Freitag, den 22.10. 5.35Uhr nach 31 km und 2590 HM
Verpflegungspunkt am Vulkan erreicht, fühle mich sehr gut, bin aber eiskalt. Esse Weißbrot mit Wurst, Nudelsuppe im Becher, Salz, trinke Wasser, Kaffee. Lasse Trinkblase auffüllen, noch ungewohnte Handgriffe, Finger klamm, ohne Gefühl. Wieder Unmengen Zuschauer hier, Jubel, unglaublich.
Freue mich, auch dass ich die ersten 2600 Höhenmeter gut überstanden habe. Es wird hell. Verlasse den Stützpunkt. Feld jetzt schon weit auseinandergestreckt. Pfad wellig, gut zu laufen, aber scharfe Lavasteine. Lasse mich fotografieren. Vor mir türmt sich riesige Wand, uralte Kraterwand, dort also hinauf. Steige hoch, knackiger Anstieg, aber geht prima. Sonne wärmt. Kante ist erreicht. Nun über Lavabrocken vorwiegend bergab, aber immer wieder mit kleinen bergauf Abschnitten.
Jogge meist, genieße die Aussicht, den strahlenden Morgen, die aufgehende Sonne. Bin glücklich hier dabei sein zu können. Sehe von weitem schon nächsten Verpflegungspunkt. Noch relativ gut zu laufen, aber Lavabrocken werden größer. Pfad schlängelt sich dazwischen durch. Überquere Asphaltstraße.
Freitag, den 22.10. 7.15 Uhr nach 40 km und 2985 HM
Bin an der Station, fühle mich gut, nicht mehr so kalt, bin trotzdem noch 2200 m hoch, es gibt nur Getränke, nehme Wasser, Kaffe, Salz, habe Hunger, esse von meinem Erdnussriegel. Auch hier viel Beifall. Halte mich nur kurz auf. Weiter bergab über Lavageröll, jetzt schwer zu laufen. Wird aber besser. Landschaft wechselt nun, erst in Steppe, dann Wiesen mit Kühen. Wolken oder Nebel zieht auf, leichter Niesel, sofort ist es wieder unangenehm kühl. Jogge. Stelle fest, dass die Marathondistanz längst vorbei sein müsste.
Auf kleinen Leitern muss ich mehrmals über Weidezäune steigen, aber Strecke gut zu laufen. Flache Landschaft. Lehmige Erde. Schöne Blumen. Hier werden Kilometer geschrubbt. Profifotograf am Rand. Nun sogar ca. 2 km Betonstraße, jogge alles. Aber Beine schwer, Fußsohlen brennen. Erste Anstrengungen durchzuhalten.
Sonne kommt wieder heraus. Sofort bessere Stimmung. Müsste bald am nächsten Versorgungspunkt sein. Fühle mich jetzt wieder super, singe laut „Alpenrosen blühen“. Überquere Straße, dann paar hundert Meter quer durch eine Wiese auf eine weitere Betonstraße. darauf einen guten Kilometer flach dahin, kann alles joggen. Sehr viele Zuschauer und Wanderer, alle klatschen, rufen, dann endlich taucht die Station auf. Mehrere Zelte und Buden hufeisenförmig angeordnet, in der Mitte lange Tischreihen mit Bänken auf grüner Wiese, richtig idyllisch.
Freitag, den 22.10. 8.46 Uhr nach 50 km und 3072 HM
Zentraler Versorgungspunkt, esse Nudeln mit Grillhähnchen, Nudelsuppe, Bananenstücke und Weißbrot, trinke Wasser und Kaffee. Sonne wärmt schön, setze mich noch nicht. Fülle Trinkblase nicht, da kurz nach der Station unsere Betreuung, Christine vom Gandalf Safari Camp warten müsste. Lasse mich fotografieren von einem deutschsprachigem Franzosen aus dem Elsass. So, nun aber gleich weiter.
Schon nach 500 m sitzen Christine vom Gandalf Safari Camp, Tommys Frau und Diddis Frau Anja im Gras am Wegesrand. Fülle Trinkblase mit Magnesiumwasser auf, wechsele die Turnschuhe, habe jetzt die Trailschuhe von Salomon. Lasse aber Socken an, alle anderen Sachen auch. Nehme noch warmes Flieshemd und Handschuhe ins Gepäck, auch Power Gels, Riegel und Handtaschenlampe. Dauert aber alles viel zu lange. Rucksack geht kaum zu. Jetzt kommt auch Tommy, lässt sich gleich ins Gras fallen. Bin immer noch beim Packen. Reibe Knie gut mit Finalgon ein, Rücken mit Vaseline, Rucksack reibt nicht mehr sehr.
Bin fröhlich und gut drauf. Kurze Verabschiedung. Foto. Endlich, nach mindestens 20 min geht es weiter, jogge los. Doch schon 10 min später treibt mich ein menschliches Bedürfnis in die Büsche, alles sumpfig hier, muss aufpassen. Wieder einige Minuten eingebüßt. Nebel zieht auf, dann Regen. Steil bergab durch tiefes Bachbett. Drüben geht es in dichten Urwald hinein, schmaler Pfad, aber noch gut zu laufen trotz Regenschauer, welliges Terrain, ständig auf und ab. Dichte Pflanzen, alles überwuchert. Fühle mich gut. Aber ziemlich glatt und schmierig.
