Tief im Süden Oberösterreichs, am Fuß des Dachsteins, liegt Hallstatt. Seit Tausenden Jahren wird Salz aus dem Berg geholt, von den Kelten schon vor 7.000 Jahren. Entsprechend interessant ist der Besuch des Salzbergs. Ein perfektes Schlechtwetterprogramm, wenn man wegen tief hängender Wolken nicht viel von der atemberaubenden Landschaft sieht.
Am Samstag war das Wetter schlecht, am Sonntag hatten die 624 Starter aber Glück. Beim Start noch ganz leichter Regen, +4°C und weitgehend windstill, Neuschnee auf den Hängen ringsum. Ich laufe hier nicht zum ersten Mal, ich treffe zahlreiche Bekannte, viele davon sind mit der Strecke bereits vertraut. Gestartet wird südlich des Ortes, das Ziel ist dann nach 21,1km im Ortszentrum vor der evangelischen Kirche aus 1863.
Zur Startnummer gibt es im Zeughaus der Feuerwehr einen gut gefüllten Starterbeutel mit Obst, Müsliriegel, Red Bull Cola und Wasser, Zeitnehmung mit Chip. Gesondert begrüßt wird eine Abordnung aus Hallstadt im Landkreis Bamberg. In den ungeraden Jahren müssen sie zuhause laufen, dann da ist in Bamberg der Weltkulturerbelauf. Seit 1997 ist die Hallstatt-Dachstein-Region UNESCO-Welterbe. Es handelt sich um ein, Zitat aus der Begründung: „ … außergewöhnliches Beispiel einer Naturlandschaft von einzigartiger Schönheit und besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, die auch Zeugnis von der frühen und kontinuierlichen menschlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Tätigkeit ablegt."
Heuer erfährt der Seerundlauf seine 27. Auflage. Der Start erfolgt um 10h05, die ersten paar hundert Meter geht es gleich einmal bergauf und bald in die erste Lawinengalerie rein, dann runter an den See. Dunkelgrün liegt er da, maximale Tiefe 125m. Wir werden nie besonders hoch rauf kommen, die Strecke ist aber ein stetiges Auf und Ab. Auf der Bundesstraße geht es die ersten vier km bis nach Obertraun, hier mündet die Traun in den See und wir verlassen den Asphalt.
Rechts geht es zur Seilbahn auf den Krippenstein (2.108m), eine 11km lange Ski-Abfahrt führt im Winter da runter, macht Spaß. Im Sommer kann man die Eis- und Mammuthöhle besichtigen. Wir biegen links ab in den Wald und bleiben in Ufernähe. In Obertraun werden wir beklatscht, die ersten 5km haben wir absolviert. Als ich an der ersten Labestelle bin, braust oberhalb die Eisenbahn vorbei, sie ist unterwegs von Bad Aussee nach Bad Goisern.
Bald der steilste Anstieg des Seerundlaufs, 10% Steigung, in Wellen geht es rauf. Genau hier lauert ein Fotograf. Der Anstieg bietet uns in Folge einen schöne Übersicht, rechts unten die Schienen, links der See, zu dem wir nun runter laufen. Am gegenüber liegenden Ufer des Sees liegt Hallstatt, das Original! Eine Kopie davon gibt es seit zwei Jahren im chinesischen Boluo in der Provinz Guangdong. Erst war man in OÖ über das Kopieren nicht sonderlich erfreut, mittlerweile nimmt man es als Kompliment. Egal wie man es nimmt, es ändert nichts. Das Ortszentrum wurde auf einem km2 nachgebaut und dient als Wohnanlage für Chinesen, die es sich leisten können.
Kurz geht es unmittelbar am Wasser entlang, bevor wir zum Bahnhof von Hallstatt rauf müssen. Wer mit der Bahn nach Hallstatt kommt, sollte seefest sein. Denn zwischen Hallstatt und seinem Bahnhof liegt der See, es verkehrt aber ein Schiff, dessen Fahrten auf den Zugfahrplan abgestimmt sind.
Nach dem Bahnsteig kommen wir an einen metallenen Steg, mit Gummimatten ausgelegt, schwingt etwas. Der See ist nun unter uns, das Ufer fällt senkrecht ab. Ein paar hundert Meter sind es, mittendrin eine Hängebrücke. Hier muss man aufpassen, dass die auf- und abschwingende Brücke nicht zu entgegen kommend ist. Im See schwimmt ein Ausflugsschiff mit Angehörigen von Läufern. Diese können den spektakulären Streckenteil aus nächster Nähe betrachten.
