die Felsen hinauf. Zum Glück hatte die Feuerwehr ein Seil über den reißenden Fluten angebracht, so dass ich mich dort gut festhalten konnte. Zu beiden Seiten standen die Feuerwehrleute zur Beobachtung! Morgens war noch nicht klar, ob wir diesen Gebirgsbach durchqueren würden oder ob wir wegen zu viel Wasser über die Brücke gehen müssten.

So, und nun waren meine Schuhe nicht nur nass, sondern auch gefühlte Tonnen schwer. Aber die letzten zwei Kilometer würde ich jetzt auch noch überstehen. Eine Überraschung kurz vor dem Ziel gab es noch! Einen Steilhang musste ich noch überwinden, bevor ich dann die ersten Häuser von Ried-Brig vor mir hatte. Nur noch einen Kilometer durch die Straßen und am Schulgebäude wartete dann das Ziel auf mich. Super! Ich hatte meine ersten 42 Kilometer und etwa 2000 Höhenmeter, also Teil 1 des Wochenendes geschafft. Direkt im Zielbereich befanden sich dann auch die Duschen in der Zivilschutzanlage und in der Schule, wo in der Sporthalle dann auch gleich das Abendessen gab und am nächsten Morgen das Frühstück.

 
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Der Start am zweiten Lauftag war bereits um 7.30 Uhr angesetzt, die drei erstplatzierten Männer und die schnellste Frau gingen schon ab 7 Uhr auf die Strecke. Das heutige Wetter war uns wohlgesonnen, schon am Morgen zeigte sich der blaue Himmel und die warme Sonne sollte uns noch ganz schon einheizen. Kurz hinter Ried-Brig befand ich mich schon auf dem oben erwähnten Stockalperweg, dem ich bis Schallberg (km 3,3/1316 m) folgte. Danach verließ ich kurzzeitig den historischen Pfad und folgte dem Wegweiser „Talweg Ganter“, der mich auf der alten Passstraße entlang des Ganterbaches führte. Wenige Kilometer weiter erreichte ich dann die neue fast 700 m lange Brücke über das Gantertal, ein beeindruckendes Bauwerk auf dem Weg zum Simplonpass. 

 
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Nun ging es zurück auf den Stockalperweg, der sich steil und in engen Serpentinen auf den Simplonpass (km 17,9) hinaufschlängelte. Ein kurzer Stopp an der Verpflegungsstelle und schon wollte ich weiterlaufen, meist bergab, in Richtung Simplon Dorf (km 27,0/1472 m) bzw. Gabi. Dieser Streckenabschnitt war mir bereits vom gestrigen Tag bekannt, doch in umgekehrter Richtung war es ebenfalls spannend zu laufen. In Gabi an der Verpflegungsstelle (km 29,5/1240 m) teilten sich dann die beiden Strecken. Beim Gondo Running und Walking bogen die Läufer nach links in die Gondoschlucht ab, um auf direktem Weg nach Gondo zu laufen.

 
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Die Gondo Marathon-Läufer folgten der Beschilderung nach rechts, noch einmal den Berg hinauf auf Furggu (km 32,6/1881 m). Mir war dieser Aufstieg, etwa 3 Kilometer und 600 Höhenmeter, noch gut in Erinnerung! Da heißt es einfach nur, Schritt für Schritt hinauf und nicht weiter drüber nachdenken. Wenn ich mich umdrehte, konnte ich die Passstraße, Simplon Dorf und Gabi sehen. Wie schnell ich auf diesem steilen Serpentinenanstieg an Höhe gewann, das war schon verblüffend, aber auch extrem anstrengend. Und dazu kam noch die gnadenlose Nachmittagsonne, die mir ganz ordentlich einheizte. Zum Glück gab es immer wieder kurzzeitig schattenspendende Bäume.

Von Furggu bis ins Ziel trennten mich nur noch etwa 9 Kilometer meist bergab. Auch dieser Weg bot noch einige interessante und technisch anspruchsvolle Abschnitte, aber auch wunderschöne Ausblicke ins im Zwischenbergental. Manchmal ging es einige Höhenmeter in engen Serpentinen hinunter, dann wieder im stetigen Wechsel bergauf-bergab und schließlich kam noch ein kräftezehrender Gegenanstieg. Nur kurzzeitig querte ich die einspurige Asphaltstraße nach Zwischenbergen, um wieder auf den steilen Wanderweg ins Tal zu gelangen. Schon bald vernahm ich die Lautsprecherstimme im Ziel. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Noch am Sportplatz vorbei über die Brücke und schon hatte ich den Zielbogen passiert, wo ich freundlich empfangen wurde. Teil 2 des Gondo Marathons war nun ebenfalls geschafft. Jetzt wollte ich nur noch aus den nassgeschwitzten Laufsachen raus und mich unter der Dusche im Schulgebäude erfrischen.

 
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Am ersten Tag brauchte ich für die Marathonstrecke 6:07 Stunden und am zweiten Tag war ich 6:48 Stunden unterwegs. Diese beiden Zeiten wurden addiert und ergaben eine Gesamtzeit von 12:56 Stunden, ein vierter Platz in der Gesamtwertung der Frauen und in der Altersklasse sogar Platz zwei. Das alles war nicht nur das Resultat meiner Laufleistung, sondern auch die supergute Betreuung an der Strecke. Die vielen Helfer und Zuschauer, die ich unterwegs traf, ermutigten mich immer wieder für die weiteren Kilometer.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich ganz herzlich bei Brigitte Wolf und ihrem Team für die tatkräftige Unterstützung und die perfekte Betreuung bedanken. Auch die Zuschauer und Begleitpersonen hatten vor allem am zweiten Tag unzählige Möglichkeiten, bequem an die Laufstrecke zu kommen. Diese Tatsache macht den Gondo Marathon auch für Mitreisende interessant, da sie die Läufer eigentlich auf der gesamten Strecke begleiten können, ohne selbst riesige Wegstrecken zurücklegen zu müssen.

Die Verpflegungsstellen waren an beiden Tagen so verteilt, dass es nicht zwingend war, selbst einen Trinkrucksack mitzunehmen. Etwa alle 5 bis 10 Kilometer, oft sogar früher gab es genügend Getränke und Essen. Viele Läufer verzichteten deshalb auf zusätzliches Gepäck. Für mich war der Gondo Marathon wieder einmal ein tolles Laufwochenende, das ich bestimmt wieder einmal mitmachen werde. Vielleicht schon nächstes Jahr am 6. und 7. August 2016 zum 15. Jubiläum.
 

 

Informationen: Gondo Marathon
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