Mein Bericht kommt diesmal von der Tour de Tirol. Das ist kein Radrennen, sondern die Premiere einer Laufserie, die an einem Wochenende stattfindet. Beginnend mit einem 10-Kilometer-Rennen als Prolog am Freitagabend folgt am Samstag ein „gewaschener“ Bergmarathon und der Endspurt wird am Sonntag mit einem Halbmarathon gesetzt. Gibt es eine Taktik für die Teilnehmer? Oder gibt man an allen Tagen Vollgas? Oder schaut man nur zu, weil das ja viel zu anstrengend ist.
Die Idee, an dem Event teilzunehmen und zu berichten, kommt mir relativ kurzfristig, da ich meine Marathonplanung für 2006 eigentlich schon abgeschlossen habe. Aber die Einzigartigkeit dieser Veranstaltung überzeugt mich und Klaus Duwe gibt mir den Rest: „Du kannst Dir ja Zeit lassen und eine Woche nach München brauchst Du eh was zum Laufen.“
Als Hauptquartier wählt der Veranstalter Ellmau, den Ort erreiche ich im Laufe des frühen Nachmittags. Die Anreise erfolgt problemlos an München vorbei Richtung Innsbruck. Aber an der ersten österreichischen Anschlussstelle (Kufstein-Nord) verlasse ich die Autobahn, da sich ein Pickerlkauf nicht rentiert. Durch Kufstein hindurch folge ich den Wegweisern Kitzbühel und Felbertauern.
Ellmau erreiche ich nach rund 25 Minuten ab der Autobahnabfahrt. Auf der entsprechenden Bundesstraße ist die Veranstaltung schon signalisiert, so dass ich auf kurzem Weg das Tourzentrum in der Aula der Volksschule erreiche. Da ist noch alles relativ ruhig. Meine Unterlagen erhalte ich sehr schnell. Für die gebuchte Unterkunft im Haus Sonnegg händigt man mir einen Voucher aus. Nach einem kurzem Gespräch mit Stefan Heidenberger mache ich mich auf dem Weg in mein Heim für die nächsten drei Tage.
Um 16.00 Uhr fährt dann der Bus beim Feuerwehrhaus ab. Es geht nach Reith im Alpbachtal zum Alpbachtaler Zehner. Den Ort mit gut 2.500 Einwohnern erreichen wir nach rund 45 Minuten Fahrzeit. Reith liegt am Eingang zum Alpbachtal, das bei Brixlegg vom Unterinntal abzweigt. Der Ort mit dem Reither See liegt auf einer Hochterrasse am Taleingang.
976 wurde das Dorf erstmals urkundlich erwähnt. Die markante Pfarrkirche St. Petrus hat auch eine lange Geschichte, die bis in das Jahr 1187 zurückreicht. Im 15. bis 19.Jahrhundert wurde im Bereich des Reither Kogels Silber- und Kupferbergbau betrieben. Das rentiert sich aber schon lange nicht mehr. Neben der Landwirtschaft geht der Erwerb hauptsächlich in Richtung Tourismus.
Reith schmückt sich mit dem Attribut „Europas schönstes Blumendorf.“ Nun, mit Superlativen tue ich mich immer etwas schwer, aber das Dorf ist wohl nicht nur für uns schön hergerichtet. Familien mit Kindern können hier gut ihren Urlaub verbringen.
Bei meiner Ankunft hängt vor dem Büro des Tourismusverbandes eine ganze Menschentraube. Die Nachmeldungen sind voll im Gange. Ich gebe meinen Rucksack am Seebad ab. Dort wird die hinterlegte Bekleidung bewacht. Ausgeschildert ist für uns ein 2,5 Kilometer langer Rundkurs, der bei meinem Erkundungslauf noch mit einem Messrad vermessen wird. Die jeweiligen Kilometerschilder werden genau aufgestellt.
