Ein Auf und Ab treibt es Petrus mit uns. Zwei Tage schön, dann gewittrig und Regen. Auch für dieses Wochenende könnte die Wettervorhersage besser sein. Trotzdem lasse ich mir den Lauf nicht entgehen.
Da in den katholischen Gemeinden Bayerns Maria Himmelfahrt ein Feiertag ist (nicht neidisch werden), habe ich alle Zeit der Welt und fahre schon am Vortag nach Lech am Arlberg. So kann ich mich noch ein wenig in dem Urlaubsort umschauen und die Lage sondieren.
Im 13./14. Jahrhundert wurde der Ort von den Walsern gegründet. Das Ortsbild dominiert die aus dem 14. Jahrhundert stammende Pfarrkirche St. Nikolaus, die im gotischen Stil erbaut wurde. Sechs Bronzeglocken hat das Geläut des Gotteshauses, die älteste stammt aus dem 15. Jahrhundert. Und wie es in den Bergen halt so ist, muss sich der Tourist an das Gebetläuten in aller Herrgottsfrüh und am Abend gewöhnen.
Der Skizirkus boomt natürlich auch hier, zumal mit dem neuen Auenfeldjet die Skigebiete Lech/Zürs und Warth/Schröcken verbunden sind. Im Sommerhalbjahr finden allerrdings auch interessante Events statt. So endet der Trans Vorarlberg Triathlon (geschwommen wird im Bodensee, geradelt durch den Bregenzer Wald und über den Hochtannbergpass, gelaufen hier) direkt im Ortskern. Für diejenigen, die sich lauftechnisch weiterbringen lassen wollen, werden im Sommer mehrere Trainings-Camps angeboten.
Wer es lieber individuell mag, findet mehrere vermessene und markierte Trails zum Laufen und Walken. Außerdem haben die Lech/Zürser Touristiker eine Broschüre mit knapp 30 Vorschlägen für das Sporteln aufgelegt. Und wer zu den Wandervögeln gehört, hier beginnt der Lechweg, der von der Quelle bis zum Lechfall in Füssen auf 125 Kilometer Länge ausgeschildert ist. Neben dem Weißen Ring, der legendären Skirunde auf Zeit, kann der Grüne Ring in drei gemütlichen Tagesetappen erwandert werden.
Ich quartiere mich im Gästehaus Lavendel ein. Unterkünfte sind einfach zu finden, aber man sollte reservieren, nicht dass man auf eine Unterkunft in den Nachbarorten ausweichen muss. Als ich am Wettkampftag in der Frühe aus dem Fenster luge, hängt Nebel in den Bergen und es sabbert so vor sich hin. Das Thermometer vor der Haustüre zeigt mickrige sechs Grad an. Handschuhe wären nötig für später, ich habe diese vorsorglich schon gar nicht mitgenommen.
Im Sportpark Lech werden die Startnummern ausgegeben. Bei Voranmeldung nimmt man 30 EUR, wer zu lange wartet, legt einen Fünfer drauf. Der Zeitmesschip kostet 20 EUR Pfand, das aber später im Ziel zur Gänze zurückerstattet wird. Die Starttüte enthält eine Trinkflasche mit einem Energy-Drink sowie eine Essens- und Getränkemarke. Die Urkunde kann nach der Siegerehrung in einer schönen Druckvorlage mitgenommen werden (Download auch möglich). Dass während des Wettkampfes für Speis (Bananen) und Trank (Wasser, Iso) gesorgt ist, brauche ich nicht zu erwähnen.
Für einen Teilnahmerekord wird es wegen des grausigen Wetters nicht ganz reichen, doch mit knapp 300 Meldungen auf allen Strecken liegt man gut in der Planung. Neben dem Kinderlauf wird der Höhenhalbmarathon über 21,8 Kilometer und der Fitnesslauf über 13 Kilometer angeboten. An Höhenmetern schenken sich beide Strecken nicht viel, denn beim „Halben“ wollen 975 Einheiten bezwungen werden und der Fitnesslauf ist mit 838 nicht viel leichter. Wer schnell genug ist, kann nicht nur einen Sachpreis gewinnen, sondern es warten sogar Geldscheine auf die besten drei Athleten. Ob die Auslobung der 300 EUR für den Sieg für die Handvoll Kenianer genug Motivation ist, an den Start zu gehen, kann ich nicht nachvollziehen. Auf alle Fälle wollen sie gewinnen. Nur mit Shirt und Laufhose stehen die an der Startlinie. Mich fröstelt beim Anschauen der schnellen Renner.
Um Punkt 10.00 Uhr werden beide Läufe bei Nieselregen gestartet. Und dann heißt es „AGASA“, los geht’s auf die Runde um das Karhorn. Die Holzbrücke über den Lech und der anschließend ansteigende Schotterweg bringt gleich Ruhe in das Feld. Denn wer hier einen Schnellstart hinlegt, der wird später über die Steigungen fluchen, wenn die Beine blau werden. So rund 100 Höhenmeter warten auf der ersten Steigung, bis wir in den Wald hineinlaufen. Der Weg ist befestigt und hat kaum Wasserlachen.
Nach dem Überqueren eines Baches ändert sich der Untergrund, denn es laufen nun Rindviecher herum und die geben dem Weg eine spezielle Note. Also aufpassen. Einige Viecher lassen sich von der Lauferei anstecken und trotten mit uns mit. Wenn das mal keine dicke Milch gibt!
Später verlassen wir den Fahrweg zur Tristeller Alpe nach links, wir verlieren Höhenmeter und können es fast laufen lassen, denn der Untergrund ist wieder schottrig geworden und griffig. Ein Tail zweigt schließlich scharf links ab und führt recht rustikal über spitze Steine, Geröll und Wurzeln tief hinunter zum Lech. Vorsicht ist hier geboten, denn man kann schnell ausrutschen. Aber waschechte Trailrunner wollen einen solchen Wegverlauf. Eine Holzbrücke erleichtert uns die Überquerung des Lechs kurzzeitig, denn gleich darauf warten einige Höhenmeter bis zur Bodenalpe, wo die erste Verpflegung wartet. Zugreifen ist angesagt. Gut drei Kilometer haben wir hinter uns, das Kilometerschild war kurz zuvor zu sehen.