Yep! Ein optimaler Platz für einen „Coffee to go“! Was zum perfekten Glück fehlt, ist hier zufällig an jenem Ort, an dem die Nymphe den Seefahrer Odysseus festgehalten und vielleicht sogar geliebt hat. Und noch immer blickt man von hier oben auf den Strand Ramla l'Hamra. Steil laufen wir abwärts in Gozos berühmteste Bucht die Ramla Bay. Am Strand auf dem zarten und rostfarbenen Sand der Kalypsoinsel stehen die leicht angerösteten Körper eines Pärchens wie ein paar knackige Weißwürste im wundervollen Kontrast.
Antonys Schuhsohlen machen schlapp und wir haben uns schon wieder verlaufen. Vielleicht ist die Markierung vom Winde verweht? Wir sind im Landesinneren. Es hört sich an, wie wenn Gotthilf Fischer einen jaulenden Hundechor dirigiert. Ich stelle alle meine Sinnesorgane auf Alarm. Geheule und Gebelle streunender Hunde. Ausgerechnet hier laufen wir orientierungslos im Kreis und müssen gleich zweimal an ihnen vorbei.
Beim Geruch von Zitronen ist das Erlebnis von eben schnell vergessen. Und um ehrlich zu sein, eigentlich waren die Hunde harmlos. Auf unserem weiteren, hoffentlich nun richtigen Weg, laufen wir auf terrassenförmig angelegte, von kleinen Steinmauern umgebene Felder. Es ist sozusagen der Gemüsegarten Gozo‘s. Zitronen, Bohnen, Bananen, Feigen. Düfte über Düfte und immer der Blick zum Meer. Von hier an laufe ich mit Zitronen im Gepäck weiter.
Diese betagte Redewendung, trifft genau den Nagel auf den Kopf: Wieder verlaufen und kein Funknetz. Also garantiert klingelfreie Zone. Traumhaft, oder? Nur jetzt gerade völlig ungeeignet, weil in einer Wildnis aus nicht enden wollenden Büschen. Plötzlich, inmitten der Büsche, trennen sich die Wege. Dafür gabeln wir noch Alfonso auf, mit der Oberarmnummer 40. Er irrt schon länger durch Gozo‘s Wildnis. Unter Mühen erreichen wir eine Straße. Der Weg zur letzten Verpflegung ist weit, mindestens noch sieben Kilometer, entfernt.
Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne taucht die sanft hügelige Landschaft in goldgelbes Licht – leider! Keiner spricht es aus, doch allen ist klar, dass wir das Ziel auf dem regulären Weg heute nicht mehr erreichen werden. Ich kämpfe mit den Tränen, als sich das Fahrzeug, das uns aufsammeln soll, langsam nähert. Ohne die anderen zu fragen, sage ich zu Nathan: „Wir wollen wenigsten laufend das Ziel erreichen, wenn uns auch zur eigentlichen Strecke nur etwa sieben Kilometer fehlen.“ Er wendet daraufhin seinen Geländewagen und fährt die letzten zwei Kilometer bis nach Nadur langsam vor uns her.
Was folgt, ist ein grandioser Showdown. Gemeinsam Hand in Hand läuft der Triumphzug der angeschlagenen Läufer über den Marktplatz ins Ziel. Jubel. … Wir fallen uns in die Arme. Selten habe ich bei einem Lauf so viel Seligkeit verspürt. Uns eint die Erfahrung. Die gleichen zerstörten Illusionen, der gleiche Schmerz, der gleiche Wunsch auf Wiederholung! Dieser Tag ist so einer, der sich in meiner Erinnerung einbrennt.
Spannend genug bleibt es trotzdem, auch wenn das Ende unter ein bisschen weniger Melodramatik nicht gelitten hätte. Der Zieleinlauf unserer kleinen Gruppe wurde gewertet. Dafür muss jeder von uns eine einstündige Zeitstrafe verkraften. Was aber ist schon eine Stunde gegen ein „Did Not Finish“?
Noch einem 10stündigem Konditionstest weiß man eine Dusche erst richtig zu schätzen. „Du hast genau zehn Minuten“ bekomme ich gesagt. 10 Minuten, das ist schon eine schnelle Wechselzone für Duschen und Make up. Gozitanische Speisen, ein hauseigener Malteser Wein und das in Gesellschaft des Ministers von Gozo.
Ein herzliches Dankeschön an das komplette Team und alle Helfer! Denn die lockere und professionelle Art des ganzen Hellfire-Teams sorgen für unterhaltsame Stunden, bis es dunkel wird auf Gozo. Alle Teilnehmer sind überzeugt: Der heutige Tag war ein einzigartiges Lauferlebnis: „Yes, indeed“ man gönnt sich ja sonst nichts.