Was mich etwas stutzig macht, ist die Beschreibung der Strecke. Vier flache Runden sollen es sein, aber bei meiner Inspektion meint man wohl tirolerisch flache Runden. Die Runde weist einige Wellen auf, besonders zum Wendepunkt geht’s bergan. Ja, und auf der zweiten Hälfte der Runde kommt ein kurzes Stück mit Grasbelag und Wurzeln.
Als Taktik will ich den Zehner schnell hinter mir bringen. Dafür ist dann die Regenerationszeit um ein paar Minuten länger bis zum Marathon. Die Zeit bis zum Start wird mit einer Aerobicvorführung und den Begrüßungsworten der Ehrengäste schnell überbrückt.
Um 18.00 Uhr werden wir dann von einem Nachkommen des Andreas Hofer auf die Strecke geschossen. Es geht die Post ab. Vor der Wende versuche ich den Führenden zu fotografieren. Ein kurzer Blick auf das Display zeigt mir die problematischen Lichtverhältnisse für die Kamera. Also stecke ich das optische Gerät in die Hüfttasche und gebe dafür mehr Gas. Die ersten Kilometerschnitte pendeln so knapp unter vier Minuten. Die ersten zwei Runden gehen schnell vorbei. Auf der dritten Runde machen sich die Steigungen schon bemerkbar. Da fällt mir eine Frau auf, die mit Krücken über die Strecke läuft. Zu Ende dieser Runde habe ich mein Minimalziel, nicht von den Ersten überrundet zu werden, erfüllt. Aber Schwächeln hätte ich nicht dürfen, denn als ich den Zielbereich verlasse, wird der Erste angekündigt. Nun, die letzte Runde kann ich noch in hohem Tempo durchziehen und sehe bei meinem Zieldurchlauf eine 39 aufleuchten.
Beim Auslaufen entgegen des Kurses wird es sehr schnell dunkel. Die Feuerwehr hat zwar einige Scheinwerfer am Kurs angebracht, aber jede Unebenheit können die noch im Wettkampf befindenden Sportler nicht erkennen. Zu überlegen wäre eine etwas frühere Startzeit.
Nach dem Auslaufen erhalten wir reichliche Verpflegung in Form von Wasser, Isogetränk, Riegel, Bananen und Äpfel. Das Duschen fällt dafür am Seebad etwas unterkühlt aus.
Bei der Siegerehrung werden Micah Kemboi (31.31 Minuten), Ambrose Bitok (31.37) und Jonathan Wyatt (31.43) bei den Herren und Olga Niekapta (36.13), Eva Dollinger (36.54) und Patrizia Rausch (37.21) prämiert.
Für meine Zeit (39.40) erhalte ich zwar keinen Preis, aber ich werde damit Zehnter in meiner Klasse AK45. Beendet wird Tag 1 mit der After Running Chill Out Party mit den Torpedos. Mit dem Bus kehren wir spät nach Ellmau zurück.
Nach einer nicht gerade erholsamen Nacht gehe an den reich gedeckten Frühstückstisch und verzehre alles, was sich mir in den Weg stellt. Nicht nur Weißbrot und Honig, sondern auch Bergkäse, Wurst und Geräuchertes wird von der Frühstücksgesellschaft weggeputzt. Nun, das sind neben mir zwei weitere Männer und zwei Frauen. Den Gesprächen nach wohl allesamt bergerfahren.
Um 09.00 Uhr fährt wieder der Bus ab. Diesmal in die andere Richtung, denn der Start des Kaisermarathons findet in Kitzbühel ab. Wie ich in der Starterliste festgestellt habe, geht auch mein Freund Thomas Schmidtkonz aus Forchheim an den Start. Während der Busfahrt unterhalten wir uns eifrig über Vergangenes und auch über den heutigen Tag. Nach kurzer Fahrzeit steigen wir am großen Parkplatz Pfarrau ab und einige marschieren los. Die kennen sich hier aus, Markierungen zum Startplatz kommen erst später. Nach wenigen Minuten befinden wir uns dann im Zentrum Kitzbühel. Leider haben wir keinen Sonnenschein, teilweise nieselt es ein wenig.
