Damit niemand auf der stark verschlungenen Strecke abkürzt, gibt es ab und zu Kontrollstellen. Die zweite ist unmittelbar hinter der 1934-36 gebauten, 27 m hohen Eisernen Brücke. Von oben sehen wir uns andere Teilnehmer weit unter der Brücke hindurch laufen.
2009 lud Eric Tuerlings zu seinem Geburtstag erstmals Läufer zum K-UT ein. Wer hätte damals geahnt, welche Bedeutung diese Veranstaltung bald erlangen würde. Mit nur 2 % Asphalt und einem Single-Trail Anteil von über 60 %, dazwischen einige Abschnitte, an denen man sich sogar mit einem Seil den Hang hinauf mühen kann, ist das Trailrunning pur.
Nach 24 tollen Kilometern kommen wir zurück nach Reichweiler, wo die erste Verpflegungsstelle ist. Ich fülle meine Flaschen auf, trinke genug und esse vom Proviant aus meinem Rucksack ausschließlich Sachen, die sich bei mir auf Ultratrails bewährt haben.
Dann laufe ich voll Optimismus weiter. Die Strecke macht mir nach wie vor Spaß, aber plötzlich wird mir übel. Ich drossle mein Tempo, es geht es mir vorübergehend wieder besser.
Ab dem 14. Jahrhundert wurde in dieser Gegend Achat abgebaut, aber 1870 endete der Abbau, da es inzwischen billiger war, Achat aus Brasilien zu importieren.
Der nächste Abstieg macht mir zwar auch noch Spaß, aber ich mir wird immer stärker schwindlig und mein Magen spinnt. Ich muss mich übergeben. Am Wetter kann es um diese Zeit nicht liegen, denn jetzt ist es zwar warm, aber nicht zu heiß. Und mein Tempo war während der ersten vier Stunden zwar deutlich höher als bei anderen Ultratrails, aber ich glaube nicht, dass ich zu schnell gelaufen bin. Ratlos laufe ich langsam weiter, muss aber immer öfter auch auf flachen Abschnitten gehen. Doch egal - nach meinen vielen anderen Läufen weiß ich, dass dies noch nichts zu bedeuten hat. Es kann durchaus sein, dass ich mich in einer Stunde wieder pudelwohl fühle.
Nun kommt der einzigartigste Streckenabschnitt des K-UT. An manchen Stellen des Aufstiegs zum nächsten Steinbruch ist der Hang so steil, dass wir uns nur mit Hilfe von Seilen hinauf ziehen können. Mir gefällt das normalerweise sehr gut, doch heute fehlt mir die Kraft. Dennoch hangle ich mich mit einer Hand hoch und halte mit der anderen die Kamera, mit der ich diese Aufstiege filme.
Einmal passe ich nicht auf und steige geradeaus weiter. "Hier hätte Eric auch ein Steil spannen müssen!" fluche ich, als meine Schuhe auf rutschigem Sand am extrem steilen Hang keinen Halt finden. Nach einigen sehr mühsamen Höhenmetern merke ich, dass der richtige Weg weiter unten links abgezweigt wäre.
Am oberen Teil dieser Kraxelei setze ich mich in den Schatten, genieße die Aussicht und will etwas essen. Trotz Übelkeit braucht mein Körper die Zufuhr von Nährstoffen. Nun mache vielleicht den einzigen Fehler des Tages: statt Salztabletten und ein koffeinhaltiges Gel zu nehmen, esse ich Trockenobst und gesalzene Nüsse sowie einen halben Energie-Riegel. Keine drei Minuten später bin ich alles wieder los. Danach geht es mir erst recht miserabel.
Immer wieder kommen andere Läufer vorbei und fragen mich, als sie mich am Boden sitzen bzw. an einen Baum gelehnt stehen sehen: „Geht es Dir gut?“ „Alles ok?“. Ich antworte zwar mit „Ja“, aber das ist glatt gelogen. Owohl ich mich hundsmiserabel fühle, weiß ich, dass ich auch ohne Hilfe weiter kommen werde, wenn auch sehr langsam. Wegen mir muss keiner der anderen Teilnehmer stehen bleiben.
Die Strecke müsste mir eigentlich nach vor viel Laufspass bereiten, aber ich schleppe mich nur noch mühsam voran. Schade, denn die schmalen Pfade winden sich wieder in voller Pracht durch den Wald. Nach so langer Trockenheit finden wir nur äußerst selten Schlamm, doch auch zu trockener Untergrund erhöht die Rutschgefahr. Der trockene Sand liegt so locker auf dem Pfad, dass die Schuhe manchmal keinen richtigen Halt finden. Heute kommt wohl kaum jemand ohne Stürze durch.
Eine halbe Stunde nach meinem gescheiterten Versuch der Nahrungsaufnahme setze ich mich noch einmal hin und probiere es dieses Mal wirklich mit Salztabletten und Gel. Wieder fragen mich viele vorbei kommende Läufer, ob ich Hilfe brauche. Dieses Mal kann ich die Nahrung bei mir behalten, aber eine positive Wirkung bleibt aus. Nur sehr langsam gehe ich weiter. Sogar bergab gehe ich nun meist statt zu laufen. Die letzten zwei Kilometer bis zur Verpflegungsstelle bei km 39 fallen mir schwerer als bei früheren Ultratrails die letzten km vor dem Ziel.
Nun gibt es keinen Zweifel mehr, dass für mich der Wettkampf vorbei ist. Egal,ob ich mich bei einer Pause wieder ein wenig erholen könnte - in dem Zustand wäre es völlig verantwortungslos, weiter zu gehen. Erstens würde ich damit meine eigene Gesundheit riskieren, zweitens würde ich damit in Kauf nehmen, dass vielleicht später andere Läufer ihr Rennen unterbrechen oder sogar beenden müssen, um mir Hilfestellung zu geben, falls ich umkippe.
Über meine Stimmung während der Zeit, in der ich neben der VP im Gras sitze, kann ich nur sagen: Ich war 40 Minuten lang dort, ohne ein einziges Motiv zu fotografieren. Das sagt alles!
Wenige hundert Meter vor der VP zweigt die Strecke des Marathon-Trail ab. Viele andere Aussteiger laufen nun auf der 45 km Route weiter, wobei aber von Anfang an klar ist, dass am Ziel nur die Leute gewertet werden, die ihre gemeldete Strecke laufen, also ein Umsteigen unterwegs nicht zählt.
Während ich hier sitze erfahre ich, dass sich wieder ein paar Läufer unterwegs verlaufen haben. Das kann ich dieses Mal beim besten Willen nicht verstehen. Im Gegensatz zu früher ist die Strecke zumindest auf dem Teil, den ich selbst gelaufen bin, hervorragend markiert. Aber der Spruch, dass Ultratrail auch Kopfsache ist, trifft auch auf diese Weise zu.