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13.09.14 - Jungfrau-Marathon

Ein Sommer der Superlative

Abzweigung Wixi (km37,9), leichtes Gefälle zur üppig bestückten nächsten Labestelle auf 1.830m. Weiter geht es auf einem Single-Trail. Uns entgegenkommende Wanderer haben ihre Probleme. Einige haben kapituliert, sitzen am Streckenrand und warten, bis der Ansturm vorbei ist. Andere stehen mit suchenden Blicken neben der Strecke. Ich habe ständig die Fersen meines Vordermannes im Auge, trete dahin, wo seine Schuhe gerade waren.

Es geht rauf durch den Wald, die Strecke ist steinig geworden. Die Wurzeln bieten gute Treppen, aber nicht jeder Stein liegt stabil. Stellenweise ist es schon ein bisschen wackelig.

Irgendwie geht es mir zu langsam. Ich sollte überholen, aber die Strecke ist recht schmal. Als es dann stellenweise geht, nutze ich die Gelegenheiten. Zu meinem Erstaunen kämpfe ich trotz der Höhenlage nicht mit der Luft, ganz im Gegenteil, ich werde immer frischer. Mittlerweile bin ich sicher bei 2000m, die Baumgrenze ist bereits hinter mir.

Es gibt Wasser, Alphornbläser in Tracht sind versammelt und tuten uns was vor, während die Fahnenschwinger die Schweizer Nationalflagge in die Luft werfen und wieder fangen. Sicher auch schon seit drei Stunden, da sind die Ersten nämlich hier gewesen.

 
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Km40, hier ist es richtig steil. Immer wieder stehen welche neben der Spur und pausieren. Wie ich gestern am Vorjahresvideo gesehen habe, ist hier sogar Andrea Mayr, die Streckenrekordhaltern, gegangen und nicht gelaufen. Dann dürfen wir das auch. Meine Landsfrau ist heute anderenorts zum 5. Mal Berglaufweltmeisterin geworden.

Ein Hubschrauber fliegt davon. Ich bin auf der Moräne, links und rechts geht es runter und ich steuere schnurstracks auf den Dudelsackspieler zu. Vor ihm sitzt einer und ruft „Aufschließen!“ und lacht und schlägt sich in die Hände. Mein Garmin zeigt mir, für den letzten km habe ich 22(!)min gebraucht. Das kann einem schon den Schnitt ruinieren.

Der Dudelsackspieler hat einen grandiosen Ausblick. Bei ihm geht es links weg, kurz steil bergab, dann den Hang entlang. Der Dudelsack ertönt: „Amazing grace“, ein uraltes Kirchenlied, für mich ur-schottisch, und die dritte Strophe passt so gut:

Durch viele Gefahren, Mühen und Schlingen
bin ich bereits gekommen;
Es ist Gnade, die mich sicher so weit brachte,
und Gnade wird mich heim bringen.

Na gut, ganz so gefährlich war es nicht, mühsam schon. Ich bin schon auf meinem 41. Kilometer. Den höchsten Punkt der Strecke habe ich auch bewältigt: 2.200m.

Dann führt der Weg über eine Felsnase, hier stehen Helfer bereit und reichen einem die Hand. Wie beim Triathlon, wenn man aus dem Wasser kommt. Schokoladestücke und Trockenobst liegt auf Tellern bereit. Links fällt es senkrecht ab, rechts wird der Weg breit und es geht runter. Der Bergbahnhof auf der Kleinen Scheidegg ist schon zu erkennen, vorher muss das Ziel sein. Der Speichersee lockt mit herrlich grünem Wasser, daran muss ich noch vorbei. Ich kann voll da runter laufen und habe eine Mords Freude daran. Als hätte ich gerade aufgewärmt und wäre nicht schon mehr als sechs Stunden unterwegs.

Ich sprinte runter zum See, vorher geht es durch einen kurzen Tunnel mit einem kleinen Anstieg. Ein paar Fotos noch: vom See, von mir, von der Bahn aufs Jungfraujoch. Dann hält mich aber nichts mehr. Das Zuschauerspalier wird immer dichter, Applaus, Applaus, und ich laufe, ich laufe, ich fühle mich wie auf Wolken und bin im Ziel und will gar nicht aufhören, so schön ist es. Schade, dass es schon vorbei ist.

 
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Ich bleibe noch im Zielraum um einige Fotos der Neuankömmlinge zu schießen. Iso von Sponser gibt es in Plastikflasche mit dem Logo des Jungfrau-Marathons drauf und alkfreies Bier vom Rugenbräu. Auf die Medaille, die ich nun umgehängt bekomme, bin ich besonders stolz.

Um mich strahlende Gesichter, die Finisher lachen mit ihren Freunden um die Wette. Die  berühmte Eiger-Nordwand ist ein beliebter Hintergrund für Erinnerungsbilder. Ein Stück des Weges runter wird mir der Zeitnehmungschip von der Startnummer abgenommen, dafür bekomme ich ein knallgelbes Finishershirt.

Jubel, Trubel, Heiterkeit, die Leute haben es sich in Liegestühlen bequem gemacht. Oder auf Bierbänken oder liegen in der Sonne. Nachdem ich meinen Kleiderbeutel in der Remise der Bergbahn abgeholt habe, vergönne ich mir einen Hotdog. Die Ziellabe mit Duschen finde ich wenig später. Ich kann die Gegend und die Stimmung richtig genießen.

Jungfrau, Mönch und Eiger stehen da, wie auf einem Werbeplakat des schweizerischen Tourismusverbandes, nur eben dreidimensional und echt.

Ich bleibe die nächste Nacht noch in Interlaken, muss also da unten keinen Zug mehr erreichen und muss heute auch nicht mehr stundenlang Auto fahren. Ich habe alle Zeit der Welt. In einem deutsch-französischem Kauderwelsch tausche ich mich mit einem Franzosen aus, das nette Gespräch mit den beiden kleinen Engländerinnen geht da schon fließender.

Gleich vier voll besetzte Zuggarnituren fahren gleichzeitig runter. Auf der einen Seite via Wengen nach Lauterbrunnen, auf der anderen Seite nach Grindelwald. Dort habe ich gleich Anschluss nach Interlaken und sehe nun Zweilütschinen von der Bahn aus. Die Startnummer gilt als Fahrkarte. Vier junge Holländer im Zug sind ebenfalls bester Laune.  Klar hat es denen auch gefallen, geht ja gar nicht anders. Die Veranstaltung ist perfekt organisiert und der Wettergott hat das richtige Wetter geliefert. So wie Mr. Marathon4you, Klaus Duwe, es bestellt hatte.

Abends in Interlaken werden weithin sichtbar die knallgelben Finishershirts ausgeführt. Ja, auf das Finishershirt vom Jungfrau-Marathon kann man schon stolz sein!   

 

Marathon-Sieger

 

Männer

1. Michieka Paul Maticha, A-Fürstenfeld      3:01.57,4
2. Ndungu Geoffrey Gikuni, A-Fürstenfeld     3:03.20,9
3. Mekonnen Birhanu, ETH-Adis Ababa          3:06.34,9

 
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Frauen

1. Camboulives Aline, F-St Jorioz            3:27.20,5
2. Pooley Emma, Hausen am Albis              3:29.07,1
3. Kimmel Megan,  USA-Silverton               3:33.33,1

3990 Finisher

123
 

Informationen: Jungfrau-Marathon
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