Nun, „Kitz“ ist eine Stadt mit fast 9.000 Einwohnern. Bereits in der späten Bronzezeit (1100 v. Chr.) wurde die Gegend von den Illyrern besiedelt. Die Römer waren um die Zeitenwende hier, die Bajuwaren haben sie dann abgelöst. Herzog Ludwig II verlieh 1271 das Stadtrecht, worauf eine wehrhafte Mauer errichtet wurde. Erst 1504 kam Kitzbühel dauerhaft an Tirol als Folge des Landshuter Erbfolgekrieges. In der Schwedenkapelle zeugt eine Inschrift vom Schwedischen Krieg (1630 – 1635), die da lautet:
„Bis hierher und nicht weiter
kamen die schwedischen Reiter.“
Die Kriege des 18. und 19. Jahrhunderts gingen ohne Schäden vorüber, gleiches galt auch für die letzten beiden Weltkriege.
Heute ist natürlich der Tourismus die Hauptstütze der Wirtschaft. Das jährliche Hahnenkammrennen lockt fast 100.000 Besucher aus aller Welt an und sorgt so für rund 30 Mio. EUR Wertschöpfung. Wintersport wird groß geschrieben, denn den Gästen stehen rund 150 Pistenkilometer zur Verfügung. Mit den Skigebieten von Kirchberg, Jochberg und Pass Thurn ist die hiesige Wintersportregion eines der größten in Austria. Für die Sommergäste stehen auch über 100 Kilometer Mountainbikewege und über 500 Kilometer Wanderrouten zur Verfügung.
Mit Thomas schaue ich mir noch kurz das Zentrum an. Später komme ich mit einem leicht übergewichtigen Schweizer zum Reden, der ganz interessiert die Vorbereitungen beobachtet. Es sagt dann, dass es in seiner Heimat einen 100 Kilometer Lauf gibt, den er vor rund 20 Jahren schon zwei Mal gemacht hat. Seine beste Zeit war damals gut 12 Stunden. „Es war wohl in Biel“, sage ich ihm. „Woher ich das kenne“, kommt seine Gegenfrage. Er ist wohl nicht mehr ganz auf dem Laufenden.
Die Zeit vergeht dann schnell, denn nach der kurzen Wettkampfbesprechung werden wir zum Start aufgerufen. Punkt 11.00 Uhr erfolgt dann wieder ein Schuss. Die lange Reise, nicht nur für mich auf unbekanntem Terrain, beginnt. Nach wenigen Metern laufen wir durch ein Tor der alten Stadtbefestigung. Die Strecke führt uns jedoch nicht auf das Kitzbüheler Horn oder zum Hahnenkamm, sondern wir verlassen die Stadt auf flachem Geläuf in westlicher Richtung.
Nach rund zwei, drei Kilometer sehen wir rechterhand den Schwarzsee und die dazugehörige Bahnstation. Auf kleinen Straßen und gesplitteten Wegen laufen wir weiter, bis wir in Kirchberg die erste Tankstelle mit Wasser und Iso vorfinden.
Kirchberg selbst ist eine Gemeinde mit gut 5.000 Einwohnern. Der Name des Ortes passt genau, denn die Pfarrkirche steht auf einem Berg inmitten der Ortschaft. Die wenigen Zuschauer stehen aufmerksam an der Strecke und begrüßen uns sehr häufig mit „Grias Di.“ Die nächsten Kilometer gehen entlang der Wiesen auf asphaltiertem Untergrund bis Brixen im Thale. Markant ist auch hier die Pfarrkirche.
Bei Kilometer 13,5 endet die Flachetappe. „Auffi muass i”, sang Wolfgang Ambros, und für uns gilt das gleiche, denn die Steigung beginnt. Gut 1000 Höhenmeter werden wir auf den nächsten zehn Kilometer bewältigen müssen. Der Kurs hier kann mit der Strecke des Alpinmarathons in Liechtenstein leicht verglichen werden. Am Anfang flach, dann die erste lange und steile Rampe. Mein bisheriger Fünf-Minuten-Schnitt pro Kilometer ist natürlich am Berg schnell Makulatur. Die Steigung lässt sich gerade noch belaufen. Links und rechts von uns befinden sich große Bauernhäuser, später sehen wir in einem Pferch Alpakas.
