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10.08.14 - Kainacher Bergmarathon

Auf den Weiden der Lipizzaner

Die Aus- und Fernsicht ist grandios, die in Gelb markierten Tafeln des Lipizzanerweges sind auch für einige Wanderer auf der Strecke nicht zu übersehen. Ich frage im Spaß ein älteres mir entgegenkommendes Wandererpaar, wo es hier nach Graz gehe. Die Frau überzuckert den Gag und zeigt bewusst in die falsche Himmelsrichtung, wir lachen.

Nun holt mich das Laufpaar ein, wir kommen ins Gespräch, sie stellen sich als Australier vor.  Sie sind eigens für den 25. Kainacher Marathon nach Österreich gekommen, werden aber auf ihrer Europatour auch noch einen Marathon in Italien laufen. Ich bleibe stehen und verweise auf die vielen Heidelbeerstauden, deren Beeren niemand pflückt. Wir nehmen uns ein paar Minuten Zeit und essen nun Heidelbeeren.

Bei Kilometer 18 ist der höchste Punkt des Bergmarathons erreicht. Zwei Helfer stehen dort, die u.a. auch für den Fall einer Verletzung eines Läufers postiert sind. Es geht nun zügig abwärts, wobei die Geländestufen ziemlich steil sind und die Übergänge Tiefen von einem halben Meter und mehr aufweisen. Ich riskiere auf so einem Terrain nichts, sondern bewege mich vorsichtig nach unten.

 
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Die Aussies Stephen und Tara sind nun wieder zurückgefallen. Ich erreiche die Wallfahrtskirche Maria Schnee am Gleinalmschutzhaus, wo  sich die die 4. Labestelle befindet.  In der Kirche werden Bergmessen an Wochentagen und an Sonntagen gefeiert. Die Kirche wurde im Oktober 2004 von einem Blitz getroffen und brannte bis auf die Grundmauern ab, nur der Altar blieb vom Feuer verschont. Im darauffolgenden Jahr wurde sie restauriert und wiederaufgebaut.

Ich halte mich an der Labe nicht lange auf. Die Strecke führt nun durch den Wald, bis endlich Kilometerpunkt 20 angezeigt wird. Ich blicke zurück, kein anderer Läufer ist weit und breit zu sehen. 3 Stunden und 6 Minuten bin ich bislang unterwegs, noch weitere 24 km wegen der Überlänge des Marathons sind ausständig. Die 7 Stunden könnten zu einem Prüfstein werden, aber fast 4 Stunden habe ich noch Zeit.

Die nun folgende Trail verläuft durch den Wald und auf Almboden entlang der berühmten Lipizzanerweide mit Blick auf das obere Kainachtal. Zwar sehe ich die Pferde nicht auf der Strecke, doch man weiß, dass die Lipizzaner während des Heranwachsens dreimal den Sommer in den Bergen auf saftigen Wiesen in unberührter Naturverbringen - die Stuten auf der Brendlalm und die Hengste auf der Stubalm in 1500m Seehöhe. Diese Alpung ist ein wichtiger Abschnitt in der Aufzucht der Lipizzaner. Durch die teils steilen Hänge der Almen erlangen sie die notwendige Trittsicherheit und trainieren Sehnen und Gelenke. In Wien spaziere ich oft bei der Spanischen Hofreitschule vorbei, die edlen Pferde werden in den Stallungen gehegt und gepflegt.

Während ich einen Läufer einhole, der geht, haben die Aussies wieder aufgeholt. Obwohl sie einen guten Kilometer Luftlinie zurückliegen, scheint ihnen das Abwärtsterrain zu liegen. Ich sage zu dem Mann, der mir nachruft, dass wir uns wegen der 7 Stunden beeilen müssen. Er entgegnet, dass er den Marathon einmal schaffen will und davon ausgeht, dass man nach 7 Stunden das Rennen nicht abbricht und die Zeitnehmung eingeschalten bleibt.

Ich bewege mich trotzdem so schnell ich kann weiter, Gehen und Laufen wechseln sich ab. Nun folgt wieder eine Abwärtspassage, auf der man wegen der vielen zum Teil großen Steine aufpassen muss, nicht auszurutschen und zu stürzen. Mehrmals bin ich schon gestolpert, meine Trailschuhe haben zwar eine Profilsohle, doch auf nassen Steinen bieten sie kaum Halt.

Ich erreiche die nächste Labestelle, die von der Feuerwehr betrieben wird, ca. bei Kilometer 24. Tara und Stephen, auch ein Wiener Kollege namens Christian, haben die steinige Abwärtspassage bestens bewältigt. Die Kollegen haben mich wieder eingeholt.

Als sich ein Stein in meinem linken Schuh bemerkbar macht, brauche ich eine Minute, um diesen zu entfernen und das Schuhband wieder zu binden. Man glaubt es nicht, aber die drei sind plötzlich so weit vorne, dass ich sie nicht mehr erwische. Dazu kommt, dass ich die Müdigkeit vom Marathon in Rajec am Vortag spüre und auf Sparflamme laufen muss.

Endlich kommt die nächste Labe beim Alpengasthof Krautwasch auf der Kleinalpe im steirischen Geistthal auf 1130m. Hier befindet sich auch eine Zeitnehmung, die Startnummer wird zusätzlich notiert.  27,5 km habe ich nun bisher geschafft, 4 ½ Stunden sind verbraucht.

