Und wieder habe ich das Glück und ein Riesenwolkenbruch donnert auf uns herab. Ich flüchte mich mit samt meiner Suppe unter’s Dach der danebenliegenden Gastwirtschaft und warte erst mal ab. Nach kurzer Zeit ist alles vorbei. Von einer Minute auf die andere zeigt sich der blaue Himmel. Sonne im Karwendel, das gibt’s seit der Neuauflage des Karwendelmarsch heute zum ersten Mal. Heute werden wieder einmal die Genussläufer belohnt, die Schnellen sind schon längst im Ziel und bekommen davon natürlich nichts mehr mit. Unglaublich, wie schnell die Wolken abziehen.
Ich mache es mir auf einer Bierbank bequem und packe aus meiner Vollaustattung trockene Klamotten aus und die Regensachen dafür ein. No risk, no fun. Es sieht so aus, dass es schön bleibt. Der Aufenthalt hat mir zwar eine halbe Stunde Zeitverlust eingebracht, aber ich werde dafür sommerlich und trocken meinen Weg fortsetzen.
Ein paar hundert Meter führen durch den großen Ahornboden und dann beginnt der letzte Aufstieg, aber auch der steilste, hinauf zum Binssattel. Zwischendrin liegt an der Binsalm ein weiterer VP. Ein paar Burschen sitzen vor frisch eingeschenkten Bierkrügen. „Ist da für mich auch ein Schluck dabei?“, frage ich vorsichtig an. „Nimm dir ruhig eine Halbe“, bekomme ich zu hören. Das muss mir natürlich keiner zweimal sagen, da halt ich’s wie der Anton und bin kein Kostverächter.
Ein Stückchen geht es noch auf einer Kiesstraße weiter, dann geht der Weg in einen herrlichen Single-Trail über. Ich bin froh, hier meine Stöcke benutzen zu können. Der Pfad ist sehr steil und auch vom vielen Regen gefährlich rutschig. Plötzlich bin ich oben, über einen Grad kann man ins sonnenüberflutete Falzthurntal blicken. Im Vorjahr waren hier die Almen mit Schnee.überzogen. Die nächste Brotzeitstation am Gramaihochleger liegt auch schon im Blickfeld und ist schnell erreicht. 40,5 km sind dort durch.
Ich halte mich diesmal nur kurz auf. Zwei Kilometer geht es nochmals kräftig abwärts, dann geht der Kurs in angenehmes Gefälle über. Die letzten 10 km lasse ich es laufen, ich habe heute so viel rumgetrödelt. Mich aus-, an- und umgezogen, jetzt möchte ich mal ein längeres Stück ohne Fotostopp durchlaufen. Auch gezwungenermaßen, an meiner Kamera ist die Linse angelaufen. So rausche ich in einem Rutsch durch bis Pertisau. 450 negative Höhenmeter beinhaltet der flachere Schlussabschnitt.
Zwei Kilometer vor dem Ziel liegt der Achensee im Visier. Der Ortsdurchlauf durch Pertisau zieeeht sich noch dahin, aber angefeuert von fast jedem Anwohner oder Tourist am Wegesrand ist das kein Problem mehr. Meine eigene Zeit- und Geschwindigkeitsmessung ist bereits nach 10 km ausgestiegen (Speicher voll & Batterie leer). Die ahnte wohl was heute rauskommt, so bleibt mir der grauenvolle Blick auf meine Endzeit erspart. Aber wen interessiert eigentlich bei so einer herrlichen Strecke so eine Nebensächlichkeit.
Der Bann ist gebrochen, erstmals Sonne beim Karwendelmarsch, da sollte doch das Ziel 1.500 Teilnehmer in naher Zukunft erreicht werden. Zum Meckern gäbe es eigentlich überhaupt nichts, wenn da nicht dieser Klo-Engpass bestehen würde. Ein paar Dixis am Startort, für dann noch mehr Leute, würden weiterhelfen.