Die nächste V-Stelle ist bei Nieding. Hier haben sich einige Zuschauer versammelt. Es herrscht eine regelrechte Gaudi. Weniger wegen uns, schon eher wegen einer Frau, die die ganze Zeit herumschimpft. Mich mault sie an wegen meiner „Unterhousn“. Ihr weiteres Gebrabbel verstehe ich nicht. Dabei habe ich eine moderne Laufhose an. Einem Mann drücke ich meine Kamera in die Hand. Er fotografiert mich und macht von der Sabbertante auch ein Seitenportait. Weiter.
Auf geschotterten Untergrund erreichen wir dann die Zinsbergbahn und die Skiwelthütte. Beim Blick nach rechts sehen wir das Maskottchen der Skischule. Bei Kilometer 19, wieder eine reichhaltige V-Stelle mit Gel, Riegel, Cola und Obst, stehen wir am Filzalmsee, den wir umrunden. Leider herrscht aufgrund des Nebels schlechte Sicht. Die Wege werden schmaler.
Ein paar Holländer kommen entgegen und versuchen, aufgrund meines Namens auf dem Shirt, den Anton aus Tirol gesangsmäßig hinzubekommen. Es hört sich lustig an. Mitunter ist beim weiteren Anstieg der Weg nicht mehr zu sehen. Wenigstens ist der grasige Untergrund griffig. Für die Orientierung sorgen zahlreiche Fähnchen. Mehrmals hören wir noch den Lautsprecher vom Filzalmsee.
Dann kommen die Geräusche von der anderen Richtung, aber ich erkenne nichts. Ja, manchmal dauert es eine ganze Weile, bis man im Nebel die Quelle der Geräusche findet. Nicht aber hier, denn nach wenigen Minuten sehe ich erste Zuschauer hinter einem Werbebanner stehen.
Gleich danach erkenne ich die Umrisse der alten Wallfahrtskapelle auf der Hohen Salve. Wir haben jetzt eine Höhe von 1829 Metern erklommen. „De Houe Soiv, “ so sagt der Tiroler zu diesem Aussichtsberg, wird auch mit dem Spitznamen der Rigi Tirols benannt. Wenn wir jetzt freie Sicht hätten, dann könnten wir bis in die Hohen Tauern und die Zillertaler Alpen blicken. Nicht aber heute.
„Die Seilbahn wartet“, so holt man mich in die Gegenwart zurück. Eine Getränkeflasche, Müsliriegel und Gel drückt man mir in die Hand und im Tran steige ich in die Gondel. Mit zwei weiteren Tourläufern fahre ich dann ab. Es sind Ekkehard Wimmer und Christoph Riepl. Einer von beiden ist Marathonnovize, aber als Wintersportler bergerfahren.
Nach rund 10 Minuten befinden wir uns an der Talstation Hexenwasser. Dort bin ich froh, dass nach dem Ausstieg eine kleine Steigung kommt, denn mich fröstelt’s ein wenig und so kann der Kreislauf wieder auf Touren kommen. Auf der rund zwei Kilometer langen Runde am Hexenwasser laufen mir beide Gondelbegleiter am ersten Gefälle wieder davon. Egal.
Die Runde ist noch nicht zu Ende, da sitzt ein weiterer Mitstreiter mit einem Muskelkrampf am Boden. Die hier angebrachten Wasserspiele, Wasserrinnen, Staubecken und Kletterteiche sind gerade für die Kinder eine interessante Beschäftigung. Am Ende der Runde kommt dann eine Überraschung, denn die von Söll heraufkommende Bahn bringt unzählige Nordic Walker auf unseren Kurs. Hoffentlich beherrschen die ihre Stecken, denn ich will nicht als Schaschlik enden. Bei den meisten klappt’s auch mit Zucht und Ordnung, aber einige fuchteln mit ihren Geräten ganz schön herum. Da benütze ich beim Überholvorgang doch lieber den Grünstreifen.