Plötzlich geht der Pfad unvermittelt halsbrecherisch fast senkrecht nach unten. Sehe nur noch Wurzeln, Wurzeln, Wurzeln. Halte mich daran und an Ästen fest, bis Füße auf dem nassen Wurzelgeschlinge etwas Halt finden. Hinabhangeln.
Äußerste Vorsicht! Zum Glück alles so dicht bewachsen, sehe den Abgrund nicht. Weg immer nur paar Meter bis zur nächsten Biegung 3- 4 m erkennbar, so viel Vegetation. Ca. 1 Stunde noch steil nach unten. Nach nächster Biegung stehe ich plötzlich unvermittelt und völlig überrascht auf Asphaltstraße.
Auf ihr links bergab, kann wieder paar Kilometer joggen, nur noch leicht bergab, später bergauf. Pfad führt nun wieder in dichten Urwald. Wieder Regen, und wieder kurz vorm Wald. Immer rauf und runter, schwülwarm, alles dampft. Untergrund Morast und Wurzeln.
Schlechtes Vorwärtskommen. Nasse Pflanzen hängen ständig im Weg. Zähes Vorwärtskommen. Schuhe und Waden voller Schlamm. Dann eine kleine Lichtung, noch mal Bäume, einen kurzen Hang hinunter auf kleinen Fahrweg, dort die lang erwartete Station. Endlich. Stehe wieder in der Sonne.
Freitag, den 22.10. 13.22 Uhr nach 65 km und 3540 HM
Nur kleiner Getränkepunkt, fülle Trinkblase auf, trinke Kaffee und Wasser. Zu essen gibt es nur Obst. Lasse mich kurz von der Sonne bescheinen, setze mich aber nicht, dann gleich weiter. Nach paar hundert Metern wieder auf schmalem Pfad hinein in den Urwald. Dasselbe Spiel wie die letzten 10 km. Schlamm, Wurzeln, ganz dichter Bewuchs.
Große Blätter, richtig dämmrig. Vorbei an schlammigem, völlig zugewachsenem kleinen See, Sonne dringt kaum durch- schaurig schön. Doch weiter. Habe kein Foto gemacht. Schade. Auf kleiner Lichtung unvermittelt Kontrollposten. Klebt roten Punkt auf Startnummer. Nun weiter durch Urwald. Zieht sich ewig hin. Jetzt führt Urwaldpfad öfter bergab. Sehne mich nach nächstem Verpflegungspunkt in Hellbourg. Müsste längst kommen. Bin ziemlich fertig, trinke viel. Andere pausieren rechts und links. Kleidung klitschnass vom Regen und Schweiß. Unangenehm.
Pfad führt am Steilhang immer bergab, Serpentinen, immer noch dichter Wald, wird aber nun lichter. Unten - ein paar Dächer durch die Bäume. Pfad wie eine lange schmale Rampe, immer schräg hinab. Wanderer klatschen. Der nächste Fotograf hat sich hier postiert. Komme an den Ortsrand. Auf Asphaltstraße, nun durch parkartiges Gebiet, die Strecke führt also gar nicht richtig in den Ort. Sehr viele Leute rufen und applaudieren. Es geht bergauf zum Stadion am Hang, Wolken sind aufgezogen, sofort geht erneut straffer, dann starker, aber warmer Regen nieder. Bin kurz vor dem Stadion. Renne, um nicht völlig durchnässt zu werden.
Freitag, den 22.10. 16.03 Uhr nach 71 km und 3610 HM
Habe das Stadion erreicht, zum Glück ist der Versorgungstrakt überdacht, bin unter den Planen, ziemlich durchnässt. Fülle Trinkblase auf, esse Nudelsuppe, Bananen, Schokolade, Salz und Weißbrot. Weiterhin Sturzregen. Trinke Wasser und Kaffee. Beine tun weh, Füße brennen. Wundere mich, dass ich nicht müde bin. Muss mich gut stärken, vor mir liegt der Aufstieg von 1500 Höhenmetern zum höchsten Punkt des Laufes, will im Hellen möglichst weit rauf. Warte noch ein paar Minuten, dann weiter.
Regen hat schlagartig aufgehört. Prima. Komme wieder gut in Gang, sofort geht der Pfad steil den Berg hoch, schwül. Der Wald dampft. Ziemlich glatt. Nicht mehr so steil, aber komplizierter Untergrund, Hohlwege voll mit Wurzeln und Geröll, glatt, stolprig. Hochwald. Jetzt wieder sehr steil, Vegetation wird spärlicher, noch ist es hell. Es wird kälter. Ich steige, so schnell ich kann, komme sehr gut voran. Lasse viele zurück. Jetzt nur noch Büsche, schon ziemlich kalt. Die Hochebene ist erreicht, da geht die Sonne unter. Blanker Himmel.
In kurzer Zeit ist es finster, hole die Stirnlampe raus. Friere schon etwas. Nicht mehr so steil bergauf, aber überall knie- bis hüfthohe scharfkantige Lavabrocken. Dazwischen Büsche. Sehe in ca. 1 km Luftlinie und ca. 200 m weiter oben Lichter, - das muss die Hütte am Pass sein, die Station. So schnell es geht eile ich weiter. Nun ist es bitterkalt. Sternenklare dunkle Nacht. Die nassgeschwitzten Klamotten kühlen mich aus. Zweimal führt der Pfad wieder abwärts durch Senken. Doch endlich liegt die Hütte vor mir. Uff. Letzter Anstieg. Geschafft!