Reichweiler - „Noch kein Pizzabringdienst verfügbar.“
Yahoo-Suche: „Prüfen Sie die Schreibweise“
Reichweiler lag an der wichtigen Römerstrasse Metz-Trier, die Reste liegen nun unter der Autobahn 62. Die Endung –weiler ist Rest des lateinischen Wortes villae. Die Villae Rusticae war ein Gutshof, also eine Art Raststätte, weswegen Reichweiler heute noch eine eigene Autobahnausfahrt hat.
Römische Legionssoldaten erhielten nach dem Militärdienst ein Stück Land. Wo die Soldaten gekämpft hatten, darauf deutet das Mithrasdenkmal hin, welches Teil der Villae Rusticae war.
Der Gott Mithras stammt aus Persien, er reitet auf dem Stier, dem er ein Messer in den Hals stößt. Erste Hinweise auf den christlichen Momotheismus, der den Stier des Fruchtbarkeitsritus besiegt, (1 Jahr. n Chr.)
Das Denkmal ist ganz in der Nähe des Sportplatzes, doch für eine Besichtigung hat niemand Nerven, denn wir treten einen der härtesten Trailläufe Deutschlands an. Eric, der Macher des Keufelkopf-Ultra-Trails (KUT) hat jedes Jahr mehr zu bieten..Diesmal sind es 86,2 km mit 3630 Hm. Läuferuhren ohne Nivelierung spechen von 4300 Hm.
In der Dämmerung rollt ein dunkelgrünes Zelt über den Sportplatz. Robert bleibt cool, für ihn ist eine gepflegte Hydrierung hier auf der Terrasse des Sportlerheimes wichtiger, die Windlotterie teilt ihm seinen Schlafplatz schon zu.
Wenn man aus Isomatten Hochbetten bauen könnte, dann würden nebenan in dem kleinen Raum noch mehr Ultraläufer schlafen können. In meinem Kofferrraum lausche ich noch der Nachtigall, da wecken mich schon die Scheinwerfer der ersten Läuferautos.
Das Anstehen an der einzigen Sanitäranlage zählt nicht zu den Kriterien der Vergabe zweier UTMB-Qualipunkte, aber die Verpflegungsautonomie. Lediglich Wasser wird an 4 VP´s bereitgestellt, man darf dort auch eigene Getränke hin transportieren lassen. Streng wird kontrolliert, dass keine feste Nahrung an die Flaschen geklebt wird. Die muss jeder ab dem Start selbst transportieren.
Kurze Einweisung von Eric, was nicht viel helfen wird. Nahezu alle werden sich heute mehrfach verlaufen. Das liegt nicht an der perfekten Markierung, sondern an der Härte des Laufes.
Erst auf dem um 6 Uhr geschossenen Startfoto entdecke ich Réné, den frischgebackenen Deutschen Meister. Kein Läufer wird ihn heute wiedersehen, er wird mit haushohem Abstand vor allen ins Ziel laufen. Für mich beginnt ein fast 15stündiger Lauf, für 30 % der Starter wird er in der Hitze des Tages an irgendeiner der zahlreichen Kontrollstellen früher enden.
Die Streckenführung ist jedes Jahr anderes, manchmal erkennt man bekannte Orte, aber Eric sorgt mit sprunghaften Richtungswechsel für ausreichend Verwirrung. Ziele, oder Richtungen können nicht definiert werden. Eine unterschätzte psychologische Härte, die einen Läufer schon mal verzweifeln lässt. Auf Strassen wird nicht gelaufen, schließlich gibt es neben jeder Strasse einen Acker oder einen Bachlauf. Manchmal wurden Schneisen in Wiesen gefräst, doch kilometerlange Brennesselfelder unterliegen wohl besonderem Naturschutz.
Einge Läufer tragen wegen der Zeckengefahr lange Hosen, unterschätzen aber die Hitze des Tages. Mir hat anscheinend das Zeckenrepellent gut geholfen. Beim benachbarten Bärenfelslauf gab es einen Fall von Borreliose.
Wie immer brauche ich einige Zeit, um auf Wettkampflaune zu kommen. Zunächst bin ich nach den ersten Kilometern durch regelrechten Urwald schlag kaputt. Wie wird es im November sein, wenn ich den Khmer Pfad laufen werde? Bin dann froh, die alte Trasse der Ostertalbahn zu erreichen. Das alte Vorsignal signalisierte dem Zugführer den 400 Meter langen Bremsweg zum Bahnhof Schwarzerden. Der alte Eisenbahntunnel ist eine Laufattraktion. Hinter dem Tunnel ragen die gigantischen Blätter des Riesenbärenklau in die Laufstrecke. Die Blätter sind phototoxisch, das bedeutet, dass nach Berührung derselben und Sonnenlicht schwere Verbrennungen auftreten. Ich hatte zwar aufgepasst, dennoch am nächsten Tag dicke, eitrige Pusteln an den Armen. Dagegen hilft Arganöl, das ich mir von meinen Marokkoläufen mitgebracht hatte.
Christoph und Georg sind die Besenwagen, erkennbar am Schrubber und dem Kasten Bier. Die Utensilien kamen verständlicherweise nicht im Ziel an, obwohl Gehhilfen zwar zugelassen sind, aber offiziell auch ins Ziel gebracht werden müssen. Auch Babyjogger sind zugelassen, doch wer hier läuft, der kann Babies erstmal vergessen.
Irgendwann schwebt diese Hexe über uns. Ihre schwarze, zerfledderte, rostige Leiche kündet von der Schärfe des KUT. Dann bin ich alleine. Verlaufen. Manchmal merkt man es nach wenigen Metern. Doch Tranfunzelei, Stolz und die Überzeugung, dass bald eine Markierung käme, lassen einige Kilometer mehr auf dem Tacho zustande kommen.
Wer nach GPS läuft, der hat mal schnell mehr als 1 Std auf der Endzeit, denn oft genug könnte sich die Strecke des KUT fast berühren, so dass man schnell abkürzt oder eine zusätzliche Schleife läuft. Man folgt dann der Markierung bis zum nächsten Kontrollpunkt, oder diskutiert mit Läufern oder per Telefon mit Eric, dem Sklaventreiber.