Auf kupiertem Untergrund, mehr im Anstieg, erreichen wir über die Silleralm erneut den Filzalmsee. Hier wird jeder noch einmal namentlich angekündigt. Auf guten Bergstraßen, weiterhin auf und ab, führt die Strecke vorbei am Zinsberg, Brandstadl, Ellmi’s Zauberwelt zum Panoramarestaurant Bergkaiser auf 1520 Meter Seehöhe. Ein kurzes Nebelloch lässt einen Blick auf die Hohe Salve zu.
Es geht bergab auf den Rüberzahlwanderweg, für uns ist das mehr eine Rennpiste. Nachdem ich auf den letzten Kilometern noch wenige Mitstreiter überholen kann, sehe ich nach vorne und nach hinter keinen mehr. Ich stürze mich in hoher Geschwindigkeit in die Abfahrt. Das moderate Gefälle lässt dies zu. An der Rübezahlhütte und Rübezahlalm vorbei geht dann der Kurs auf rund 200 Metern Länge geradewegs in eine Skiabfahrt. Da muss ich das Tempo stark reduzieren, da beide Oberschenkel maulen. Wenn jetzt ein Muskelkrampf kommt, dann haut es mich auf die Fresse. Also langsam.
Am Ende der Skiabfahrt führt unser Weg nach rechts in den Wald. Ein Pfad mit Stufen, Wurzeln und Steinen. Also weiterhin langsam. Aber nach wenigen Minuten wird der Weg wieder breiter und weniger steil. Ich lass es wieder laufen. Durch den Wald hindurch sehe ich schon den Ortsrand von Ellmau. An einer Kurve klaube ich ein Schild mit der Aufschrift Tirol auf und stecke es mir hinters Ohr. Die letzte V-Stelle bei Kilometer 40,5 lasse ich links liegen. Mit Gas renne ich bei meiner Pension vorbei und in das Zentrum von Ellmau, wo sich im Zielbereich viele Zuschauer versammelt haben. Bei Kilometer 42 hat jemand ein „Go Jonathan Go“ auf den Asphalt gepinselt.
Linkskurve, Rechtskurve und schon bin ich im Ziel hindurch. Der Moderator ruft mich heran und will eine nähere Information zu Marathon4you.de. Dem komme ich gerne nach.
Im Zielbereich erhalten wir wieder reichlich Verpflegung. Neben dem bisherigen Spezialitäten erhalten wir warmen Tee in mehreren Geschmacksrichtungen, Joghurt und Orangen. Bestimmt habe ich da noch was vergessen.
Nach meiner Futterorgie gehe ich Richtung Pension, stelle meine Wechselbekleidung vor die Tür und gehe noch Richtung letzte V-Stelle.
Ich will noch Thomas Schmidtkonz empfangen. Vorher kommt mir ein Motorradfahrer entgegen. Der mitfahrende Kameramann fragt mich bei Rotlicht auf seinem optischen Gerät: „Was machst Du hier?“ Ich entgegne, „ich warte auf einen Läufer, mit der Kuh da gibt’s ein schönes Motiv.“ Der Kameramann schwenkt auf die Kuh und der Motorradfahrer lässt ein lautes „Muh“ los. Ja, als Kameraassistent musst schon vielfältig und manchmal auch einfältig sein.
Kurze Zeit später kommt der Thomas in Begleitung mit zwei Frauen. Alle drei haben Tirolfähnchen in der Hand.
Am Abend schaue ich noch zur Siegerehrung in die Ellmauer Alm. Zuvor erscheint ein Bräutigam, der auf der Suche nach seiner Braut ist. Die begleitenden Brautväter grinsen, wohl schon ein wenig dem Alk zugetan.
Die Siegerehrung bringt keine Überraschung, denn es gewinnt Jonathan Wyatt (2.53.04 Stunden) mit deutlichem Vorsprung vor Ambrose Bitok (3.10.28) und Thomas Heigl (3.10.46). Bei den Frauen siegt Patrizia Rauch (3.56.19) vor Marion Kapuscinski (3.59.58) und Katharina Rossi (4.07.35).