Am nächsten Morgen hängen graue Regenwolken über Marsalforn. So als wolle mir die Insel den Abschied erleichtern, donnert die stürmische Brandung wild gegen das Felsplateau, manch eine Welle ergießt sich bis auf die Promenade. Es bleibt noch Zeit für ein entspanntes Frühstück und die ersten Zeilen dieses Berichtes, bevor ich nach einer schaukelnden Überfahrt wieder Malta erreiche. Wenige Stunden später lande ich im kalten, aber endlich sonnigen Frankfurt.
Der Hellfire Ultramarathon auf der Insel Gozo ist ein echter Geheimtipp! Ich jedenfalls habe jeden Kilometer dieses Laufes genossen, wie eine erste Praline, von Hand gefertigt in einer vollen Schachtel, die langsam auf der Zunge zerschmilzt. Mit dem Laufen ist das wie mit Schokolade. Wenn wir Schokolade essen, sind alle guten Vorsätze vergessen. Man kann erst aufhören, wenn die Schachtel leer ist. Neue Forschungsergebnisse deuten auf einen Zusammenhang mit dem körpereigenen Belohnungssystem hin. Wie beim Laufen gilt auch für den Schokoladenkonsum: Die Dosis macht die Wirkung.
„Nahezu alle Straßen auf Gozo sind in Richtung der Inselhauptstadt Victoria ausgerichtet. Insbesondere gibt es keine Ringstraße, auf der man entlang der Küste die Insel umrunden könnte.“ So steht es zumindest unter „Allgemeine Informationen über GOZO“ auf Wikipedia.
Dass es doch funktioniert, hat das kleine Organisationsteam bewiesen. Viele Monate Vorbereitungen haben die beiden Malteser Antonello und Nathan hinter sich. 2012 machten sie erstmals den Traum einer Inselumrundung wahr. Und weil sie ihre Leidenschaft gerne teilen, gründeten sie das Unternehmen „Hellfire“. Als ambitionierte Läufer, Ultraläufer und Triathleten wissen sie genau, was der läuferische Zeitgeist will. Hellfire Veranstaltungen sind Extremereignisse auf schwierigem Terrain. Mit weiteren Events wie den „LungBuster“ einem Triathlon und einem Duathlon zeigen sie sportlichen Touristen wie mir die fast unerschöpflichen Reize Maltas und Gozos.
Wettbewerbe: Neben dem Ultramarathon werden auch ein Halbmarathon und ein Mountainbike Rennen über beide Distanzen angeboten. Ebenso besteht die Möglichkeit des Teamwettkampfes. Gleichzeitig sind ein Läufer und ein Mountainbiker auf der Strecke.
Streckenprofil:
Ultramarathon 32 Meilen mit 1.400 Höhenmetern
Startgeld:
€ 40 für den Ultramarathon.
Darüber hinaus sind verschiedene Arrangements möglich. Zum Beispiel: Calypso Hotel 4 Sterne, 2 Übernachtungen und Frühstück im Doppelzimmer, Transfers, Fähre, Startgeld, Finisherparty. Für Teilnehmer €148, für Begleiter €108
Temperatur: 19°C
Verpflegung:
Vier Verpflegungsstellen, saftige Orangen, Bananen, Gumminaschzeug, Salzkräcker, Wasser und Gatorate. Zusätzlich noch vier Getränkestationen
Zeitmessung:
per Hand nach Zieleinlauf
Preise:
Pokale und Sachpreise für die ersten beiden Gesamtsieger. Keine Altersklassenwertung! Hellfire-Buff für alle Teilnehmer
Währung: EURO
Stromversorgung:
Dreipolig (wie in GB), 240 Volt
Anreise:
Die Fähre zwischen Malta und Gozo verkehrt mehrmals täglich, auch an den Wochenenden und feiertags. Fahrpläne unter www.gozochannel.com
Übernachtung:
Hotel Calypso, Marsalforn Bay. www.hotelcalypsogozo.com
Informationen über die Insel: www.visitgozo.com
Ergebnisse gesamt Männer Ultramarathon:
1. Giuseppe Cuttaia, (IT), 05:53:50 Stunden
2. David Simpson, (CYP), 06:04:28 Stunden
Ergebnisse gesamt Frauen Ultramarathon:
1. Alessandra Corvaia (IT), 07:35:38 Stunden
2. Karen Xerri, (MLT), 07:46:15 Stunden
Finisher:
Ultramarathon 21 Männer (3 DNF), 8 Frauen (2 DNF)
03.06.20 | Laufevents auf Malta in den Herbst 2020 verschoben | |
07.04.14 | Marathon4you-Reporterin ausgezeichnet |