Wenn man plötzlich ganz alleine unterwegs ist, wird ein Marathon zu einem Abenteuer im Kopf. Das Naturerlebnis überkommt mich, plötzlich ist mir egal, ob es sich mit den 7 Stunden ausgehen wird oder nicht. Am Wege stehen so viele Himbeersträucher. Ich denke daran, dass kaum jemand von den jungen Leuten heutzutage in den Wald geht, um Beeren zu pflücken. Das ist sehr schade, denn Himbeeren im Supermarkt in 250g-Bechern zu jeder Jahreszeit schmecken nach nichts. Ich bleibe wie schon beim C42 in Davos stehen und gönne mir eine Essenspause.

Es dauert wieder lange, bis  ich zunächst zur 30 km-Marke komme und dann 32 km erreiche. Die immer wieder kehrenden Gegenanstiege kosten Kraft und bremsen. Aber die Landschaft ist atemberaubend schön, besonders für einen Städter, der dadurch seine Herkunft wieder entdeckt. In der Ferne sehe ich entlang eines Anstiegs auf eine Weide die Aussies und den Wiener Kollegen, knapp davor auch die Deutsche Bianca mit der langen Warmhaltehose als Markenzeichen. Sie haben ca. 2 km Vorsprung, das sind nun schon 15-20 Minuten, je nach dem Grad der Steigung.

Über eine steil abfallende Wiese geht es vorbei an einer großen Tafel, die den heutigen Marathon bewirbt, nach unten vorbei an einem Bauernhof. Eine Quellwasserleitung mit Zapfhahn ermöglicht mir ausgiebig zu trinken, denn die nächste Labestelle wird erst wieder bei km 35 auftauchen.

Was mir im Vergleich zum Vorjahr anders vorkommt, ist das Erleben der Strapazen auf diesen Marathonkurs. Ich habe den Eindruck, dass er heuer viel länger und schwieriger ist. Dazu kommt wohl auch die Nachmittagshitze, die jetzt gehen 14 Uhr 30 so richtig spürbar wird.

Ich freue mich auf die in den Ort Kainach hinunterführende Asphaltstraße, auf der ich voriges Jahr etwas Zeit gut machen konnte. Als ich zur Labestelle komme, applaudieren die Helfer, Kinder schwenken Ballons und zeigen sich in Jubelpose. Ich bedanke mich und merke an, dass ich die verbleibenden 9 km kaum in einer Stunde schaffen werde. Man entgegnet mir, dass die Zeitnehmung bis zum letzten Läufer in Betrieb ist, auch letztes Jahr habe man das so gehandhabt.

 
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Mein Lauftempo liegt nach der Stärkung an der vorletzten Labe mit Wasser und Cola bei 10 km/h. Es geht konstant abwärts, doch ich spüre wieder mein linkes Knie, das bei größerer Stauchung schmerzt. Doch mit einer Lageveränderung beim Auftreten kann ich dies gut abfedern.

Die Uhr zeigt 16.06 als ich die 42km-Markierung passiere, die sich knapp vor der Ortstafel von Kainach befindet. Nun folgt die von den Läufern gefürchtete Friedhofsschleife, die erneut aufwärts  und erst auf dem letzten Kilometer hinunter am Friedhof vorbei in den Ort führt. 

Für die  ca. 2,4 km brauche ich 22 Minuten. Als ich mit 7:28 durchs Ziel laufe, begrüßt mich der Platzsprecher und sagt, dass ich ins Klassement komme – wie eine Handvoll andere Läufer hinter mir. Letzte und Erste in ihrer Altersgruppe W-60 wird eine Frau mit 8:21 Stunden.

Ich bin erleichtert, dass man in Kainach so viel Toleranz und sportliche Größe zeigt. Das ist den Veranstaltern hoch anzurechnen und nicht selbstverständlich, wenn man etwa bestimmte Zeitlimits auf einzelnen Etappen eines Berg-Marathons zum Vergleich heranzieht.

Dass ich mit der Laufzeit auch noch Dritter in der Altersgruppe M-60 geworden, registriere ich erst am Tag danach.

Ich bleibe nach dem Duschen noch eine gute Stunde bei der Siegerehrung. Einige Läufer haben gleich drei Medaillen umgehängt, österreichischer und steirischer Meister sowie in der Mannschaftswertung. Schon letztes Jahr habe ich in meinem Bericht mit Bedauern festgestellt, dass es keine offizielle Medaille gegeben hat. Leider hat man auch zum 25-Jahresjubiläum keine herstellen lassen. Eine gediegene Erinnerungsmedaille hätte die Teilnehmer aus Übersee sicher auch gefreut.

Ungeachtet dieses Mankos, das meine persönliche Sicht ist, bleibt der Kainacher Bergmarathon eine überaus gelungene Veranstaltung. Die landschaftliche Schönheit und Einmaligkeit der Strecke ist hervorzuheben, die Organisation entlang des Kurses in Bezug auf die Labestellen und Helfer perfekt. Auch die Siegerehrung im geselligen Rahmen eines Dorffestes schafft innerhalb der Läufercommunity neue Freundschaften.

Die anfangs genannten Stars der heimischen Laufszene erreichen alle Spitzenplätze, Leipold Eigner wird mit 5:07:02 Dritter in seiner Altersgruppe M-55. Kompliment an Bianca, Tara und Stephen: Sie finishen alle drei noch ganz knapp unter 7 Stunden.


Sieger bei den Männern:
1. Thomas Unger:  03:42:14
2. Robert Gruber: 03:44:09
3. Martin Pogelschek:3:49:42

Reihung bei den Frauen:
1. Karin Freitag: 04:00:48
2. Katharina Zipser: 04:16:24
3. Veronika Limberger: 04:25:11

 

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Informationen: Kainacher Bergmarathon
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