Mit meiner Zeit von 4.23.36 bin ich als Zwölfter in meiner Klasse geführt. Das ist vielleicht verbesserungsfähig, aber dafür habe ich viele Fotos geschossen. Von zwei Sportlern habe ich vernommen, dass der Marathon über 1700 aufaddierte Höhenmeter hat. Vor dem morgigem Halbmarathon habe ich Respekt, so gehe ich nach der Siegerehrung wieder zeitig in die Heja.
Man könnte meinen, dass wegen des Halbmarathon-Starts um 13.00 Uhr die Läufer zu Langschläfer mutieren. Da hat man sich aber getäuscht. Auch in meiner Unterkunft hat sich um 08.00 Uhr bereits fast die komplette Frühstücksgesellschaft versammelt. Man diskutiert noch über das gestrige Rennen, insbesondere hat unser Thomas Heigl, mit dem ich am Tisch sitze, eine grandiose Leistung vollbracht. Er berichtet vom Führenden Markus Kröll, der bereits drei Minuten Vorsprung hatte und aufgab, sowie von Martin Cox, der auf der Gondelfahrt auskühlte und ebenfalls später das Handtuch warf. Er erzählt auch Persönliches und was er beruflich als Selbständiger macht. Ein noch an unserem Tisch sitzender Holländer ist dafür umso zurückhaltender.
Mit viel Ratschen vergehen zwei Stunden am Frühstückstisch, aber dann müssen wir wieder aufbrechen, denn zwei Stunden vor dem Start fährt wieder der Bus ab. Nach gut 30 Minuten Fahrzeit via Kufstein erreichen wir das Kaiserwinkl. Diese Gegend besteht aus den Gemeinden Kössen, Schwendt und Walchsee, wobei in letzterer Ortschaft am gleichnamigen See der Halbmarathon stattfindet. Der Ort hat gut 2.000 Einwohner und liegt nordöstlich von Kufstein an den Abhängen des Zahmen Kaisers. Hier ist mit der Schwemm Nordtirols größte erhaltene Moorlandschaft. Walchsee hat eine alte Geschichte, denn 1073 wurde sie als Ausstattung des Kloster Rott bei Rosenheim durch einen bayerischen Grafen bestätigt. In den letzten paar Jahrzehnten entwickelte sich das Kaiserwinkl zu einem aufstrebenden Urlaubsdomizil.
Und für uns findet hier der Abschluss statt. Für den Halbmarathon dürfen wir vier Runden um den Walchsee abspulen, wobei auf der letzten noch eine kleine Schleife eingebaut sein wird. Für den Start wird die Bundesstraße voll gesperrt. Als Taktik habe ich mir die erste Runde zum Einlaufen zurechtgelegt. Sollte es gut laufen, dann will ich im Verlauf des Rennes das Tempo behutsam erhöhen.
Dann erfolgt um 13.00 Uhr der Start bei herrlichem Sonnenschein. Der erste Kilometer führt uns in den Ort, wobei das Hotel Schick mit seinem ganz besonders üppigen Blumenschmuck auffällt. Der Kurs wechselt schließlich von der Straße zum Uferweg, wo uns schon zahlreiche Zuschauer beobachten. Schließlich laufen wir durch die Schwemm teilweise auf Feldwegen. Etwa nach 2,5 Kilometer finden wir eine Verpflegungsstelle. Durch Oed hindurch mit leichter Steigung und anschließendem Gefälle beende ich Runde eins mit einigen Fotostopps.
Es geht mir gut, so dass ich mein Tempo etwas erhöhen will. Das gelingt mir, lediglich bei Kilometer 14 habe ich einen Durchhänger, der aber nach wenigen Minuten wieder vergeht. In der letzten Runde bin ich schließlich froh, dass uns ein Posten auf die Extraschleife in einer Landzunge am Walchsee einweist. Ich werde zwar noch von ein paar starken Läufern überholt, aber das ist mir egal.
