Von km 40 bis 45 ging es wieder nahezu 200 m hoch, aber so moderat, dass wir kaum langsamer wurden. Danach hatten wir eine Art Hochfläche mit weniger Bewaldung erreicht und die nächsten 10 km waren recht leicht zu laufen. Der Weg schlängelte sich ziemlich eben durch die Landschaft, bis auf ein paar Pfützen war auch der Untergrund gut und eigentlich könnte man auf diesem Abschnitt Tempo machen, sofern man noch Reserven hat. Die aber hatten wir nicht genügend und also trotteten wir energiesparend vor uns hin, überholten jede Menge Wanderer und sehnten km 55 herbei.
Endlich war der Grenzadler (km 54,7 / 837m) erreicht, eine legendäre Verpflegungsstation! Hier endet die 35-km-Wanderstrecke und auch erschöpfte Läufer können hier aussteigen. Im Gegensatz zu meinen bisherigen Teilnahmen war ich diesmal, dank des Drängens von Angelika, aber in Rekordzeit aus dieser großen Verpflegungsstelle wieder draußen. Lediglich einen Becher Gemüsebrühe, einen mit Haferschleim und einen mit Cola genehmigte ich mir und nach kaum zwei Minuten Aufenthalt war ich wieder auf der Strecke.
Die nächsten sieben Kilometer hatten es in sich, wie ich mich erinnerte. Immer wieder ging es hoch und runter. Die vielleicht 150 m Höhe bis zur höchsten Stelle des Laufes bei km 62 addierten sich wohl auf 250 Höhenmeter die man überwinden musste. Dazu dieser Untergrund! Das wohl schlechteste Stück Weg traf man hier an: Steine, Wurzeln, große Furchen im Weg, stets irgendwie gewölbt, Pfützen, weicher, matschiger Waldboden, alles war reichlich vorhanden. Entsprechend schlecht war dann auch unsere Zeit auf diesem Abschnitt.
Auch wurden wir ab hier von Sigrid verfolgt. Lag sie bislang stets einige Minuten hinter uns, hatte sie jetzt aufgeschlossen und „blieb dran“. Sigrid Eichner, die Lauflegende, die heute mit der Startnummer 1500 unterwegs war! Vor genau 30 Jahren, im Mai 1981 war sie das erste Mal beim Rennsteiglauf mit dabei. Damals waren das noch keine 72,7 Kilometer, aber etwas mehr als Marathon. Heute, 30 Jahre später, hatte sie ein ganz besonderes Jubiläum, sie lief ihren 1.500sten Lauf über die Marathondistanz oder mehr. Damit ist sie weltweit die Frau mit den meisten Marathon-, bzw. Ultraläufen. Und dass sie mit ihren 70 Jahren noch jede Menge drauf hat, bekamen wir zu spüren, sie hetzte uns sozusagen vor sich her und später, als es dann bergab ging, lief sie auf und davon. „Liebe Sigrid, ganz herzliche Gratulation an dieser Stelle! Wir wünschen Dir, dass Du uns noch bei vielen Läufen vor Dir „hertreiben“ kannst.“
An der Suhler Ausspanne (km 60,2 / 922m) stärkten wir uns noch mal mit Cola und erreichten bei Kilometer 61,8 dann endlich mit "Plänckners Aussicht" (973m) den höchsten Punkt der Strecke. Knapp unterhalb des Gipfels des Großen Beerbergs - 982m, höchster Punkt des Thüringer Waldes - liefen wir vorbei, für eine Aussicht hatte ich aber keine Zeit. Jetzt galt es auf den restlichen 11 Kilometern bis ins Ziel Tempo zu machen, denn sowohl die Zeit, als auch Sigrid drängten. Von meinen 9:30 Stunden Zielzeit hatte ich mich schon längst verabschiedet, auch die 9:43h vom letzten Mal waren illusorisch, jetzt galt es, wenigstens unter 10 Stunden anzukommen.
Was soll ich sagen, auch das gelang nicht mehr. Zwar zeigt das Höhendiagramm von "Plänckners Aussicht“ bis Schmiedefeld stets abwärts und tatsächlich liegt das Ziel auch 260m tiefer, aber der Weg lässt sich auf den ersten drei Kilometern für einen erschöpften Läufer nicht gut laufen und als das dann besser wurde, konnten wir mangels Kraft nicht mehr zulegen. Den leichten Anstieg bei Kilometer 68 nahmen wir gehend und ließen es dann vollends hinunter bis ins Ziel rollen.
Obwohl ich dieses Mal den Supermarathon auf dem Rennsteig nicht unterschätzt hatte, wurde ich doch wieder überrascht und erreichte mit 10:00:36 h mein schlechtestes Ergebnis. Die äußeren Bedingungen waren ideal, mein Trainingsstand nicht schlecht, die Motivation, Zuversicht und der Wille waren optimal und trotzdem lag ich mit meiner Prognose wieder daneben.