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07.08.16 - Gondo Marathon

Gondomania - laufen, schlemmen, feiern

Im Galopp durch‘s Nanztal zur Saltinaschlucht

 

Ging es seit dem Start bis zum Bistinenpass fast nur bergauf, so wendet sich ab der Passhöhe das Blatt: Denn von hier führt die Strecke bis zum Ziel (fast) nur noch „downhill“. Und wie. Fast übermütig stürzen die Läufer in endlos langen Serpentinen den kahlen Abhang auf der jenseitigen Passseite in Richtung Nanztal hinab. War es auf der Passhöhe fast schon frostig kalt, so wird es nun schnell mehr als kuschelig warm. Wer sich nur darauf konzentriert, bei diesem Galopp nicht einer der vielen steinigen Stolperfallen zum Opfer zu fallen, verpasst allerdings das fantastische Panorama, das sich jenseits des Passes über die schier grenzenlose Bergwelt eröffnet. Weit reicht der Blick, bis zu den fernen, schneebedeckten 4000ern des Berner Oberlandes. Besonders markant: Die Gipfelpyramide des Bietschhorn (3.934 m üNN), des „Königs der Lötschtaler Alpen“, die aus dem Wolkenmeer heraus spitzt.

 

 
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Weiter unten, wo das Grün der Almen wieder saftiger wird, versperrt eine Kuhherde den Weg und macht auch keine Anstalten, auszuweichen. Respektvoll umschleiche ich, argwöhnisch beobachtet, die wohlgenährten, spitzbehörnten Tiere. Ein wenig erleichtert mich schon, dass keines der Tiere Anstalten macht, mit mir „Fangen“ spielen zu wollen.

Waldgelände löst die Almen ab. Tief unten vom Grund des Nanztals tönt das Rauschen der Gamsa herauf. Hatte ich gedacht, dass der nun breitere Forstweg im Wald weniger steil weiterführen würde, so muss ich mich schnell eines Besseren belehren lassen. Meine Oberschenkelmuskeln sind gar nicht erfreut, dass ich ihnen einen weiteren steilen Abstieg hinunter ins Tal bis zum Ufer des wildromantisch durch urwaldartiges Gestrüpp sprudelnden Bergbach zumuten muss. Entschädigt werde ich jedoch durch einen herrlichen, endlich einmal wieder relativ flachen Pfad, der dem Bach durch die üppige Vegetation folgt.

Wildromantisch gelegen sind auch die Holzbrücken, über die wir die Gamsa zwei Mal queren. Aber diese Entspannung währt nur kurz. Dann wendet sich der Weg vom Bach ab und taucht ein in dichten, schattigen Wald. Und wieder geht es steil bergab, nur kommt zusätzlich erschwerend dazu, dass der schmale Pfad steinig und wurzelig ist. Zwischen den Bäumen kann ich erkennen, dass sich das Nanztal weitet und geradezu dramatisch in die Tiefe abfällt. Schon bald liegt der Talgrund tief unter uns liegt und wir folgen einem am dicht bewaldeten Hang entlang führenden Höhenweg.

Allmählich wird der Wald lichter und es eröffnen sich immer wieder weite Ausblicke in das Rhonetal. Spannend wird es, als wir zwei tiefe Seiteneinschnitte des Nanztales umlaufen müssen und der Weg an deren hinterster Stelle hinter einem Wasserfall vorbei führt. Kilometer um Kilometer geht es nun auf einem meist breiten Naturweg parallel zum steilen waldreichen Hang  dahin. Eine Verschnaufpause gönnt uns die schattige Verpflegungsstelle von Schratt bei km 35. Verlockend ist das in einem plätschernden Brunnen deponierte Bier – nur leider nicht für uns gedacht.

Jäh leitet uns kurz darauf die Streckenmarkierung auf einen Trampelpfad. Und wieder geht es richtig steil, Kehre um Kehre, durch dschungelartigen Wald hinab. Weit unten im Tal sehe ich in der Ferne bereits Brig. Schnell rückt der Talgrund näher. Doch nicht Brig ist unser Ziel, sondern das höher gelegene Ried-Brig. Und der Weg dorthin hält profilmäßig noch einige Überraschungen bereit, konkret und frei nach dem Motto „klein, aber gemein“ zwei schluchtenartiger Täler, die natürlich nicht der Länge, sondern der Breite nach zu überwinden sind. Kernigen Abstiegen stehen damit nicht minder kernige Gegenanstiege gegenüber.

Das „Grande Finale“ bildet dabei die Saltinaschlucht. Der Weg hinab ist etwas für wahre Cross-Spezialisten. Ein staubiger, von Wurzeln und Steinen durchsetzter Pfad windet sich extrem steil durch dschungelartiges Dickicht hinab. Höchste Konzentration ist auf dem folgenden Kilometer angesagt. Das Rauschen des Wildbachs rückt immer näher, zu sehen ist die Saltina durch die dichte Natur aber kaum. Plötzlich ist der Talgrund erreicht.