Weiter auf Waldwegen, über eine Geröllhalde, und Wurzeln. Wie man am Boden sieht, hat es unlängst heftiger geregnet, die Pfützen sind aber nicht groß. Nach 8km sind die Positionen weitgehend bezogen, überholen sollte man hier nur in beiderseitigem Einverständnis, schließlich ist die Strecke stellenweise nur mehr hüftbreit. Man läuft zum Teil zwischen Holzplanken über Streuobstwiesen, ein paar Treppen rauf, Holzbrücken - sehr abwechslungsreich und interessant ist es hier. Kurz vor km10 sind wir wieder unmittelbar am See und die zweite Labestelle ist erreicht. Wasser, warmer Tee und Nutrilite gibt es. Den Schwamm um mich abzukühlen, brauche ich nicht.
Hier wird man auch angefeuert, da ist wieder Platz für Publikum. Man kennt jene mit Heimvorteil, die werden mit Namen gerufen. Ab nun wieder Asphalt und weitgehend flach, der fjordartige Teil des Ostufers liegt hinter uns. Wir laufen durch Blumenwiesen nach Obersee, km13. Einige Male geht es unter der Eisenbahn durch bevor wir bei km14 den nördlichsten Punkt unseres Seerundlaufs erreichen. In Steeg wird das Wasser des Hallstätter Sees wieder zur Traun, die in Linz in die Donau münden wird.
Zugig ist es hier, ich beglückwünsche mich zu meiner Kleiderwahl (lang/lang). So passt es genau, ich habe bereits zwei Drittel der Strecke geschafft. Die nächsten km laufen wir auf der einseitig für uns Läufer gesperrten Straße, leicht wellig. In Summe kommen knapp 100 Höhenmeter zusammen. 4km vor dem Ziel die letzte Labestelle auf einem großen Parkplatz, ich nehme ein Stück Banane und warmen Tee.
Dann die Abzweigung rauf zum Gosausee mit oft gemaltem Blick auf den Dachsteingletscher. Wir aber bleiben am Ufer des Hallstätter Sees. Ab nun teilen wir uns die Straße mit asiatischen Urlaubern, die wie wir zu Fuß nach Hallstatt unterwegs sind, denn für Busse und Autos ist die Straße derzeit noch gesperrt. Flach ist es auch hier nicht, aber immer wieder schöne Ausblicke auf den See und die frisch verschneiten Berge. Etwas mehr Sonne hätte ich mir gewünscht, es ist bewölkt.
Bei km20 geht es unter einer Lawinengalerie durch, rechts führt die Straße in den Berg, um Hallstatt herum. Wir Läufer bleiben im Tageslicht, es wird wieder enger. "Noch 500m" ist rot auf die Straße gesprüht, es geht wieder leicht bergauf. Rechts oberhalb die spätgotische katholische Pfarrkirche aus 1505 mit Flügelaltar und Beinhaus. 610 bemalte Totenschädel sind übereinander gestapelt. Die Gebeine werden nach etwa 30 Jahren exhumiert, um Platz am Friedhof zu schaffen. Früher durfte man sich das einfach so anschauen, jetzt wird Eintrittsgeld verlangt.
Noch 200m, eine enge Gasse führt runter ins Ziel, unter einem Haus durch und dann habe ich es geschafft, mein erster offizieller Halbmarathon seit September 2013. Es gibt eine Finisher-Medaille von der Hallstatt-Keramik, drei Modelle stehen zu Auswahl.
Der Marktplatz ist gut besucht, die Ziellabe gibt es ein paar Schritte weiter: Wasser, Nutrilite, warmer Tee, Banane und frisch gezapftes Leichtbier. Sehr zu meiner Freude ist die Sonne rausgekommen, sodass es nun spürbar wärmer geworden ist.
Am Weg zum Auto komplettiere ich die Seeumrundung. Da komme ich zum Fußweg rauf zum Salzstollen und zum Hallstattzeitlichen Gräberfeld vorbei. Die frühe Eisenzeit wird als Hallstattzeit bezeichnet (800 v Chr.). Da oben ließ Rudolf I. Ende des 13. Jahrhunderts den Rudolfsturm als Verteidigungsanlage errichten. Salz, das weiße Gold, war sehr begehrt. Die Aussicht von da oben sucht ihresgleichen, überhaupt jetzt, da die Sonne scheint.
Informationen: Hallstädtersee Rundlauf