Noch beim Luftschnappen befragt mich der Moderator nach der Strecke. Mit meinem nach oben gezeigten Daumen gibt er sich zufrieden. Über die Verpflegung will ich nichts mehr berichten, denn da gibt es weiterhin nichts auszusetzen. Lediglich die Dusche ist mir ein wenig zu frisch. Eine Besonderheit ist jedoch noch erwähnenswert, denn Barbara Wielandner wird als heutiges Geburtstagskind geehrt. Nun, an solchen Ehrentagen wird man ja eigentlich verwöhnt. Sie hat jedoch ein sportliches Wochenende vorgezogen. Wie alt sie wird, das will ich verschweigen. Es ist ein runder Geburtstag.
Bei den Männern gewinnt Micah Kemboi (1.09.41 Stunden) vor Ambrose Bitok (1.12.53) und Jonathan Wyatt (1.13.16) und beim gar nicht so schwachen Geschlecht Antonella Confortolla (1.22.11) vor Katrin Stanggassinger (1.24.44) und Sabine Hofer (1.26.16).
Mit meiner Zeit von 1.33.24 Stunden (9. Rang M45) bin ich hoch zufrieden. Vor dem Lauf hätte ich eher in Richtung 1.45 Stunden getippt.
Für einen Lacher sorgt dann noch der Bürgermeister, als er so auf dem Siegerpodest herumturnt, dass dieses zusammenbricht.
In der Gesamtwertung gibt es keine Überraschung, denn der Riesenvorsprung ist Jonathan Wyatt nicht zu nehmen. Er siegt in 4.38.03 Stunden vor Ambrose Bitok (4.54.58) und Thomas Heigl (4.57.52).
Bei den Frauen gewinnt Patrizia Rausch (6.02.30) vor Marion Kapuscinski (6.13.05) und Katharina Rossi (6.24.07). Ich belege in meiner Klasse den achten Rang in 6.36.40.
Mein sportliches Wochenende beende ich schließlich am folgenden Montag mit einer Wanderung auf den Hartkaiser. Da die Sommersaison am Vortag zu Ende ging, muss ich aus meinem Rucksack leben.
Große Freude zum Schluß: bei meiner Heimfahrt gelingt es mir in Kufstein, für einen Euro noch mehr als einen Liter Supersprit zu tanken.
Zehner 210; Marathon 123; Halbmarathon 200; Gesamtwertung 70 Finisher
Prolog welliger Vierrundenkurs in Reith. Kaisermarathon von Kitzbühel über Brixen, die Hohe Salbe und Hartkaiser nach Ellmau über gut 1700 Höhenmeter. Halbmarathon über vier flache Runden am Walchsee.
Tour kann als Einzelläufer oder als Staffel gelaufen werden. Einzelne Wettkämpfe möglich. Beim Prolog Kinderläufe. Beim Marathon zusätzlich Nordic Walking vom Hexenwasser nach Ellmau.
Chip auf der Startnummer.
Geldpreise für die Besten, Medaillen für die drei Klassenbesten. Reichhaltige Startergeschenke (funktionelles T-Shirt, Langarmshirt, Laufhose, Laufsocken, Hüfttasche mit Trinkflasche, Naturseife). Beim Marathon für alle Medaillen.
Übernachtungen können bei der Einschreibung gebucht werden. Jeder Lauf wird mit einer Siegerparty bei Livemusik beendet. Massagemöglichkeit. Zum Teil Gepäckbewachung.
Reichhaltig Verpflegungsstellen mit Wasser, Tee, Iso, Bananen, Äpfel, Riegel, Orangen, Cola, Joghurt, Red Bull. Diese Aufzählung ist wahrscheinlich nicht vollständig.
Auf der ganzen Strecke waren Zuschauer vorhanden. Besonders viele in den größeren Orten.
Eine schöne Veranstaltung für den Naturliebhaber und Landschaftsläufer. Mir persönlich ist die Tour nicht schwerer gefallen als meine heurigen Doppeldecker. Wenn 2007 die Werbung optimiert wird, sollten die Teilnehmerzahlen deutlich steigen.