In Lech am Arlberg findet die 11. Ausführung des Höhenhalbmarathons statt. Den Unterschied zwischen einem Höhenhalbmarathon und einem Halbmarathon erkläre ich Euch gerne.
Ich quartiere mich nicht bei der Försterliesl, aber im Försterhaus in Lech ein. Unterkünfte sind einfach zu finden, aber man sollte reservieren, nicht dass eine adäquate Unterkunft in den Nachbarorten zu suchen ist.
Lech am Arlberg hat gut 1500 Einwohner, liegt bereits im Bundesland Vorarlberg, gehört also nicht mehr zu Tirol. Wer über Reutte und durch das Lechtal anfährt, soll einige Zeit für die Fahrt mitbringen. Über ein Kalenderjahr hochgerechnet gibt es rund eine Million Übernachtungen, wobei mit dem Wintersport das Dorf am meisten verdient. Dann kann es aber immer mal passieren, dass Lawinengefahr und Lawinenabgänge die Straßenverbindung nach Zürs und dem Klostertal kappt. Nach Norden Richtung Warth ist die Lechtalstaße im Winter sowieso durchgängig gesperrt.
Die Wettervorhersage ist gut, so soll es am Lauftag sonnig und warm werden. Irritiert bin ich jedoch in der Früh, als beim Blick aus dem Fenster ein großer Regenbogen zu sehen ist. „Das ist nur ein kurzer Spritzer,“ beruhigt die Pensionswirtin. „Es wird schon wieder heller.“
Im Sportpark Lech werden die Startnummern ausgegeben. Der Zeitmeßchip kostet 20 EUR Pfand, das aber später im Ziel zur Gänze zurückerstattet wird. Die Starttüte enthält weiterhin eine kleine Erste Hilfe Tasche sowie eine Essens- und Getränkemarke. Die Urkunde kann nach der Siegerehrung in einer schönen Druckvorlage mitgenommen werden. Dass während des Wettkampfes für Speis (Bananen) und Trank (Wasser, Iso) gesorgt ist, brauche ich nicht zu erwähnen.
Aber das sind auch schon die Gemeinsamkeiten, die der Höhenhalbmarathon mit einem „normalen“ Halbmarathon gemeinsam hat. Was uns zusätzlich erwartet, ist dies: Hochgenuss auf vielen Wanderwegen rund um das Karhorn (2414 Meter), Omeshorn (2569 Meter), Mohnenfluh (2544 Meter) und Rüfispitze (2632 Meter) und einzigartige Sicht, aber auch mit 21,8 Kilometer eine längere Strecke als üblich und rund 1000 positive Höhenmeter. Mit einem Stündchen zusätzlich als Laufzeit muss man schon rechnen. Außer man geht auf die „Schnupperstrecke“ von 13,8 Kilometer, die aber auch mit gut 800 Höhenmetern aufwartet.
Nur sehr zögerlich stellen sich die Teilnehmer hinter dem Startbogen auf. Die letzten Sekunden werden herunter gezählt und dann heißt es „die Füße in die Hand nehmen“. Platz ist genug, doch die Holzbrücke über den Lech kanalisiert das Feld und auf der folgenden Schotterstraße warten die ersten knapp 100 Höhenmeter bis zum Ortsteil Oberstubenbach.
Die Streckenführung wird dann flacher und führt in den Wald. Ein Fußpfad zweigt schließlich links ab und führt recht rustikal über spitze Steine, Geröll und Wurzeln tief hinunter zum Lech. Asphalt-Junkies jaulen, Trailrunner jubeln. Eine Holzbrücke erleichtert uns die Überquerung des Gewässers kurzzeitig, denn gleich darauf warten einige Höhenmeter bis zur Bodenalpe, wo die erste Verpflegung wartet. Zugreifen ist angesagt. Gut drei Kilometer haben wir hinter uns.
Wir überqueren die Lechtalstraße, die dank der Helfer für uns gesperrt ist. Dann mutiert der Läufer zum Wanderer, denn ein Kuhsteig, so wurde der Teil bei der Streckenvorstellung beschreiben, zieht sich steil über die Almwiesen hinauf. Wo wir in das andere Almgebiet hinüberwechseln, heißt es für die Einheimischen einfach „Gatter zua!“ Das verstehen wahrscheinlich die meisten. Für die anderen ist der Befehl in Hochdeutsch und Englisch zu lesen.
Die fünf Zuschauer applaudieren und meinen nicht ganz ernst mit ihrem Zuruf: „Jetzt nur noch abwärts“. Der Schotterweg wäre einfach zu belaufen, aber die durchschnittlichen 10 bis 15 Prozent Steigung stehen einem ungetrübten Laufgenuss entgegen. Dafür lässt es sich beim Marschieren einfacher umherschauen. Selbst „Renntier-Coach“ Christina Böhler ist es zum Laufen zu steil. Dafür dient sie dem Fotografen als Modell, nur zu verdienen gibt es bei mir nix.
Den Schöneberg (wegen der Aussicht vielleicht so benannt) lassen wir hinter uns, dann wird die Steigung gefälliger. Unsere Laufrichtung dreht nun Richtung Nordost. Etwa auf 1700 Meter Seehöhe trennen sich die Langstrecke und der Fitnesslauf. Der k.u. k.-Lauf (kurz und knackig) führt südlich des Karhorns über die Karalpe und den Auenfeldsattel und mündet nach einigen Kilometern wieder auf die Halbmarathonstrecke. Wir dagegen haben jetzt die Aufgabe, das Karhorn zu umrunden.
So langsam kommen wir einem markanten Kirchlein und einigen Häusern näher. Bürstegg (1719 Meter) ist die höchstgelegene Walsersiedlung in Vorarlberg. Etwa um 1300 besiedelten die Walser diese Region und hielten sich ganzjährig auf. Heute wird die Siedlung vornehmlich als Hochalpe genutzt und wird nur in den Sommermonaten von Wanderern und Touristen angelaufen. Das Kirchlein wurde 1695 erbaut und später dem Hl. Martin geweiht. Gerne hätte ich einen Blick hineingeworfen, aber unmittelbar vor den Häusern ändern wir unsere Richtung, es geht abermals bergauf.