Es ist dieses tolle Gefühl. Irgendwann unterwegs kommt es. Wenn alles nur noch schön ist, man wie von selbst läuft und spürt, dass man lebt. Egal, ob warmer Sonnenstrahl oder kalte Schneeflocke, ob das Fahrgestell protestieren will oder nicht. Wir kennen das alle. Geht aber leider auch schnell vorbei. Nur hier nicht, am Rennsteig. Da hört es erst im Bus bei der Rückfahrt auf, wenn man selig eindöst …
Alles beginnt in der Stadtverwaltung von Eisenach. Ja, die hat offen, bis in die Nacht. Erst die Startunterlagen holen, dann zum Festzelt, Klöße essen. Ganz wichtig, denn die schmecken toll und geben Kraft. Denn früh geht’s los, um 6. Weit über 2000 Ultras treten an. Der Marktplatz ist gerammelt voll, im Gedränge trifft man sich, letzte Grüße und ab. Unter den zeitlosen Sprüchen Martin Luthers (der war im Mai vor 500 Jahren auch hier) traben alle durch die alte Stadt in den nahen Wald. Und hoch, alle dynamisch in die Kurve. Der Rennsteig ist weit oben. Und zum Großen Inselsberg sind es 25 km Distanz, aufwärts.
Sehr schnell erreichen wir die Hohe Sonne und folgen nun dem R für Rennsteig. Für den Lauf ist alles nochmal perfekt beschildert, dafür sorgen unzählige Helfer. Die kümmern sich auch liebevoll alle paar km mit der Versorgung um uns. Es soll uns an nichts fehlen. Wie auf einer Waldautobahn geht’s dahin. Ohne Gedränge sortiert sich das Feld, je nach Tempo. Oder Kondition. Oder nach was anderem. Überall dazwischen sind Traditionsläufer, die schon seit Jahrzehnten (!!!) hier laufen, 40 x dabei und schnell wie der Wind…gewaltig!
Freude in den Gesichtern an der Versorgung. Endlich eine Stärkung. Ganz besonders der Schleim. A la nature oder mit Geschmack. Liest sich irgendwie komisch. Aber das ist der Zaubertrank, ewig bewährt, oft kopiert und nie erreicht. Und auch mal vergriffen!
Die Ersttäter auf der Strecke begegnen dem Schleim mit Argwohn, meiden ihn. Trauen dem Braten nicht. Aber alle wurden bekehrt, in der 2. Hälfte spätestens. Bis auf einen, aber der hat eine Allergie.
Steilpassagen werden konsequent gegangen. Das machen alle so. Die Flitzer sind ja schon weg. Körnchen sparen, da kommt noch was…Auf dem Berg stehen die riesigen, eindrucksvollen Sendeanlagen, flotte Musik gibt’s und eine erste Zwischenzeitnahme. Unten nach steilem Asphalt beginnt das Mittelstück, eher wellig, in schönem Mischwald. Gelegentliche Aussichten nicht verpassen! Wer will, kann dazu auch auf die vielen neuen Türme steigen. Das machen jedenfalls die Wanderer. Die sagen, es lohnt sich. Aus der Ferne, noch ganz leise, aber schon deutlich: eine Trompete. Ein Solo. Richtig gut. Dann setzt auch die Kapelle ein, Applaus, Applaus!
Ebertswiese. Halbzeit. Wohl der beliebteste VP, auch einer der schönsten. Mit bunten Fähnchen geschmückt, volle Versorgung, mit Knackern, Brötchen und Senf noch dazu. Man möchte gar nicht mehr weg…Der Schleim heißt hier Suppe. Unbedingt probieren!
Weiter geht’s auf recht welligem Grund. Manche Anstiege sind dazwischen, die Gehpausen werden ausgedehnt. Zeit für Gespräche. Ein paar Minuten gequasselt und schon ist der Berg vergessen. Aber auch abwärts geht’s. Mit Karacho in den Skizirkus. Eine Riesenanlage, ganz neu alles. Über die Parkplätze zum VP. Hier in der Nähe liegt Oberhof und hier war auch der Start des HalbMara. Über 7000 Läufer! Aber alle sind längst weg.
Für uns etwas verwirrend: die HM-Strecke hat eigene km- Schilder, die stimmen noch nicht ganz mit unserer Restdistanz überein. Wer beim Kopfrechnen nicht klarkommt, nicht wundern, die laufen noch 1-2 Umwege, wir aber gerade durch.
Kurz vor km 60. Ein VP mit Moderator. Jeder wird kommentiert, nett und motivierend. Und auf den Weg gibt’s noch einen munteren Jodler dazu. Der kann das auch im Halbliegen im Klappstuhl. Hört sich echt authentisch an. Erst um den Berg rum ist es wieder still.
Seltsam, die Kilometer werden immer länger. Meiner Schätzung nach so bis zu 15%..Sie nehmen kein Ende. Und der große Beerberg als höchster Gipfel will auch noch bezwungen werden. Erst ab Schmücke passt es wieder. Auch vom Gefühl sind die km wieder 1000 m lang.
Im VP Schmücke lüftet sich ein ganz klein wenig der Schleier des ewigen Geheimnisses: Kölln-Flocken nimmt man als Schleimgrundlage, der Rest ist top secret Auch leckere Schnittchen sind stark gefragt. Wieder wird Runners High geboostert. Ist auch nötig, für den Endspurt.
Zweifellos ist das der Höhepunkt. Den muss man einfach erlebt haben. Der schönste Zieleinlauf der Welt! Hier in Schmiedefeld. Wo Helden und Heldinnen geschmiedet werden. Jeder, der die Ziellinie erreicht, ist ein Held. Runners High geht jetzt richtig los, nimmt Fahrt auf. Das kann man allen unschwer ansehen. Egal welche Strecke, egal welches Tempo…
Das hält bis zur Gepäckwiese, dann zur Dusche gut vor. Urkunde abholen, Stempel auch, neues Finishershirt in gänzlich neuem Design, Suppe und ein Köstritzer. Langsam bergab zum Bus und alles ausklingen lassen… Einige schlafen schnell ein, andere surfen in den Ranglisten. Aber in allen ist Runners High präsent: unbedingt nochmal. Und das gleich im nächsten Jahr!
Fazit
Deutschlands beliebtestes Laufereignis sollte sich keiner entgehen lassen! Hier stimmt einfach alles. Natur vom Feinsten, schöne Wege, Top-Versorgung. Super-Super-Marathon. Eine persönliche Erinnerung, die Runners High jederzeit stimulieren wird…