 

Durch die Saltina zum Schluss-„Spurt“ nach Brig

 

Vor sieben Jahren ist mir hier eine „Tradition“ des Gondo Marathon verwehrt geblieben: Die Querung der Saltina mittendurch. Zu viel Wasser, zu riskant, hieß es damals. Ich war ein wenig enttäuscht. Dafür heute: beste Bedingungen. Warum das Ganze? Nachdem das verheerende Unwetter von 2000 die alte Brücke über den Bergbach zerstört hatte, wurde diese zwar durch eine neue ersetzt, aber „in memoriam“ des Geschehenen dürfen / müssen die Läufer die Saltina ohne Brückenhilfe, allerdings durch Seile und die Briger Feuerwehr gesichert, queren. Was soll ich sagen: Es ist ein herrliches, ein amüsantes, ein besonderes Vergnügen, und angesichts der Hitze auch ein höchst angenehm erfrischendes. Ingo nimmt für ein Foto für mich gar ein zweites Fußbad.

 

 
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Die Kehrseite: wassertriefende,  gefühlt bleischwere Schuhe, aus denen bei den ersten Schritten im Trockenen quietschend das Wasser sprudelt. Aber: Die letzten zwei Kilometer sind auch mit solchen Schuhen kein Problem, vor allem, wenn sie auf einem so herrlich weichen Boden durch duftenden, lichten Lärchenwald, wie wir ihn auf dem oberhalb der Saltina verlaufenden Weg vorfinden, weiter führen.

Umso herber fällt die Umstellung aus, als ein Wegweiser jäh einen Richtungswechsel verkündet. Ein im Licht geradezu gleißend heller, staubig-steiniger Pfad führt, zumindest gefühlsmäßig, senkrecht nach oben. Das wohl steilste Wegstück der gesamten Tour liegt vor mir. Und das nach 40 Kilometern. Im Schneckentempo schleppe ich mich den sich über mir türmenden Pfad empor und denke mir nur: Muss das jetzt sein! Und das auch noch in der prallen Sonne! Der Schweiß läuft in Strömen. Aber es hilft nichts: Da muss ich durch.

Endlich verflacht der Pfad, spenden Büsche und Bäume Schatten. Dann verheißen die ersten Häuser von Ried-Brig Erlösung für heute. Die letzten 1.500 Meter werden angezeigt und ein letztes Mal vor dem Ziel ist sogar noch eine Streckenversorgung eingerichtet – sehr angenehm.

 

Finish zum Ersten in Brig

 

Der letzte Kilometer auf Asphalt durch Ried zieht sich. Die Hitze steht förmlich in der wie ausgestorben wirkenden Straße. Richtig schön und auch schattig wird es aber, als ich den Altort mit seinen hübschen alten Walliser Holzhäusern erreiche. Kurz darauf erwacht auch das Leben. Der Zielbogen kommt in Sicht, dahinter der dicht bevölkerte Zielplatz. Per Lautsprecher und mit reichlich Beifall wird jeder der eintröpfelnden Finisher persönlich begrüßt.

 

 
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Herrlich war das heute, eine wundervolle Strecke an einem wundervollen Tag. Aber herrlich ist auch, sich der klitschnassen Schuhe zu entledigen, im Schulhaus zu duschen und sich frisch gewandet voll und ganz dem Apres Run hinzugeben.

Hinter dem Ziel sind Bierbänke und -tische sowie eine Grillstation ausgebaut. Hier sammeln sich die Zieleinläufer und Begleiter beim frischen Bier zum After-Marathon-Plausch. Stimmung macht vor allem der Holland-Trupp, insbesondere, als es zur Siegerehrung für den heuer erstmals  ausgetragenen „Einzelmarathon“ geht. Zugegebenermaßen: Der „wahre“ Gondoianer läuft den klassischen Doppelmarathon.

Schon ab 17.30 Uhr wird in der Schulsporthalle das Abendessen ausgegeben. Salat, Geschnetzeltes mit Gemüse und Pasta, selbst ein Nachtisch wird vom Metzger Stocker und seinem Team geboten, reichhaltig und richtig lecker. In langen Tischreihen sitzen die Läufer wie in einer (über)großen Familie zusammen.

Für 19 Uhr ist offiziell „Nachtruhe“ angesagt. Nun ja, angesichts des lauen Abends ist eher den wenigsten nach Nachtruhe zumute. Dennoch: Nach dem langen anstrengenden Tag ist nach 21 Uhr kaum noch jemand unterwegs. Und das heißt für die meisten, wie auch für mich: Einrücken ins Schlafgemach in der Zivilschutzanlage unterhalb der Sporthalle. Schon die halbmeter dicken Eingangstüren aus Stahl und Beton sind beeindruckend. Dicht an dicht reihen sich doppelstöckig die Matratzen in den drei spartanischen, fensterlosen 32-Personen-Schlafräumen. Ein wenig komme ich mir vor wie in einem U-Boot – aber zum Gondo-Erlebnis gehört das einfach dazu.

 

Informationen: Gondo Marathon
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