Auf der asphaltierten Bergstrasse kann man es jetzt rollen lassen. Aber Vorsicht, nicht überziehen. Wenige Sportler legen hier einen richtigen Zwischenspurt hin. Ich lasse die rennen. Dann geht es rechts ab auf einen schmalen Grasweg, der dann später in den Wald führt. Wir verlieren nun auf diesem Wegstück rund 250 Höhenmeter. Bei Kilometer 20 wartet ein kurzer Wiesentrail. Gut, dass der Untergrund relativ trocken ist.
Kurz vor der Halbzeit endet das Gefälle, unser Kurs bleibt jetzt für die nächsten zehn, elf Kilometer kupiert, ohne dass wir unser Höhenniveau maßgeblich ändern.
In Parpan (Kilometer 24,1, 1509 Meter) werden wir wieder namentlich aufgerufen. Nachdem wir unter einem Tor der „Modern-Art“ gelaufen sind, finden wir links wieder das volle Verpflegungsprogramm, jetzt auch mit Bananen, Cola und Brot.
Im folgenden Waldstück wird unser Untergrund teilweise crossig mit Wurzeln, Steinen und wenigen Wasserlöchern. Also aufpassen. Wer hier fliegt, der landet hoffentlich im weichen Waldboden.
Bei Valbella (Kilometer 27,4, 1486 Meter), das „schöne Tal“ dem Namen nach, geht es an den Heidsee, der im Rätoromanischen Igl Lai genannt wird. Nicht nur ich bleibe stehen, um das idyllische Panorama einzufangen.
Am Campingplatz höre ich gerade noch den letzten Takt der Guggamusik Burgfätzer. Auf mein „Zugabe“ klatschen die Zuschauer, die Musikanten lachen. Es geht dann auf einem Damm auf die andere Seite. Jetzt kommen mir sogar Läufer entgegen. Hier wurde die Strecke geändert. Es muss ja die Streckenlänge stimmen.
Durch eine Unterführung brauchen wir die Voa Principala nicht überqueren. An der Talstation der Rothornbahn wird gebaut. Das alte Gebäude ist weggerissen, Teile des Rohbaues stehen schon. Zur Wintersaison soll die Bahn fertiggestellt sein.
Nach einem kurzen Waldlauf geht es nach Lenzerheide (Kilometer 31,2, 1458 Meter) hinein. Wir umrunden das Schulgebäude. Die Sprinter über 20 Meilen sind jetzt fertig und können ihr Bier genießen. Wir werden nach rechts eingewiesen und können auf der anschließenden Trinkstelle zugreifen. Zwei Becher, dazu Gel, Brot und ein Stück Banane nehme ich mit. Wer will, es gibt auch leicht salzige Bouillon.
Es geht wieder an den Heidsee, nun sind wir die Entgegenkommenden. Nur etwa vier Kilometer mehr im Haben. Auf dem Damm kommt mir Hartmann entgegen. Er hebt die Hand. Das machen auch die Musiker, die jetzt von ihrem Arbeitsplatz verschwunden sind. Die heben wohl ein Bier. Kriege ich heute auch eins ab?
Dann endet der Gegenverkehrsbereich, wir werden nach links auf einen Grasweg eingewiesen Hinter mir kommt der Thorsten, der ein Fussballshirt von Frings trägt, eigentlich Bernd heißt, aus Deutschland kommt und jetzt in der Schweiz wohnt. Alles klar, Bernd Priebs. Nix für ungut.
Wir haben jetzt das letzte Wegstück vor uns, der Anstieg zum Piz Scalottas, rund zehn Kilometer und 900 Höhenmeter. Dieser Endspurt ist deutlich einfacher als die 1400 Höhenmeter, die auf dem Weg zum Rothorn bezwungen werden müssen.
Aber ist diese Variante einfacher? Mitnichten, wird sich Simon Büsser denken, der gerade seinen Muskelkrampf von einem Sanitäter wegmassieren lässt. Der Bursch ist jung, vielleicht noch ein wenig unerfahren auf diesem Kurs, so mein ersten Eindruck. „Viel Trinken, vielleicht auch Cola und Gel“, rufe ich ihm zu, als ich vorbeilaufe.
Bei einer Kuhherde bleibe ich für einen Fotoschuss stehen. Simon kommt jetzt von hinten heran wie ein Eilzug. Weiß der, dass das Ziel nicht an der nächsten Ecke liegt. Dann nach zehn Minuten steht er wieder. Wieder ein Muskelkrampf.
Immer weiter steigt das Gelände an. Nur wenige Stücke können gelaufen werden. Teilweise sind jetzt die Wege sehr schmal zwischen den Almwiesen.
Kilometer 36, Spoina (1707 Meter), gut 200 Höhenmeter sind wir oberhalb des Heidsees. Wieder verpflegen. Ich bräuchte mal was anderes zu trinken. Ein Bier gibt es auf Nachfrage nicht. Da hätte ich schon zugegriffen.
Kurz vor der nächsten Trinkstelle bei Tgantieni (Kilometer 38, 1796 Meter) liegt eine sportliche Frau im Gras, halb schlafend. Ich fotografiere, sie erhebt mahnend den Finger. „Willst Du für mich die Startnummer übernehmen und ins Ziel laufen?“ meine Frage. „Ich komme von oben“, höre ich als Antwort.